Am Sonntag startet der ehemalige Streif-Sieger Thomas Dreßen das Rad-Abenteuer seines Lebens: Neben 4.000 Aktiven und Ski-Kollegen wie Werner Heel oder Manfred Mölgg nimmt der Deutsche am Samstag den Ötztaler Radmarathon über 227 km und 5.500 Höhenmeter in Angriff. Nicht ohne Angst ...
oe24: Herr Dreßen, wissen Sie eigentlich, worauf Sie sich eingelassen haben?
Thomas Dreßen: Ich glaub schon. Ich hab mir von Leuten, die den Ötztaler schon ein paar Mal gefahren sind, viele Tipps geholt und mich gscheit vorbereitet. Letzte Woche bin ich extra noch einmal auf den Brenner gefahren, um die zweite Hälfte der Strecke (mit Jaufenpass/2.090 m ü. M. und Timmelsjoch/2.474 m, d. Red.) einmal abzufahren. Damit ich weiß, was mich erwartet, wenn es richtig zach wird.
oe24: Und warum muss es gerade eines der härtesten Hobby-Radrennen sein?
Dreßen: Nach der langen Zeit im Skiprofi-Rennsport will ich das machen, was mir Spaß macht. Und da gehört das Rennradlfahren eindeutig dazu, mittlerweile ist es sportlich meine größte Leidenschaft geworden.
oe24: Aber wieso ausgerechnet das vielleicht schwierigste Hobbyradrennen?
Dreßen: Nach meinem letzten Skirennen (Hahnenkamm-Abfahrt in Kitzbühel am 20. Jänner, d. Red.) hab ich zwei Monate überhaupt nix getan, weil mir auch ein Ziel, eine Motivation gefehlt hat. So ist das mit dem Ötztaler zustande gekommen, der ist immer schon auf meiner Liste gestanden. Als ich Ende März beim Weltcup-Finale als Zuschauer war, ist mit plötzlich bewusst geworden, wie schlecht ich beisammen war, weil ich so lang nix gemacht hab. Das war so was wie ein Weckruf.
oe24: Und dann?
Dreßen: Dann hab ich begonnen, ein bissl vor mich hin zu trainieren. Aber die richtige Motivation war nicht da. Dann hab ich in Sölden, wo ich noch immer gute Kontakte hab, angefragt, ob sie noch einen Startplatz für mich haben. Das hat geklappt, und dann bin ich von Anfang April bis jetzt 6.000 Kilometer am Rad gesessen.
"Mein Körper hat sich brutal verändert"
oe24: Wie viel haben Sie von Ihrem Kampfgewicht als Skirennläufer verloren?
Dreßen: Mein Körper hat sich brutal verändert, wobei das Meiste in den ersten beiden Monaten nach meinem letzten Skirennen weggegangen ist, in Summe sind es so acht, neun Kilo, die ich jetzt weniger hab, jetzt bin ich bei 91 Kilo. Mein Brustumfang ist gegenüber meiner Zeit als Rennfahrer um zehn Zentimeter weniger. Meine Radltrikots von früher hängen wie T-Shirts an mir, und meine Frau sagt nur noch Hendl zu mir .... Wobei das Schmalz in den Beinen ist schon noch vorhanden, körperlich steh ich ganz gut da.
oe24: Als ehemaliger Profisportler haben Sie sich sicher ein ehrgeiziges Ziel gesetzt ...
Dreßen: Ich bin noch kein einziges Radrennen gefahren, von dem her tu ich mir schwer. Aber ich würde gerne mit einer Zeit unter zehn Stunden ins Ziel kommen.
oe24: Haben Sie Angst, dass Sie das Rennen nicht durchstehen könnten?
Dreßen: Bei meiner größten Angst geht's um andere Radfahrer, wie die runter brettern (wobei es immer wieder zu gefährlichen Sturz-Situationen kommt, d. Red.). Man hört, dass da einige komplett eskalieren. Mein Ski-Spezi Florian Scheiber hat gesagt, er hat sich sein ganzes Leben noch gefürchtet. Ich werde das ganze mit Respekt angehen und mein eigenes Rennen fahren.
oe24: Wird es bei einem einmaligen Rad-Abenteuer bleiben?
Dreßen: Ich hab gewusst, dass mir das Radlfahren taugt. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es mich so packen würde. Wenn der Ötztaler nur annähernd so viel Spaß macht wie die Vorbereitung, kann ich mir gut vorstellen, dass ich das noch öfter machen werde. Dabei hat mich mein Kondi-Trainer früher aufs Ergometer peitschen müssen.
"Hermann Maier war mein großes Vorbild"
oe24: Hermann Maier hat es sogar bis zum Tour-de-France-Prolog gebracht ...
Dreßen: Das war voll cool. Hermann war mein großes Vorbild - wenn es mir nicht so gut gegangen ist nach Verletzungen hab ich seine Biografie mehrmals gelesen. Das hat mir damals brutal geholfen.
oe24: Letzte Frage: Was wird Marclel Hirscher bei seinem Comeback liefern?Dreßen: Pfff .... Wenn er das jetzt mit der Akribie durchzieht, mit der er früher alles gemacht hat, dann man ihm alles zutrauen. Andererseits hab ich am eigenen Leib gespürt, wie schnell sich der Skisport weiter entwickelt. Da bin ich gespannt, ob er sich in der kurzen Zeit an die Veränderungen anpassen kann. Für den Skisport - darüber brauchen wir nicht reden - ist es ein Riesengewinn!