Wo Marcel Hirscher auftaucht, tut sich was. So auch bei der Winter-Ouvertüre in Wien.
Wien. Vor dem Sacher hat die Salzburg-Werbung eine Gondel der neuen Flying-Mozart-Bahn (Wagrain-Grießenkar) aufgestellt. In der Halterung Hirschers Van-Deer-Ski. Während sich die Ski-Legende im Marmorsaal des Hotels mit Opernstar Rolando Villazón über ihre Vorfreude auf die Salzburger Winter-Saison unterhält, laufen draußen die Leute zusammen. Dann taucht Hirscher in der Vormittagssonne auf und erklärt uns gemeinsam mit seinem PR-Mann sein neues Ski-Projekt.
Im krassen Kontrast zum dezenten Design mit Van-Deer-Schriftzug und dem Hirsch-Logo ist die knallrote Lauffläche, auf der der neue Markenname in Riesen-Lettern zu sehen ist. "Damit man sieht, wer da unterwegs ist", blickt Hirscher bereits in die Zukunft. Denn ab der nächsten Saison will Hirscher mit seinem Racing-Team für Furore sorgen.
»Mission 68« - Hirscher plant 68. Weltcup-Sieg
Im ÖSTERREICH-Interview verrät der erfolgreichste Skirennläufer aller Zeiten, wie er sich die "Mission 68" vorstellt. Nach 67 Weltcup-Siegen plant er Sieg Nr. 68, den ersten als Ski-Unternehmer.
ÖSTERREICH: Marcel, man sieht Ihnen an, dass Sie als Unternehmer ziemlich drankommen ...
HIRSCHER: Ich hab nur letzte Nacht brutal schlecht geschlafen. Hackln tu ich im Vergleich zu meiner Zeit als Rennläufer vielleicht fünf Prozent - oder sagen wir: anders. Dieses Gnadenlose hab ich jetzt nicht mehr. Heute kann ich einfach sagen: Ich hab schlecht geschlafen, ich komm zwei Stunden später ins Büro. Wenn ein Training angesetzt war, hat's keine Entschuldigung gegeben.
ÖSTERREICH: War Ihnen eigentlich schon einmal langweilig seit Ihrem Rücktritt?
HIRSCHER: Nein, wirklich nicht. Im Gegenteil: Ich bereue keine Sekunde, dass ich aufgehört hab.
ÖSTERREICH: Noch nie an ein Comeback gedacht?
HIRSCHER: Nie, das ist undenkbar.
ÖSTERREICH: Wobei wir uns das letzten Winter nach Ihrem beeindruckenden Trainingsgastspiel auf der Reiteralm gut vorstellen konnten ...
HIRSCHER: Das war doch lustig, oder? Man wird mich auch heuer öfter zwischen den Stangen sehen.
ÖSTERREICH: Um Ihren neuen Ski zu testen?
HIRSCHER: Genau. Jetzt beginnt die spannende Phase. Aber ein bissl wird's noch dauern, weil ich erst letzte Woche das ganze Klumpert aus meinem operierten Fuß (nach einem Motocross-Unfall, d. Red.) rausbekommen hab: Platte, Schrauben usw. Aber in zwei Wochen bin ich hoffentlich so weit, dann beginnt die Testbatterie zu laufen.
ÖSTERREICH: Sind Sie mit Ihren Skiern schon rennmäßig Schwünge gefahren?
HIRSCHER: Ja, im Frühjahr und vor zwei Wochen. Aber da hatte ich noch die Schrauben drinnen. Jetzt muss ich schauen, dass wieder alles zusammenwachst.
ÖSTERREICH: Wie läuft die Arbeit an Ihrem Rennpaket?
HIRSCHER: Es ist ein großes Projekt. Neben dem Ski entwickeln wir auch einen Schuh (gemeinsam mit dem italienischen Hersteller Lange, d. Red.) und mit Look eine Bindung. Alles sehr viel Arbeit, aber eine tolle Herausforderung, die wir lieben.
ÖSTERREICH: Ein österreichischer Sieger auf Van Deer wäre eine tolle Story. Der von Ihrem Vater betreute Stefan Brennsteiner wäre ein logischer Läufer, oder?
HIRSCHER: Ja, der ist mega gefahren in Sölden. Ich hab noch nie einen so gnadenlos, so auf des Messers Schneide die Steilhang-Einfahrt fahren gesehen.
ÖSTERREICH: War das Hirscher-Style?
HIRSCHER: Das war sogar mehr. Ich bin das nie so an des Messers Schneide gefahren. Ich war ein alter Taktierer, mir war wichtig, dass ich im Ziel ankomme.
ÖSTERREICH: Aber laut ÖSV-Skipool-Bestimmungen dürfte Brennsteiner als Nationalkaderläufer erst in zwei Jahren auf Van Deer fahren ...
HIRSCHER: Mega-Schade, da gibt's kein großes Entgegenkommen von ÖSV-Seite. Aber es gibt sehr viele proaktive Angebote von anderen Verbänden. Es darf sich nur keiner beschweren, wenn eine andere Nation als Erstes mit unserem Ski fährt.
ÖSTERREICH: Und gleich in der ersten Saison gewinnt?
HIRSCHER: Ich fürchte, so schnell geht das nicht. Es ist unglaublich schwer, ein Paket und Fahrer abzustimmen. Und wir werden nie ein großes Racing-Team haben. Wenn du einen Ausfall hast, wie zum Beispiel Roland Leitinger jetzt, dann ist das auch für die Skifirma bitter.
ÖSTERREICH: Wer wird den Gesamtweltcup gewinnen?
HIRSCHER: Marco Odermatt, der hat das beste Paket.
ÖSTERREICH: Verstehen Sie, dass er das Parallelrennen in Lech auslässt?
HIRSCHER: Ja, der verzettelt sich nicht für ein Rennen und trainiert lieber Super-G.