Auch die Schweizer Ski-Weltcup-Traditionsorte ächzen unter den milden Temperaturen in diesem Winter.
In Adelboden dürften die Technikrennen der Männer an diesem Wochenende dank ausreichend Kunstschnee aber gesichert sein. Sportlicher Favorit am Chuenisbärgli ist Lokalmatador Marco Odermatt, der seinen Vorjahressieg wiederholen will. Henrik Kristoffersen hat nach seinem ersten Sieg Blut geleckt und möchte auch im Riesentorlauf mit Van-Deer-Equipment triumphieren. Im vergangenen Jahr gewann Odermatt den Riesentorlauf-Klassiker vor frenetisch feiernden Fans mit fast einer halben Sekunde Vorsprung auf Manuel Feller. Der 25-jährige Schweizer stand seit Oktober 2021 in jedem Weltcup-Rennen in der Disziplin auf dem Podest und ist daher auch am Samstag der Topfavorit. Er könne es nach seinen Erfolgen wie Olympia-Gold und dem Gesamt-Weltcupsieg zwar ein wenig entspannter angehen, sei sich aber der großen Erwartungshaltung bewusst, sagte Odermatt am Donnerstag. "Ein Podest ist quasi Pflicht", betonte er.
Die härtesten Konkurrenten sind neben Feller und dem Slowenen Zan Kranjec zwei Norweger: Kristoffersen und Lucas Braathen. Nach dem Slalom-Erfolg von Kristoffersen am Mittwoch in Garmisch-Partenkirchen verriet Ferdinand Hirscher, die graue Eminenz bei Van Deer-Red Bull Sports, dass sein Sohn und Firmengründer Marcel zuletzt auf der Reiteralm intensiv Riesentorlauf-Ski für Kristoffersen getestet habe. "Nur so erfährt man dann Fortschritte", erklärte Hirscher senior.
"Es funktioniert ganz gut im Moment", hielt Kristoffersen fest. "Wenn das Material funktioniert, dann ist das Leben normalerweise ein bisschen einfacher. Dann bin ich auch nicht so oft böse oder verärgert." Dass Kristoffersen einmal sein Schützling sein wird, "hätte ich mir nie träumen lassen", sagte Ferdinand Hirscher. "Früher waren wir echt ziemlich harte Konkurrenten." Das Verhältnis sei überraschend gut: "Es ist lustig, mit ihm zu arbeiten."
Strolz vor emotionaler Rückkehr
Den Slalom am Chuenisbärgli entschied 2022 vollkommen überraschend Johannes Strolz für sich, nachdem er im Sommer zuvor aus den ÖSV-Kadern geflogen war. Der Sieg war aber nur der Vorbote für noch größere Erfolge in China, wo der Vorarlberger Olympia-Gold in der Alpinen Kombination und im Teambewerb sowie Silber im Slalom gewann. Wie vor einem Jahr sind Österreichs Techniker - mit Ausnahme von Feller, der schon drei zweite Plätze herausgefahren hat - heuer noch etwas in der Bringschuld. So sieht es zumindest Männer-Rennsportleiter Marko Pfeifer, der nach den Alta-Badia-Riesentorläufen gar nicht und nach dem Garmisch-Slalom nur bedingt glücklich war. "Wir wollen gewinnen. Ich bin nicht ganz zufrieden, weil sich die anderen nicht belohnt haben wie Schwarz, Pertl und Gstrein", meinte Pfeifer in Oberbayern. "Aber es kommen noch Rennen und ich bin überzeugt, dass wir mehr drauf haben." Feller sagte, er sei "topzufrieden. Ich reise mit Selbstvertrauen nach Adelboden".
In puncto Slalom ist Adelboden ein guter Platz für die den ÖSV, hat doch seit 2018 nur einmal (Daniel Yule im Jänner 2020) kein Österreicher gewonnen. Auf Marcel Hirscher (2018 und 2019) folgte Marco Schwarz (2021) und eben im Vorjahr Strolz. Regen und immer wieder deutliche Plusgrade haben den Veranstaltern im Berner Oberland zuletzt Kopfschmerzen bereitet. In Adelboden sind zwei Pisten die einzigen weißen Streifen in einer sonst grünen Landschaft. Nur weil in kalten Dezember-Nächten genügend Kunstschnee produziert werden konnte, sollten die Rennen am Chuenisbärgli trotz aller Wetter-Widrigkeiten durchgeführt werden können. Die zwei kalten Nächte auf Freitag und Samstag helfen dabei gewiss.
"Die Adelbodner haben das im Griff", gab sich auch der langjährige Schweizer Männer-Cheftrainer Thomas Stauffer optimistisch. Die Schweizer Fans bauen jedenfalls darauf, denn schon am Mittwoch vermeldeten die Organisatoren ausverkauft. Startzeiten für beide Rennen sind 10.30 und 13.30 Uhr (live ORF 1).