Heini Bergmüller

Ex-Herminator-Coach: "Das läuft falsch im ÖSV"

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Am letzten Tag einer aus ÖSV-Sicht historisch schlechten Weltcup-Saison meldet sich der frühere ÖSV-Konditrainer und spätere Erfolgscoach von Hermann Maier, Michael Walchhofer & Co. zu Wort: Heini Bergmüller (72) zeigt auf, was bei unseren Alpinen falsch läuft.

Bergmüller schaltet sich in den via ORF-TV ausgetragenen Konflikt zwischen Stephanie Brunner und ÖSV-Damenchef Roland Assinger ein. Die Rennläuferin kritisierte das Training mit dem Skiteam: „Ich habe heuer keinen einzigen Lauf ohne Fehler runtergebracht. Da muss ich sicher daran arbeiten, dass wir auch im Training vielleicht längere Läufe trainieren als immer nur 40, 45 Sekunden.“ Für Bergmüller hapert es aber ganz wo anders: „Bei unseren Damen mangelt es an Grundlagen-Ausdauer, die die Voraussetzung für Erfolge im alpinen Skisport."

"Mir wird schwindlig, wenn ich unseren Damen zuschau"

Bergmüller: "Wenn ich mir anschau, wie unsere Damen im Riesentorlauf im letzten Streckenteil wegbrechen, wird mir schwindlig. Im Riesentorlauf dominiert die Kraftausdauer. Die funktioniert aber nur dann, wenn die Grundlagen intakt sind." Einmal in Fahrt, holt der frühere Erfolgscoach aus: "Im Fernsehen werfen Experten wie Alexandra Meissnitzer mit Begriffen wie Rennkondition um sich. Die gibt es aber nicht, es gibt nur eine Skikondition. Aber selbst die hängt von der Grundlangen-Ausdauer ab."

Zu Bergmüllers Zeit wurden "Unmengen von Laktatkontrollen beim Skitraining genommen, damit haben wir die Athleten in die richtige Trainingszone gebracht. Das beste Beispiel für mich ist Kathrin Zettel, eine unserer letzten erfolgreichen Riesentorläuferinnen. Die habe ich aus dem Keller rausgeholt und wieder zu einer Siegläuferin gemacht."

Sein Knowhow perfektionierte Bergmüller am von ihm aufgebauten Olympiastützpunkt Obertauern, den es seit fast 20 Jahren nicht mehr gibt. Bergmüller: "Es fehlt aktuell an einem durchdachten und strukturierten Diagnostik- und Testsystem. Nach der erfolgreichen Zeit mit Athleten wie Hermann Maier, Michael Walchhofer oder Heinz Schilchegger unter Cheftrainer Toni Giger wurde das Testverfahren bei den Ergometrien (Laktatstufentests, d. Red.) umgestoßen. Jetzt kommen viel bessere Testergebnisse heraus, aber damit lassen sich keine sinnvollen Trainingsprogramme erstellen."

Der beste Beweis für die fehlende körperliche Basis sei, so Bergmüller, "dass unsere Damen keinen guten ersten Lauf ins Ziel bringen. Im zweiten Durchgang - wenn sie sich überhaupt dafür qualifizieren - sind sie dann leer. In diesem Zustand bringen sie zwar scheinbar bessere Leistungen, aber entscheidend zulegen können sie dann trotz besserer Piste (wegen der niedrigen Startnummer, d. Red.) auch nicht.“

Perfektioniert hat Bergmüller seine Methode in Obertauern. Nach seinem Abschied im Jahr 2006 habe es von ÖSV-Seite "null Interesse" gegeben, die jahrelang gesammelten Weltklasse-Trainingsdaten mit entsprechendem Knowhow zu nützen.

Bergmüller über Neo-Speedcoach Evers: "Er weiß, wo er anklopfen muss"

Bergmüllers Lösung: „Man muss das Ausdauertraining grundlegend umstellen – und wie zum Maier- und Walchhofer-Zeiten unter Laborbedingungen konsequent mit Ergometerradeln Grundlagen aufbauen. Erst dann funktioniert gezieltes Krafttraining." Im Hinblick auf die Olympiasaison müsste man damit im Mai beginnen. 

Ein Lichtblick für Bergmüller ist die Rückkehr vom ehemaligen Herminator-Skitrainer Andreas Evers als ÖSV-Speedcoach: "Andy weiß, wo er anklopfen muss, wenn er wissen will, wie er mit seinen Leuten arbeiten soll."

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