Lebenszeichen der Herren: Mayer und Co. überzeugen im Gröden-Training.
Matthias Mayer hat auf der Saslong-Piste in Gröden für eine Premiere gesorgt. Noch nie zuvor war der Ski-Olympiasieger 2014 im Training für eine Weltcup-Abfahrt der Schnellste gewesen. Am Mittwoch ließ er die gesamte Konkurrenz ausgerechnet dort hinter sich, wo er im Vorjahr so folgenschwer gestürzt war. "Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen", gab der 25-Jährige zu.
Mayer distanzierte den Schweizer Carlo Janka um 0,15 Sekunden und lag 0,41 vor dem Südtiroler Peter Fill. Dahinter reihte sich schon der dreifache Gröden-Sieger Steven Nyman (0,47) aus den USA ein. Die starken Norweger Kjetil Jansrud (12.) und Aksel Lund Svindal (17./ex aequo mit Romed Baumann) landeten diesmal nicht im Spitzenfeld.
Von den ÖSV-Speedherren, die vor eineinhalb Wochen in Val d'Isere schwer geschlagen worden waren, fuhren zwei weitere Läufer in die Top Ten. Max Franz klassierte sich auf dem sechsten Platz, Klaus Kröll wurde unmittelbar vor Otmar Striedinger Zehnter.
"Persönlich ein ganz großer Sieg"
Es war eine überaus versöhnliche Rückkehr ins Grödnertal für Mayer, der nach seinem Sturz am 19. Dezember des Vorjahres kein Rennen mehr in der Weltcup-Saison 2015/16 bestreiten konnte. Der Athlet vom SC Gerlitzen zog sich trotz Verwendung des neuen Airbags komplizierte Brüche der Brustwirbelsäule zu und konnte monatelang nicht auf Skiern trainieren.
Erst vor eineinhalb Wochen gab er in Val d'Isere sein Weltcup-Comeback und beendete den Super-G auf dem 23. Platz. "Dass ich jetzt die Bestzeit fahr', das hab' ich mir nicht gedacht", meinte ein besonders entspannt wirkender Mayer. "Normalerweise schwinge ich im Training ab, und mir ist es eigentlich egal, ob ich eineinhalb Sekunden hinten bin oder Erster bin, weil im Rennen ist es sowieso wieder eine eigene Geschichte", sagte er. Diesmal sei das Gefühl ein anderes gewesen. "Die 100 Punkte gibt's erst im Rennen, und die anderen werden jetzt auch noch aufholen. Aber für mich persönlich ist es ein ganz großer Sieg."
Im Weltcup hatte Mayer zuvor noch nie in einem Training die Bestzeit aufgestellt. Am 7. Februar 2014 gewann er allerdings das zweite von drei Trainings in Krasnaja Poljana und wurde zwei Tage später Olympiasieger.
Horror-Sturz 2015 ausgeblendet
Seine besonders im oberen und mittleren Streckenteil gelungene Übungsfahrt wollte Mayer in Hinblick auf das Rennen am Samstag (12.15 Uhr im oe24-LIVE-TICKER) aber nicht überbewerten. "Es tun sich alle ein bisserl schwer offensichtlich da runter. Es ist sehr finster", erklärte er. "Ich wollte einfach sauber runterfahren, das gut erwischen und konzentriert fahren - und offensichtlich war das schnell auch", sagte er.
Die Erinnerungen an den Sturzflug im Vorjahr seien fast komplett ausgeblendet gewesen. Mayer war damals vor der Einfahrt zur Ciaslat von einer Welle ausgehoben worden und krachte nach einer 180-Grad-Drehung in der Luft hart auf die Piste. "Einmal, wo ich über die Passage drübergefahren bin, hab' ich gedacht: Aha, jetzt bin ich da auch drüber. Aber sonst war es eigentlich weg", berichtete der Kärntner.
Die Woche sei allerdings noch lange. Die Bilanz am Samstag könne wieder ganz anders aussehen. Dass die rot-weiß-rote Speed-Fraktion ausgerechnet in Gröden auf die Erfolgsstraße zurückkehrt, darf bezweifelt werden, nach dem es in den vergangenen Jahren nie etwas zu erben gab.
Tendenz zeigt bei ÖSV nach oben
Der bis dato letzte ÖSV-Sieger auf der Saslong hieß Michael Walchhofer, der hier 2010 den Super-G gewann und 2008 die Abfahrt. Im Vorjahr war Vincent Kriechmayrr als Abfahrts-Siebenter Bester der Österreicher, der gestürzte Mayer war da schon auf dem Weg nach Bozen ins Krankenhaus. Das erste Training 2016 wurde nun fast durch die Bank als Schritt in die richtige Richtung interpretiert.
"Das war sicher ganz gut. Mich zipft halt an, dass ich oben wieder eine Tetschn krieg'", meinte Franz, der aber von einem "besseren Gefühl" sprach. "Es war auf jeden Fall besser. Ich hab' auch noch Fehler gemacht und bin noch nicht alles am letzten Anschlag gefahren", sagte auch Kröll. "Die Ciaslat ist mir um einiges besser gelungen schon einmal wie in den letzten Jahren. Auf das kann ich aufbauen."
Hannes Reichelt beendete das Training als 27. und sah weiteren Aufholbedarf. Der Salzburger war Mitte September an der Lendenwirbelsäule operiert worden. Mit Startnummer eins wollte Reichelt zudem "nicht das Versuchskaninchen" sein. Kriechmayr wurde 17., Joachim Puchner kam auf den 33. Rang. Das zweite Training findet am Donnerstag (12.15 Uhr) statt.