Kritik nach Horror-Sturz

Schweizer toben: 'Zielsprung muss weg'

23.01.2021

Der Zielsprung auf der Streif erhitzt die Gemüter. Kitz-Sieger Beat Feuz und der Schweizer Ski-Präsident Urs Lehmann schießen scharf gegen die Veranstalter.

Zur Vollversion des Artikels
© GEPA
Zur Vollversion des Artikels
Der Schweizer Beat Feuz siegte erstmals in Kitzbühel, überschattet wird der Klassiker vom Horror-Sturz des Teamkollegen Urs Kryenbühl.
 
Mit 146,71 km/h rast Kryenbühl auf den gefährlichen Zielsprung zu. Der 26-Jährige hebt ab, es zieht ihm die Skispitzen nach unten, er schlägt fürchterlich mit dem Kopf voran auf die Eispiste. Kryenbühl liegt regungslos im Ziel. Der Führende Beat Feuz schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und verlässt kurz später die Leaderbox, geht zu seiner Lebensgefährtin, der ehemaligen ÖSV-Rennläuferin Katrin Triendl.
 

Schockverletzung: Monatelange Pause

Nach den ersten Bewegungen von Kryenbühl heißt es Aufatmen. Die 500. Abfahrt der Weltcupgeschichte stand unter keinem guten Stern. Kurz vor Kryenbühl war Ryan Cochran-Siegle auf der Traverse vorm Ziel ins Netz gerast und ebenfalls im Heli abtransportiert worden - der US-Rennläufer kam offenbar ohne schwere Verletzung davon.
 
Die ärztliche Diagnose bedeutet das Saisonende für Kryenbühl: Kreuz- und Innenbandriss, Schlüsselbeinbruch und eine Gehirnerschütterung.
 
© GEPA
 
Bei "Eurosport" wählt der Schweizer Ski-Präsident Urs Lehmann klare Worte: "Das ist ein sogenannter Null-Toleranz-Sprung. Das bedeutet, dass du schon beim kleinsten Fehler mit deiner Gesundheit spielst. So einen Sprung nach einer Fahrzeit von etwas mehr als einer Minute und 50 Sekunden einzubauen, ist unnötig." Das Gefahrenpotenzial ist mit "rund 80 Meter" Sprungweite enorm hoch.

Lehmann weiter: "Der Sprung muss weg, aber leider lernt man nicht aus der Vergangenheit." Ähnlich sieht es der Deutsche Abfahrer Josef Ferstl. "Es muss erst etwas passieren, damit man wieder runtergeht. Und jetzt stehen wir wieder hier. Muss das sein?"

Drama vorhersehbar?

Für Lehmann ist auf alle Fälle klar, dass das Rennen auch ohne Sprung attraktiv wäre. Der FIS-Präsidentschaftskandidat hat auch mit Streif-Renndirektor Hannes Trinkl telefoniert. "Ich habe ihm gesagt, dass er aus meiner Sicht den Zielsprung rausnehmen oder zumindest stark entschärfen sollte."

Dass der Zielsprung in diesem Jahr gefährlich weit geht, war schon nach den Trainings erkennbar. Beat Feuz ärgert sich, dass der Sprung vor dem Rennen nicht entschärft wurde.

Interview mit Kitz-Sieger Beat Feuz:

FRAGE: Wie haben Sie Ihren ersten Kitzbühel-Sieg empfunden?

BEAT FEUZ: Es war ein Wechselbad der Gefühle. Erst die Bestzeit, dann die Stürze von Ryan und Urs. Es musste halt so weit kommen, dass Wengen in Kitzbühel stattfindet, dass ich hier gewinne.
 
FRAGE: Warum haben Sie nach dem Sturz den Leaderstuhl verlassen?

FEUZ: Ich muss nicht eine halbe Stunde gefilmt werden, wie ich da zuschau. Ich habe gehofft, dass dem Urs nicht allzu viel passiert. Das erste Positive für mich war, dass er den Trainer erkannt hat.
 
FRAGE: Wie kam es Ihrer Meinung nach zum Sturz?

FEUZ: Der Sprung ist seit drei Tagen Thema. Wenn von der Piste die Rede ist, geht's nur um den Zielsprung. Er geht einfach zu weit - ich bin da auch 60, 70 Meter rausgesegelt. Muss nicht sein.
 
FRAGE: Hätte man den Sprung noch mehr entschärfen müssen?

FEUZ: Entschärfen, ja! Aber wie entschärft man ihn? Das geht nur, indem man hinten in der Mulde aufstockt, dass es nicht so weit nach oben geht.
 
FRAGE: Braucht diese schwierige Abfahrt so einen Zielsprung?

FEUZ: Ein Zielsprung gehört dazu, definitiv. Aber er muss nicht 60 Meter gehen und nicht so hoch. Heute gibt es Leute, die Funkparks bauen, die wissen, wie man so was richtig berechnet . Es muss möglich sein, dass man auch hier einigermaßen sicher springen kann.
Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel