Nach Bronze-Triumph
Liensberger: 'Ich war am Ende'
18.02.2021Liensberger ist im Medaillen-Flow - holt auch beim Riesenslalom Bronze. Ein Erfolg mit dem nur die wenigsten gerechnet hätten.
Die ÖSV-Lady ist heute zweifelsohne über sich hinaus gewachsen: "Das ist wirklich Wahnsinn, dass ich es auch im Riesentorlauf auf das Podest schaffe", sagt die Parallel-Weltmeisterin, deren Paradedisziplin der Slalom ist, im ORF-Interview.
"Heute war ich über meinem Limit. Das ganze Universum hat beigetragen, dass ich da so runtergefahren bin. Diese ganze Energie, die man mir heute geschickt hat. Nach dem 1. Durchgang war ich konditionell eigentlich am Ende, aber ich hab zu mir selber gesagt: Ich halte das durch und ziehe es durch."
"Bronze glänzt wie Gold"
Und wie es die 23-jährige Vorarlbergerin durchgezogen hat. Liensberger erzielte als Halbzeitvierte im Finale Laufbestzeit, obwohl sie schon kurz "am Hosenboden gelegen" war, wie es ÖSV-Techniktrainer Hannes Zöchling ausdrückte. "Ich bin ja schon im Schnee gelegen", schildert auch Liensberger die heikle Situation auf dem Weg zu Bronze.
Das erste Edelmetall im Riesentorlauf habe für sie "einen Riesen-Stellenwert. Ich habe so viel und hart drauf hingearbeitet. Es ist wunderschön, wenn man weiß, die Arbeit zahlt sich aus. Die Bronzemedaille glänzt heute wie Gold."
Im Interview spricht Liensberger darüber, wie sie scheinbar das Unmögliche möglich gemacht hat und was ihr neuer Ski damit zu tun hat:
Frage: Was war das für ein Lauf, Sie haben sich sogar hingelegt zwischendurch?
Liensberger: "Ich wollte nur noch ins Ziel. Ich bin an mein Limit gegangen, ich glaube sogar ein bisschen drüber. Es war wirklich Unmögliches, was heute möglich geworden ist. Das ganze Universum, die ganzen Sterne, haben mir geholfen, dass das heute so geht. Der Riesentorlauf ist die Disziplin, wo ich am meisten Ups und Downs gehabt habe. Es war nicht leicht. Ich habe noch einmal neues Material gekriegt kurz vor der WM, das wir nur kurz probiert haben. Es war derselbe Ski, mit dem ich im Parallel-Riesenslalom gefahren bin."
Frage: Als Sie kurz abgesessen sind, haben Sie schon gedacht, es ist aus?
Liensberger: "Ich habe mich heute einfach wohlgefühlt. Ich habe auf mein Können, auf mein Skifahren vertraut. Ich kann riskieren, ich kann an mein Limit gehen, was die Linie betrifft. Ich kann wirklich alles aus dem Schwung herausholen. Genau das wollte ich auch, auf die 100 Prozent kommen. Es war wirklich grenzwertig da herunter. Ich bin schon am Boden gelegen, bin aber trotzdem wieder auf. Da, wo ich im ersten Durchgang so viel Zeit liegengelassen habe, habe ich jetzt alles herausgeholt und stark abgeschlossen. Ich bin superhappy und dankbar, dass ich das heute erleben darf. Die Bronzemedaille glänzt heute wie Gold."
Frage: Vor zwei, drei Wochen hat es nicht so gut ausgeschaut im Riesentorlauf. Wie groß war trotzdem Ihr Vertrauen?
Liensberger: "Wir haben überhaupt nicht gewusst, wie es gehen wird. Ich bin meinem Servicemann sehr dankbar, der sich so viel jetzt in der Vorbereitung um den Riesen-Ski gekümmert hat. Wir haben gemerkt, es passt einiges einfach nicht zusammen bei meinem Fahren. Immer wieder ist es super gelaufen, und immer wieder gar nicht. Was mich betrifft, ich habe mich natürlich darauf vorbereitet und habe gewusst, ich habe keine Erwartungen. Der Riesentorlauf ist eine Disziplin, in der ich einfach befreit drauflosfahren kann. Das mir das heute so gelungen ist, darüber bin ich superhappy und freue mich riesig."
Frage: Waren es wirklich drei verschiedene Schneearten heute auf der Piste?
Liensberger: "Für mich waren es zwei eigentlich. Oben war es aggressiver, unten durch die Sonne einfach sehr schnell. Aber ich habe den Speed aufgenommen und habe gut mit ihm umgehen können. Es hat Spaß gemacht, da wirklich etwas dazuzutun und mit jedem Tor das Maximum an Speed herauszuholen."
Frage: Sie haben Gold im Parallel-Einzel gewonnen, jetzt Bronze. Kann man die beiden Medaillen irgendwie vergleichen?
Liensberger: "Jede Medaille hat eine Geschichte. Es ist nicht nur eine Medaille, sondern damit ist alles verbunden, was dahinter steckt. Es stehen so viele Leute dahinter, man selbst gibt alles. Ich bin wirklich glücklich über jede einzelne Medaille und die Geschichte, die sie erzählen."