Hirscher happy, aber müde: "Noch nie so viel Energie gebraucht".
Ski-Star Marcel Hirscher ist nach dem ersten Drittel der Weltcup-Saison geschlaucht, aber glücklich. "Die letzten Tage waren am Limit", sagte der Gesamtweltcup-Führende nach seinem zweiten Platz im Nachtrennen von Madonna di Campiglio am Donnerstag. Dennoch sei Hirscher froh, Slalom-König Henrik Kristoffersen etwas nähergekommen zu sein, und zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Saison.
Zwei Tage vor dem Heiligen Abend zog Hirscher eine positive Zwischenbilanz nach neun Weltcup-Einsätzen, zwei Siegen und fünf zweiten Plätzen. "Ich bin ganz allgemein superhappy mit meinem Skifahren. Ich habe viele Podestplätze geholt, viele Punkte für den Gesamtweltcup", führte der Annaberger aus.
Gesamtweltcup auf Schiene
Tatsächlich sind 633 Zähler vor Weihnachten bis dato ein Bestwert. Das norwegische Verfolger-Duo Kjetil Jansrud und Kristoffersen liegt gleichauf 251 Zähler dahinter, nie war sein Vorsprung zu diesem Zeitpunkt größer. Das Vorhaben sechste Kristallkugel in Serie ist somit voll auf Schiene.
"Die Punkte sind super, das ist gewaltig", sagte Hirscher, "aber nichtsdestotrotz weiß ich nicht, ob es jemals um die Jahreszeit schon so viel Energie gebraucht hat." Vor allem die vergangene Woche habe an seinen Kräften gezehrt. "Ich bin gesundheitlich etwas angeschlagen. Ich freu' mich jetzt darauf, drei Tage freizuhaben, bevor es wahrscheinlich nach Santa Caterina geht."
Gesundheit hat Priorität
Dort stehen am Dienstag ein Super-G und am Donnerstag eine Kombination auf dem Programm. Ob Hirscher mit von der Partie ist, will er am Montag entscheiden. "Da muss ich jetzt kalkulieren und spekulieren. Das Wichtigste ist, dass ich fit bin, weil eigentlich geht es jetzt bis Februar durch", sagte er kurz vor 23.30 Uhr am Donnerstagabend im Pressezentrum in Madonna di Campiglio.
Davor hatten Hirscher und Kristoffersen unweit davon großen Sport gezeigt. Auf der Canalone Miramonti lieferten sich die Slalom-Giganten vor 16.000 Zuschauern erneut ein Duell auf einsamer Höhe, pushten sich gegenseitig ans Limit. Mit 0,23 Sekunden Halbzeit-Rückstand auf Kristoffersen drehte Hirscher in der Entscheidung auf und brachte eine überlegene Laufbestzeit ins Ziel. Der danach startende Norweger konterte bravourös und war noch einmal ein Zehntel schneller. Spekulationen, er könnte durch das juristische Gezänk mit dem norwegischen Verband abgelenkt sein, widerlegte Kristoffersen damit eindrucksvoll.
Kristoffersen weiterhin der "König im Slalom"
"Ich hab' schon kurz gedacht, dass es sich ausgehen könnte, aber es war nicht genug", meinte der geschlagene Zweite. Voll riskiert habe er aber nicht. "Es war schon wirklich am Limit, aber es war sehr sicher und eine sehr stabile Fahrt. Wenn man suchen will, wo ich das Rennen verloren habe, war es im ersten Durchgang." Im flachen oberen Abschnitt habe Hirscher "erst einmal reinkommen müssen". Ganz allgemein sei es positiv, "ihm ein bisschen näher gekommen zu sein, aber erst ist noch immer der König im Slalom", urteilte der 27-Jährige über den fünf Jahre jüngeren Kristoffersen.
Geholfen, den Abstand auf den Norweger zu verringern, habe Hirscher materialtechnisch der Rückgriff auf die Einstellungen, die ihm schon in Levi, wo er im November überlegen vor Michael Matt gewonnen hatte, Erfolg gebracht hatten. "Oft ist ein bisschen ein Schritt rückwärts auch notwendig, wenn man das Gefühl hat, man hat sich ein bisschen verlaufen. Aber wenn das Zurückgehen so gut funktioniert, soll es okay sein", erklärte er.
Rest der Welt mit Respektabstand
Der Rest der Welt scheint momentan bei der Übermacht von Kristoffersen und Hirscher chancenlos. Stefano Gross lag als Dritter bereits 1,35 Sekunden hinter dem Sieger und 1,02 hinter Hirscher, freute sich aber dennoch extrem. Der 30-Jährige stammt aus der Region Trentino-Südtirol, ist also ein echter Lokalmatador. "Es ist etwas Spezielles, vor meiner Familie und meinen Freunden diesen Podestplatz zu erreichen", sagte Gross. Seit dem Sieg von Giorgio Rocca 2005 stand er als erster Italiener auf dem Podium des 3Tre-Rennens, was die Tifosi bis weit in die Nacht feiern ließ.
Glücklich war auch der Vorarlberger Christian Hirschbühl, der mit Platz 16 sein bestes Saisonresultat ablieferte. "Das war gut so, auf dem kann man aufbauen. Zielankünfte sind wichtig im Slalom, da kann man reden, was man will. Du brauchst Ergebnisse, schwarz auf weiß", betonte der 26-Jährige. Das Ziel sei, sich Schritt für Schritt an die Top 30 heranzutasten. "Das war ein kleines Weihnachtsgeschenk für mich selber. Jetzt heißt es, das Training zwischen Weihnachten und Neujahr noch gut zu nutzen, dann kann der Slalom-Monat kommen."