Das wichtigste Rennen ist jenes gegen den Klimawandel - und der Wintersport ist dabei, es zu verlieren. Diese Position vertritt ÖSV-Läufer Julian Schütter, der mit Mikaela Shiffrin, Aleksander Aamodt Kilde und weiteren 130 Athleten einen Offenen Brief an FIS-Präsident Johan Eliasch vorgelegt hat.
Darin werden konkrete Klimaschutzmaßnahmen gefordert, wie das Versprechen, alle FIS-Events müssten bis spätestens 2035 klimaneutral sein.
"Das ist ein Thema, das breiter und weitaus wichtiger ist als bloß Medaillen", sagte Shiffrin dieser Tage. "Ich hoffe, dass wir noch viele Jahre Skirennen absolvieren können. Aber der Wintersport ist bedroht." Ihr Lebenspartner Kilde meinte, es sei "ein sehr cooler Brief. Es wurde Zeit, dass wir dieses Thema angehen." Schütter führte aus: "Bald werden wir an klassischen Weltcup-Standorten nicht mehr in der Lage sein Kunstschnee zu produzieren, weil die Wintertemperaturen in niedrigen Höhenlagen immer öfter null Grad übersteigen werden. Die öffentliche Meinung über Skifahren tendiert in die Richtung, dass es nicht mehr rechtfertigbar ist."
Der Weltverband FIS müsse vor diesem Hintergrund "eine Nachhaltigkeits-Abteilung ins Leben rufen, die sicherstellt, dass Nachhaltigkeit ein Schlüsselaspekt aller Prozesse und Abläufe der Unternehmensführung wird", schreibt Schütter als Hauptverfasser des Briefs an Eliasch und die FIS-Council-Mitglieder. Eine der Empfehlungen ist, dass der Saisonauftakt mit den ersten Rennen spät im November erfolgt, das Saisonende dafür im späten April. Der Rennkalender sollte geografisch nachvollziehbar sein und mehrere Long-Distance-Flüge in einer Saison - wie etwa im Ski-Weltcup 2022/23 zwischen Nordamerika und Europa - vermeiden.
Unterzeichnet haben den Brief neben zahlreichen anderen die Weltmeisterinnen Federica Brignone und Marta Bassino, Daniel Yule, Travis Ganong, Breezy Johnson, Paula Moltzan, River Radamus, Tommy Ford, Marie-Michele Gagnon, Dominik Raschner, Felix Hacker, Chiara Mair, Vanessa Nussbaumer, Vincent Wieser, aus dem Snowboard-Bereich Sabine Schöffmann, Alex Deibold, Taylor Gold, Xavier de le Rue, die Langläuferin Jessie Diggins oder die Ski-Crosser Johannes Rohrweck, Daniel Traxler und Tristan Takats. Das US-Team tritt bei der WM in Courchevel und Méribel übrigens in speziellen Rennanzügen an, die auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam machen. Die Kleidung zeigt im Ozean treibende Gletscherstücke.
FIS wollte Aktion ausbremsen
Der derzeit am Knie verletzte Alpin-Rennläufer Schütter engagiert sich mit der NGO "Protect Our Winters" und übergab das Schriftstück am Sonntag in Courchevel an eine FIS-Sprecherin. Gemäß APA-Informationen wollte die FIS die Aktion ausbremsen und intervenierte, sodass die Präsentation nicht im Pressezentrum neben der Rennstrecke stattfinden konnte. Die FIS vermutete einen Zusammenhang mit radikalen Klima-Aktivisten.
Die Standpunkte von FIS-Präsident Eliasch in Klima-Fragen sind unklar. In den 2000er-Jahren arbeitete der Brite mit schwedischen Wurzeln als Sonderbeauftragter der britischen Regierung für Entwaldung und saubere Energien. Bei der WM sagte er im Interview mit der "Kronen Zeitung", man müsse "den Kalender anpassen. Sprich: die Saison muss später beginnen, dementsprechend später enden." Eine Hinwendung der FIS zu Nachhaltigkeitsthemen ist seit seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 2021 aber nicht feststellbar.
Der FIS fehle diesbezüglich die Glaubwürdigkeit, sagte Schütter und argumentierte, dass der Verband nur Schlagworte, aber keine überprüfbaren Daten zu seinen Klima-Projekten präsentiere. Angaben, wonach die FIS durch die betriebene Regenwald-Konservierung bereits klimapositiv sei, sind für Schütter "nicht ganz die Wahrheit", wie er betonte. "Wir kennen die derzeitigen Nachhaltigkeitsbemühungen der FIS und bewerten sie als unzureichend."