Chaos-Springen, ÖSV mit Protest, Pole Biegun gewann.
Einen derartigen Weltcup-Auftakt hat es in der Geschichte des Skispringens noch nie gegeben: Nach zweistündiger Verzögerung wegen Windes begann man am Sonntag in Klingenthal die erste Einzelkonkurrenz unter sehr widrigen Bedingungen. Der erste Weltcupsieger der Saison heißt Krzysztof Biegun aus Polen, doch trotz seines großen Talents wird man sich weniger wegen ihm an diesen Auftakt erinnern.
Denn Weltcup-Titelverteidiger Gregor Schlierenzauer und sein "Vize" Anders Bardal, die letzten beiden Starter im ersten Durchgang, sorgten nach extrem langen Zuwarten für einen Eklat und traten zum ersten Sprung nicht mehr an. Sie setzten damit ein mutiges Zeichen in Richtung Jury, die in der Folge aber sogar erklärte, dass es trotz gleich gebliebenem Wetter noch einen zweiten Durchgang geben werde. Die Herren mussten dann aber zumindest in dieser Hinsicht der höheren Gewalt klein beigeben. Wind und Wetter machten endgültig einen Schluss-Strich unter eine Veranstaltung, die wegen ihrer Widrigkeiten noch für viele Diskussionen sorgen wird.
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"Wir haben das gemeinsam besprochen, wir sind schon lange im Geschäft. Wir hatten Wind mit teilweise acht Metern pro Sekunde von der Seite, das ist gefährlich", sagte Schlierenzauer und dies müsse man sich in einer Olympia-Saison schon gar nicht antun. "Jeder kann das einschätzen, dass das von der sportlichen Wertigkeit nicht erste Sahne war. Deshalb haben wir entschieden, dass wir runtergehen", erklärte Schlierenzauer, der dies nach Rücksprache mit Cheftrainer Alexander Pointner auch tat. "Die Coaches sind auch lange im Geschäft und wissen das einzuschätzen."
Pointner stellte sich voll hinter Schlierenzauer und verurteilte die Vorgangsweise der Jury. "Solchen Athleten wie Bardal und Schlierenzauer so in den Rücken zu springen, ist einfach respektlos", ärgerte sich Pointner im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. "Lässt man sich so zum Spielball vom Spitzensport machen oder nicht?", stellte Pointner in den Raum und unterstützte den 50-fachen Weltcupsieger Schlierenzauer. "Der Gregor macht alles mit. Er trägt diesen Zirkus, ist auf vielen Bühnen tätig."
Doch nach insgesamt rund fünfstündiger Abrufbereitschaft sei dieser Bewerb von Beginn an eine Gratwanderung gewesen und habe sich dann zu einer sportlichen Wertlosigkeit entwickelt. Pointner: "Wenn jemand länger am Balken gesessen ist, war er einen km/h langsamer, weil auch Schneefall war, und es waren die unterschiedlichsten Winde. Und dann ist es gefährlich geworden. Der Grat zwischen sportlicher Wertlosigkeit und Gefahr ist schleichend."
Schlierenzauer entschied selbst
Pointner hat in einem Telefonat mit Schlierenzauer erklärt, er werde jede Entscheidung unterstützen, Schlierenzauer hat dann die Entscheidung selbst getroffen. "Die zwei Athleten haben den Gesamtweltcup gewonnen und haben sich oben zusammen geredet. Ich habe ihnen die Information gegeben wie es momentan ausschaut und sie wollten sich der Gefahr nicht aussetzen", konstatierte Pointner.
Die größte Farce aus Pointners Sicht sei gewesen, dass man die Ampel gar nicht eingeschaltet habe. "Meines Erachtens war es willkürlich, was sie gemacht haben. Die Ampel ist nie gelaufen, weil es nie gegangen wäre." Der Durchgang ist sozusagen aus Pointners Sicht nie korrekt beendet worden. "Und dann diese Frechheit zu besitzen, einfach results und wann der nächste Durchgang ist, einzublenden. Springen wir den nächsten Durchgang auch noch, weil es gerade so lustig ist."
Protest gegen Wertung abgewiesen
Darum protestierte Pointner auch gegen die Wertung der Konkurrenz, der Protest wurde aber rasch von der FIS abgewiesen. Die österreichische Mannschaft wäre übrigens in einem zweiten Durchgang nicht mehr gesprungen. Schon vor dem unrühmlichen Ende hatte es aus österreichischer Sicht eine Schrecksekunde gegeben, denn Andreas Kofler hatte zunächst eine sehr unruhige Luftfahrt, ehe er nach vermeintlich gelungenem Aufsprung im Auslauf stürzte und gegen eine Bande krachte. Die ersten Meldungen aus dem ÖSV-Lager gaben aber leichte Entwarnung, von einem Verdacht auf eine Rippenprellung war die Rede. Der Tiroler wurde zur Kontrolle in ein Krankenhaus gebracht.
"Es ist die erfreuliche Nachricht des heutigen Tages, dass Andi keinen Bruch hat", sagte Pointner. Zunächst hatte man sogar einen Bruch im Rücken befürchtet.
Endstand Springen in Klingenthal
1. | Krzystof Biegun (5) | 135.8 | (142.5m) | |
2. | Andreas Wellinger (34) | 132.8 | (132m) | |
3. | Jurij Tepes (40) | 131.4 | (134.5m) | |
4. | Taku Takeuchi (33) | 130.7 | (132.5m) | |
5. | Piotr Zyla (38) | 130.6 | (136m) | |
6. | Maciej Kot (35) | 127.6 | (132m) | |
7. | Simon Ammann (39) | 125.8 | (133m) | |
8. | Marinus Kraus (10) | 125.6 | (131.5m) | |
9. | Jan Ziobro (9) | 125.2 | (134.5m) | |
10. | Gregor Deschwanden (17) | 120.1 | (133m) | |
11. | Manuel Fettner (26) | 120.0 | (135.5m) |
St. Moritz bekommt neue Schanzen
St. Moritz will seine lange Skisprungtradition fortsetzen. Für insgesamt 11,5 Mio. Schweizer Franken (9,35 Mio. Euro) soll ein Neubau einer Normalschanze mit einer Hillsize von 109 Metern sowie drei kleinere Bakken finanziert werden. Die neue Anlage wird schon ab dem Winter 2015/16 die mehr als achtzigjährige Olympiaschanze ersetzen, die aus Sicherheitsgründen seit 2006 geschlossen ist. Die Promotoren der Anlage sind guten Mutes, schon bald wieder Weltcup-Skispringen durchführen zu können.