Erste Medaille macht Lust auf mehr

ÖSV-Chefcoach Trinker: ''Gehen jetzt All-in''

07.02.2023

Bereits nach der ersten von sechs Medaillenchancen haben Österreichs Ski-Frauen ihr Plansoll bei dieser WM schon fast erfüllt. Ricarda Haaser zerschlug mit Bronze in der Kombination am Montag das über der weiblichen ÖSV-Equipe schwebende Damoklesschwert einer medaillenlosen Großveranstaltung.

Zur Vollversion des Artikels
© GEPA
Zur Vollversion des Artikels

Bei Haaser schwang im Anschluss ebenso Genugtuung mit wie auf Trainerseite. Der Freudentag ließ aber auch zwei Athletinnen traurig zurück.

Frauen-Chefcoach Thomas Trinker atmete hörbar auf. "So haben wir es uns gewünscht. Gott sei Dank ist es aufgegangen. Die Freude ist sehr groß, dass die Damen endlich gezeigt haben, dass sie es können", sagte der Steirer und bekundete nach den Plätzen drei, vier (Ramona Siebenhofer) und fünf (Franziska Gritsch) gleich Lust auf mehr. "Wir hoffen, dass wir den positiven Spirit in die nächsten Rennen mitnehmen. Der Super-G war sehr gut. Die Vorzeichen passen, wir gehen sozusagen auf All-in."

Haaser stapelt tief

Haaser selbst hatte in der Öffentlichkeit zuvor bewusst tiefgestapelt. "Ich wollte es am Vortag beim Pressetermin nicht sagen, dass ich schon um Medaillen mitkämpfen will. Weil dann hätte wieder jeder gesagt, lass sie nur reden, was will denn die, die hat eh noch nichts zusammengebracht." So konnte sie nach dem geglückten Coup sagen: "Von mir hat es jeder am wenigsten erwartet."

Das Potenzial für Topplatzierungen war der 29-Jährigen öfter bescheinigt worden. Die auch von Bandscheibenvorfällen gezeichnete Tirolerin hatte es aber nicht geschafft, das am Tag X unter Beweis zu stellen. "Die Ricarda ist eine Athletin, die seit vielen Jahren schon auf einem hohen Niveau fährt, sich aber schwertut, das im Rennen immer abzurufen. Heute hat sie es geschafft, und ich hoffe, in Zukunft gelingt ihr das öfter", sagte Trinker.

Trinker sieht aufsteigende Form beim Team

Er sieht sein Team gesamt in aufsteigender Form und auch qualitativ gut genug aufgestellt, um die anvisierten zwei bis drei WM-Medaillen zu ergattern. "Wir haben ein sehr gutes Material an Mädchen. Sie sind es, die sich am meisten bemühen. Manchmal geht es gut, manchmal nicht", hatte Trinker auch in der Stunde des Erfolgs die zahlreichen Tiefschläge der vergangenen Wochen präsent.

Eine verbale Retourkutsche für die Kritiker lag ihm fern. "Es ist wie im Fußball. Es gibt acht Millionen Teamchefs. Wir sind eine Sportart, die Interesse erzeugt, darüber sind wir sehr froh. Dass man, wenn es nicht so gut geht, in der Kritik steht, ist ein normaler Prozess." Haaser kann der Trockenzeit sogar etwas Gutes abgewinnen. "Löschen will man die Vergangenheit eh nicht. Wir haben es teilweise, glaube ich, schon ganz gut analysiert, was für die Zukunft auch sehr wichtig ist."

"Haaser ist gut für die Stimmung"

Geherzt und von den Teamkolleginnen gefeiert, ließ Haaser bei der abendlichen Medaillenfeier im Teamquartier das Feierbiest in Maßen heraushängen. "Sie ist eine sehr akzeptierte Person in der Mannschaft, die immer wieder mal einen guten Schmäh drauf hat", betonte ihr Trainer. "Sie ist gut für die Stimmung."

Nicht unbedingt bester Laune waren hingegen Siebenhofer, die ihr Abo der undankbaren Plätze bei WMs oder Olympia verlängerte und danach erneut Tränen trocknen musste. Und auch Gritsch, die ihre gute Medaillenchance mit einem schlechten Slalomdurchgang ungenutzt ließ. Gritsch wird sich nun in Pozza di Fassa im Trentino auf weitere WM-Einsätze vorbereiten. Siebenhofer hat schon am Mittwoch im Super-G die nächste Möglichkeit auf ihr lang ersehntes erstes Edelmetall. "Ich glaube, sie ist für die Speed-Tage gerüstet", sagte Trinker. "Wir wünschen ihr das Beste, vielleicht gelingt es ihr ja da, dass sie aufs Stockerl fährt."

Zur Vollversion des Artikels