Bei der Premiere des Parallelslalom-Bewerbs bei der diesjährigen Ski-WM krönen sich Katharina Liensberger und Marta Bassino ex aequo zu Gold-Siegerinnen.
Derart viel Drama hätte der neue WM-Parallelbewerb nicht gebraucht. Der Ausgang war letztlich aus österreichischer Sicht aber hocherfreulich. Die 23-jährige Vorarlbergerin Katharina Liensberger teilte sich Gold bei der Ski-WM in Cortina d'Ampezzo mit der zeitgleichen Italienerin Marta Bassino. Die 100. Goldmedaille für den Österreichischen Skiverband war eine mit 30-minütiger Verzögerung: Liensberger und die Öffentlichkeit waren zunächst wie angezeigt von Silber ausgegangen
Es ist Liensbergers erste Einzelmedaille nach Team-Silber 2019 in Aare. Für den ÖSV ist es die insgesamt 298. Medaille bei Weltmeisterschaften. Die Schallmauer der 300 Medaillen könnte also in Cortina auch noch fallen. Für Österreichs Damen war es die erste Medaille bei Weltmeisterschaften nach zehn sieglosen Bewerben. Für den ÖSV ist es die vierte Gold-Medaille in Cortina nach jenen durch Vincent Kriechmayr (Abfahrt, Super-G) und Marco Schwarz (Kombination).
+++ Hier der Parallel-Slalom im Detail zum Nachlesen +++
Als Liensberger und Bassino ins Ziel kamen, wurden sie von der Zeit her ex aequo geführt, Bassino aber als Weltmeisterin ausgewiesen. Was kurios war, denn in Summe war sie in beiden Finalläufen schneller als Bassino, jedoch wird der maximale Rückstand im ersten Lauf nur mit 0,5 Sekunden berechnet. Bronze ging an die Französin Tessa Worley, die im kleinen Finale die US-Amerikanerin Paula Moltzan besiegte.
"Es ist ein Traum in Erfüllung gegangen"
"Es ist wie es ist. Ich freue mich auch riesig für die Marta, im Heimrennen Gold zu gewinnen, ist natürlich ganz was Spezielles", zeigte sich Liensberger als eine faire Zweite. Um später zu erfahren, dass es doch der Titelgewinn ist. "Oh mein Gott. Das ist ja megacool, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich kenne mich gerade gar nicht aus. Es ist einfach nur genial. Eine Goldmedaille zu gewinnen ist etwas ganz Spezielles. Es ist ein Traum, der heute in Erfüllung gegangen ist."
ÖSV-Ass Katharina Liensberger erfüllte sich ihren Traum vom WM-Gold
Im ÖSV hatte man sich nach Rennende im Regelbuch schlaugemacht. "Toni hat dann das Reglement noch einmal ausgegraben und bei der Jury nachgefragt, und jetzt gibt es gerechterweise zwei Goldmedaillen", sagte Damen-Rennsportleiter Christian Mitter. Sportdirektor Toni Giger brachte es auf den Punkt: "Es ist plausibel, wenn zwei gleich schnell sind, dass sie dann auch ex aequo sind. Wir haben Gott sei Dank nachgeschaut." Die Jury habe interessanterweise das Reglement auf den ersten Touch nicht ganz im Kopf gehabt.
Roter Kurs schneller gesetzt
Der selten gefahrene Parallelbewerb hatte schon in der Quali am Vormittag damit aufgewartet, dass jeder Läufer/jede Läuferin nur einmal fährt und die Top acht jedes der zwei Kurse weiterkommen. Das was zuletzt in Lech/Zürs noch anders gewesen, da fuhr jeder auf beiden Kursen und die gesamt gesehen 16 Schnellsten stiegen auf. Auch im Finale durfte die Fairness angezweifelt werden: Auf den Kursen auf der "Rumerlo"-Piste - und damit einem anderen Hang als der Quali - war schnell klar, dass der Sieg über den roten Kurs geht und der blaue zunehmend stärker abbaute.
Knappe Angelegenheit: Auf dem blauen Kurs schaffte Liensberger (links i. Bild) ihren ersten WM-Triumph
Liensberger hatte in der Quali bei Bestzeit der Schweizerin Wendy Holdener die fünfschnellste Zeit markiert und sich für das Finale vorgenommen, "jeden Lauf konsequent und konstant von Start bis ins Ziel durchzuziehen". Auftaktgegnerin Alex Tilley (GBR) hatte gegen sie mit 0,77 Sekunden das Nachsehen, die Polin Maryna Gasienica-Daniel im Viertelfinale mit 0,45, Moltzan im Halbfinale mit 1,47.
Stephanie Brunner als dritte ÖSV-Finalteilnehmerin bekam es in ihrem ersten K.o.-Lauf mit Moltzan zu tun, konnte den großen Vorsprung aber nicht erfolgreich verwalten und schied aus. "Wenn man den Start verschläft, sind die fünf Zehntel gleich einmal weg. Ich habe noch alles probiert, es war leider zu langsam", sagte die Tirolerin.
Gold-Sieger Schwarz nicht qualifiziert
Für alle weiteren Österreicher war schon in der Qualifikation Endstation. Am knappsten am Aufstieg dran waren Franziska Gritsch, die um 1/100 die geforderten Top acht ihres Laufes verpasste, und Roland Leitinger, dem 3/100 fehlten. "Die Enttäuschung ist groß. Das war maximal ein Einfahren", sagte Leitinger. "Mit meiner Leistung bin ich zufrieden, das Hundertstelglück war nicht auf meiner Seite", meinte Gritsch. Und Kombinations-Weltmeister Marco Schwarz erklärte: "Es ist sehr schade, nützt aber nichts." Ebenfalls am Nachmittag nur Zuschauer waren Ramona Siebenhofer und Adrian Pertl.
Auch internationaler Sicht hatte es überraschend die Slowakin Petra Vlhova, die in Lech/Zürs gewonnen hat, sowie die dortige Dritte Lara Gut-Behrami aus der Schweiz bereits in der Quali erwischt. Nicht mit dabei waren u.a. Kombi-Weltmeisterin Mikaela Shiffrin und mit Alexis Pinturault (FRA) und Henrik Kristoffersen (NOR) die Top zwei von Lech/Zürs.
Die Stimmen zum Paralell-Bewerb:
Katharina Liensberger (AUT/Gold), nachdem sie nachträglich zur Weltmeisterin gekürt worden war: "Oh mein Gott. Das ist ja megacool, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich kenne mich gerade gar nicht aus. Es ist einfach nur genial. Eine Goldmedaille zu gewinnen, ist etwas ganz Spezielles. Es ist ein Traum, der heute in Erfüllung gegangen ist."
Christian Mitter (ÖSV-Damen-Rennsportleiter): "Das Reglement besagt eindeutig, dass es im kleinen und großen Finale sehr wohl Ex-aequo-Platzierungen gibt. Wir haben schon am Hang diskutiert, dass die Regel eigentlich ein Wahnsinn ist. Toni (Anm.: Giger) hat dann das Reglement noch einmal ausgegraben und bei der Jury nachgefragt, und jetzt gibt es gerechterweise zwei Goldmedaillen. Die Regeln sind in diesem Bewerb noch relativ wenig ausgegoren. Wir haben uns diese Medaille verdient. Zuerst hat es mich schon brutal angezipft, dass es zeitgleich nur Silber ist, aber jetzt passt es super."
Toni Giger (ÖSV-Sportdirektor): "Es ist plausibel, wenn zwei gleich schnell sind, dass sie dann auch ex aequo sind. Wir haben Gott sei Dank nachgeschaut. Interessanterweise hat die Jury hat das Reglement auf den ersten Touch nicht ganz im Kopf gehabt."
Marta Bassino (ITA/Gold): "Es war wirklich ein großartiger Fight. Ich habe mein Bestes gegeben. Ich bin unendlich dankbar, dass ich hier in meiner Heimat den Sieg feiern darf.
Tessa Worley (FRA/Bronze): "Ich hatte viel Spaß, ich habe ja erst in dieser Saison in Lech begonnen, Einzel-Parallerennen zu fahren. Heute habe ich mich gut gefühlt, ich wollte nur attackieren."
Federica Brignone (ITA/6.): "Ich bin wirklich, wirklich verärgert. Der Kurs war so nicht fair. Ich bin richtig angepisst. Man kann keinen Parallel-Bewerb mit so unterschiedlichen Kursen setzen."
Stephanie Brunner (AUT/14.): "Wenn am den Start verschläft, sind die fünf Zehntel gleich einmal weg. Ich habe noch alles probiert, es war leider zu langsam. Ich habe das nicht zu oft trainiert, da müsste man mehr Bewerbe machen. Wenn nur einer im Jahr ist, ist das ein bissl schwierig."