Vor den letzten beiden Rennen des Jahres am Semmering (Sa./So. RTL & Slalom) zieht ÖSV-Damenchef Roland Assinger im oe24-Interview Zwischenbilanz.
Beim bislang letzten Slalom in Killington hatte sich Assinger angesichts leichtfertig vergebener Topplatzierungen nach guten Ausgangspositionen in Rage geredet. "Wenn man Fünfter, Siebenter und Zehnter nach dem ersten Lauf ist, dann ist das optimal, um anzugreifen. Aber leider ist das nicht passiert. Das ärgert mich maßlos", hatte der Cheftrainer geschimpft. Inzwischen haben die Siege von Cornelia Hütter in Beaver Creek (Abfahrt) und St. Moritz (Super-G) Ruhe ins Damenteam gebracht.
oe24: Herr Assinger, haben Sie Ihre Technikspezialistinnen nach den Killington-Rennen wachgerüttelt?
ROLAND ASSINGER: Wir haben Ruhe bewahrt und gscheit trainiert - vor allem auf eisigem Untergrund, was auch am Semmering ein Thema werden könnte. So eisig wie in Killington wird es aber hoffentlich nicht werden, ich rechne mit einer kompakten Piste.
oe24: Und mit Top-Ergebnissen in der Sorgendisziplin Riesentorlauf?
ASSINGER: Ich bin schon guter Dinge, dass wir an die Sölden-Performance (Platz 3 für Julia Scheib, d. Red.) anschließen können. Haaser hat in der Abfahrt Selbstvertrauen getankt, Brunner hat gut trainiert und Scheib hat in Sölden gezeigt, was sie kann.
"Liensberger war in Killington angeschlagen"
oe24: Dazu kommt, dass Shiffrin und Vlhova fehlen ...
ASSINGER: Im Slalom ist dadurch definitiv ein Platzerl ganz oben, das für Shiffrin reserviert war, frei. Um das kann hoffentlich auch Katharina Liensberger mitfahren. In Killington war sie (nach dem Ausfall im Riesentorlauf, d. Red.) echt angeschlagen, was sie aber nicht an die große Glocke gehängt hat.
oe24: Wie wichtig waren Hütters Erfolge für Ihr Team?
ASSINGER: Ihre Siege helfen allen, die haben viel Druck weggenommen. Die Abfahrt in Beaver Creek war eines ihrer besten Rennen überhaupt. Goggia und Gut sind in einer Bombenform, die musst du einmal besiegen. Das zeigt von einem enormen Selbstvertrauen.
oe24: Was macht Hütter besser als die anderen?
ASSINGER: Die Conny ist mit 100 Prozent bei der Sache, sie lässt sich von den Nebengeräuschen links und rechts nicht ablenken, wie das bei manch anderer der Fall ist. Das fängt beim Konditraining an und geht bis zum Servicemann. Dazu kommt eine brutale mentale Stärke. Ich war schon 2015 ihr Gruppentrainer, als sie bei der WM als Vierte um ein paar Hundertstel an der Bronzemedaille vorbeigeschrammt ist. Danach war sie von Verletzungen gebeutelt und aus all dem ist sie gestärkt hervorgegangen. Ich freu mich schon jetzt auf das, was bei der WM in Saalbach hoffentlich noch kommt.
"Vonn muss sich erst einmal für die WM qualifizieren"
oe24: Wie groß ist die Gefahr, die von Lindsey Vonn droht?ASSINGER: Ich muss zugeben, Lindsey hat mich mit dem starken Comeback in St. Moritz überrascht (Platz 14 im Super-G, d. Red), das hätt ich ihr nicht zugetraut. Allerdings waren das Wetter, die Sicht und die Piste perfekt. Warten wir mal ab, wie sie sich bei schlechter Sicht tut. Da tust du dir mit einem verletzten Knie wesentlich schwerer, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Abgesehen davon muss sich Vonn für die WM muss erst einmal qualifizieren - die Amerikanerinnen haben ein sehr starkes Team, und nur die vier Besten dürfen an den Start.