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Sind Abfahrten zu gefährlich?

21.01.2011

Unfall-Doc Weinstabl: "Formel 1 ist sicherer als Abfahrtssport."

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© APA/Jäger
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Gruggers Horrorsturz auf der Streif tritt eine neue Sicherheitsdebatte los: Ist der Abfahrtssport heute zu gefährlich?

Mit bis zu 60 Liter pro Quadratmeter war die ohnehin brutale Streif zusätzlich vereist worden. Tauwetter, Regen und dann wieder tiefe Temperaturen in der Nacht machten die gefährlichste Abfahrt der Welt zum Horror-Eislaufplatz. Obwohl Hans Grugger den derzeit sichersten Ski-Helm aufhatte, war er beim Aufprall mit über 100 km/h sofort bewusstlos. ÖSTERREICH-Experte Franz Klammer: „Kein Mensch kann sich vorstellen, welche Kräfte bei so einem Sturz frei werden. Bei Grugger sind noch dazu alle denkbaren Unglücksmomente zusammengekommen. Ein Sturz, wie er vielleicht alle zehn Jahre vorkommt.“

Eine Schneekante wurde Grugger zum Verhängnis
Sofort machen Spekulationen über die unmittelbare Sturzursache die Runde. Schlimmer Verdacht: Beim Absprung in die Mausefalle wurde eine zusätzliche Kante eingebaut. Diese Erhöhung könnte der Grund für den Abflug mit dem gigantischen Luftstand (8 Meter!) gewesen sein. Klammer glaubt: „Als es in den vergangenen Tagen weich war, haben Skiläufer dort oben abgeschwungen, dadurch hat sich Schnee angesammelt, und so ist eine kleine Schanze entstanden.“

Spätestens seit den fürchterlichen Stürzen von Scott Macartney (2008) und Daniel Albrecht (2009, Bild), ebenfalls auf der vereisten Streif, hören die Sicherheitsdiskussionen im Abfahrtsrennsport nicht auf. Sogar Klammer, ansonsten ein Fan von risikoreichen Strecken, schüttelt den Kopf: „Die Pisten sind spiegelglatt, das Material wird immer aggressiver. Dabei wird in allen anderen Sportarten zurückgeschraubt – ich wundere mich, dass man im Skirennsport so lange zugeschaut hat und noch immer zuschaut.“

Die Pisten werden heute mit speziellen Sprühbalken vereist, Ski-Taillierung und das Paket Bindung-Bindungsplatte-Rennschuh lassen immer engere Radien zu, und die Hightech-Anzüge bringen weitere km/h.

Am Limit
Unfallchirurg Prof. Reinhard Weinstabl bringt es auf den Punkt: „Die Formel 1 ist heute sicherer. Der Abfahrtsrennsport, bei dem der Rennläufer sein eigener Puffer ist, ist am Limit angelangt. Ein Wunder, dass nicht mehr passiert ist.“ Der letzte Todessturz im Weltcup war 1994: Ulrike Maier in Garmisch.

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