ÖSTERREICH-Experte Franz Klammer beantwortet Fragen zum Skandal.
Eines vorweg: Wenn du in Kitzbühel oben im Starthaus stehst, bist du dir bewusst, dass es gefährlich ist. Auf der Streif ganz besonders. Natürlich hoffst du, dass es die anderen erwischt – und wenn du stürzen solltest, dass du mit blauen Flecken davonkommst.
Am Samstag führte eine Verkettung von unglücklichen Umständen zu mehr folgeschweren Stürzen als in den letzten Jahren.
Hätte die Abfahrt gleich abgesagt werden sollen?
Noch einmal: Die Streif war auch am Samstag fahrbar, wenn auch unter grenzwertigen Verhältnissen. Das flache Licht sorgte für besonders schwierige Sichtverhältnisse. Jene Welle, die Streitberger, Reichelt und Svindal zum Verhängnis wurde, war in den beiden Trainingsläufen noch harmloser, sie wurde auch bei der Besichtigung unterschätzt.
Wäre ein anderer Termin für die Abfahrt besser?
Da wiederhole ich meine Kritik: Vom Sicherheits-Standpunkt aus müsste man die Abfahrt am Freitag fahren – am Tag nach dem letzten Training. Dass die Abfahrt, die Hauptattraktion am Samstag, eine bessere Einschaltquote als der Super-G bringt, ist mir natürlich völlig klar.
Hätten Top-Läufer Stürze verhindern können?
Wenn du um den Sieg fährst, gibt es keine Kompromisse. Jeder ist sich bewusst, dass das passieren kann. Der Kunstschnee macht die Piste noch kompakter als früher, dazu kommen die steifen Schuhe und die aggressive Abstimmung der taillierten Ski. Da bleibt nur mehr das Knie über, um nachzugeben. Wenn es den Ski fängt, bist du Passagier. Wenn nicht einmal Svindal, der Beste, es schafft, die Kompression durchzudrücken, sollte uns das nachdenken lassen. Sieger Fill hatte das Glück, dass er nach links getragen wurde – so erwischte er die beste Linie.
Warum klagen die Top-Läufer nicht an?
Weil sie sich bewusst sind, dass sie das letzte Risiko eingegangen sind. Jeder weiß, dass es ihn erwischen kann. Nach dem ersten Schock sagst du: Was soll's und blickst wieder nach vorne. In einem Jahr werden alle wieder am Start stehen und von Neuem voll angreifen.