Geduldsprobe für ÖSV-Ass
Liensberger nach Trainerwechsel: "Nicht ganz leichte Situation"
22.12.2022Katharina Liensberger hat sich die Metamorphose leichter vorgestellt. Unter einem neuen Trainerteam will die Slalom-Weltmeisterin von 2021 ihr "Winning System" perfektionieren. Doch das Erfolgspuzzle zu vervollständigen, erweist sich für die 25-Jährige als größte Herausforderung ihrer Karriere.
Die Saison 2022/23 dürfte für die extrem ehrgeizige Athletin zur Geduldsprobe werden.
Seit dem Sommer dirigiert Thomas Trinker als neuer übergeordneter Rennsportleiter die ÖSV-Frauen, mit Georg Harzl wurde ein neuer Trainer für die Technik-Abteilung installiert. Die größten Schlagzeilen machte aber das Engagement von Livio Magoni, der schon Tina Maze und Petra Vlhova den Weg zu Weltcup-Gesamtsiegen bereitet hat. Der Italiener betreut seitdem hauptsächlich Liensberger mit dem vorrangigen Ziel, die Vorarlbergerin im Riesentorlauf in der Weltspitze zu etablieren und diese Position im Slalom zu festigen.
Katharina Liensberger mit Livio Magoni
Personalrochade als Herausforderung
Doch angesichts der Ränge 11, 8, 14 und einem Ausfall im Slalom wurde rasch klar, dass das gedachte Erfolgstandem noch nicht funktioniert. Die ÖSV-Personalrochade im Frühjahr bedeutete für die Sportlerin "einen Wechsel beinahe aller Ansprechpersonen betreffend Training und Material, was sich nach wie vor als herausfordernd für mich erweist", erklärte Liensberger der APA - Austria Presse Agentur. "Bis sich die Änderungen gut einspielen, benötigt es Zeit und gerade während der Rennsaison ist es wichtig, dass alles gut miteinander und schon fast automatisch läuft."
Um wieder serienmäßig aufs Podest zu fahren, brauche es ein "Winning System", an dem man nach wie vor arbeite, betonte Liensberger, die bisher 14-mal auf einem Weltcup-Stockerl stand. "Ich bin dankbar, dass ich vonseiten des Skiverbands viel Unterstützung erhalte, es erweist sich jedoch als nicht ganz so leichte Situation."
Forderndes Training mit Sprachbarrieren
Schon als Alpinchef Herbert Mandl im April den Königstransfer präsentierte, fragten sich viele Beobachter: Fügen sich die raue Arbeitsweise des Italieners und Liensbergers sonniges Gemüt zu einer erfolgreichen Symbiose zusammen? Die finale Antwort gibt es noch nicht, doch Liensberger selbst gibt nach halbjähriger Zusammenarbeit zu, dass sie den Trainingsalltag als fordernd erlebt.
So setzt Magoni individuell auf sie abgestimmte Trainingsläufe, die noch am Hang analysiert werden sollen. Was in der Theorie der sportlichen Weiterentwicklung hilft und noch dazu effizienzsteigernd klingt, wird im konkreten Fall nicht selten von einer Sprachbarriere ausgebremst. "Unser Englisch ist nicht perfekt und das macht die Zusammenarbeit für Erklärungen und Details und deren Umsetzung im Trainingsalltag nicht einfach", sagt Liensberger.
Dass das ambitionierte Projekt nach wie vor läuft, soll Wegbegleitern zufolge vorwiegend an Liensbergers vorzüglicher Arbeitsmoral liegen: Sie gilt als extrem motiviert, gewissermaßen als lernwillige Schülerin, die damit Magonis Philosophie der großen Umfänge durchaus matchen kann. Mit Schwüngen, Schwüngen, Schwüngen und jeder Minute im Ski-Dienst formte er Vlhova zur Seriensiegerin und nach fünfjähriger Zusammenarbeit zur Weltcup-Gesamtsiegerin.
Trennung von Vlhova nach Bügeleisen-Vergleich
Es führte letzten Endes aber auch zum großen Zerwürfnis, nachdem Magoni in einem Interview gewitzelt hatte, Vlhova bewege sich so grazil wie ein Bügeleisen. Zwar dementierte der Trainer danach und betonte, er sei vom Journalisten falsch zitiert worden, doch Vlhovas Trennungswunsch blieb. Die Slowakin engagierte Mauro Pini, der einst bereits Tina Maze aufgefangen hatte, nachdem sie ihren Gesamtsieg unter Magonis Regie fast mit einem Burnout bezahlt hatte.
Und Liensberger? Sie sagt vor den drei Heimrennen am Semmering kommende Woche: "Ich habe gelernt, dass nicht nur jeder Athlet, sondern auch jeder Trainer sehr individuell ist und dadurch auch unterschiedliche Ansätze im Erreichen von Zielen entstehen." Bis sich Neues etabliert hat, brauche es Geduld. Ebenso, bis es positive Schritte nach vorne gebe. "So auch bei mir."