Weltmeisterliche Blamage
Chile schickt Spanien nach Hause
18.06.2014
Chile besiegt Spanien 2:0 und zieht mit den Niederlanden ins Achtelfinale ein.
Spanien - Chile 0:2 (0:2)
Rio de Janeiro, Maracana-Stadion, 73.500, SR Geiger (USA)
Tore: Vargas (20.), Aranguiz (43.)
Titelverteidiger Spanien ist bei der Fußball-WM in Brasilien auf schnellstem Wege ausgeschieden. Der Welt- und Europameister verlor am Mittwoch in Rio de Janeiro verdientermaßen 0:2 (0:2) gegen die Chilenen, die damit in der Gruppe B gemeinsam mit den Niederländern als erste Teams bereits im Achtelfinale stehen. Der Vizeweltmeister von 2010 hatte zuvor gegen Australien 3:2 gewonnen.
Eduardo Vargas (20.) und Charles Aranguiz (43.) erzielten die Treffer für die Chilenen, die auch ihr erstes Match mit 3:1 gegen die Australier siegreich beendet hatten. Am Montag (18.00 Uhr MESZ) kommt es in Curitiba nun zum Gipfeltreffen mit den Niederländern um den Gruppensieg, für den Chile einen weiteren Triumph benötigt, um einem eventuellen Duell mit Gastgeber Brasilien auszuweichen.
Salto Nullo wie vor 4 Jahren Italien
Die Spanier, die im ersten Match gegen die Niederlande 1:5 untergegangen waren und seit dem EM-Triumph 2008 jeden großen Titel geholt hatten, traten damit die Nachfolge der Italiener an. Die "Squadra" war vor vier Jahren in Südafrika als amtierender Weltmeister ebenfalls bereits in der Gruppenphase ausgeschieden. Gleiches war auch Frankreich 2002 in Südkorea und Brasilien 1966 in England widerfahren. Als erster amtierender Champion überhaupt war Italien 1950 in Brasilien in der ersten Turnierphase gescheitert.
Umstellungen brachten nichts
Nach dem Auftaktdebakel stellte der bisherige spanische Erfolgscoach Vicente del Bosque seine Startelf wie angekündigt um: Javi Martinez ersetzte Gerard Pique in der Innenverteidigung, im Mittelfeld kam Pedro für seinen Barcelona-Clubkollegen Xavi, der im ersten Match schwer enttäuscht hatte. Bei Chile musste dagegen im Vergleich zum 3:1-Sieg gegen Australien nur Stürmer Jorge Valdivia für Francisco Silva weichen, da Teamchef Jorge Sampaoli diesmal eine etwas defensivere Taktik wählte.
Chile drückt von Anpfiff weg
Trotzdem legten die Südamerikaner gleich voll los: In der Startminute setzte sich Arturo Vidal gegen vier Gegenspieler durch und passte auf Vargas, dessen Schuss in den Corner geblockt wurde. Nach dem Eckball stieg Gonzalo Jara hoch, dessen Kopfball knapp am Kreuzeck vorbeisegelte (2.). Die Spanier kamen dagegen überhaupt nicht in die Gänge und agierten erneut ungewohnt fehlerhaft. Ihre erste Torchance resultierte aus einem chilenischen Abwehrfehler, den Xabi Alonso aber nicht nützte, da er aus kürzester Distanz Tormann Claudio Bravo anschoss (15.).
In Minute 20 ging es dann nach einer Balleroberung der Chilenen blitzschnell. Nach Konter über Alexis Sanchez sowie Idealpass von Aranguiz traf Vargas, der noch Tormann Iker Casillas ausstiegen ließ, zur verdienten Führung. Es kam aber noch schlimmer für die Spanier, denn nach einem Sanchez-Freistoß, landete die Faustabwehr von Casillas (mit nun 17 Einsätzen auch bei WM-Endrunden Rekordteamspieler seines Landes) genau beim im Strafraumzentrum lauernden Aranguiz, der mit einem wuchtigen "Spitz" auf 2:0 erhöhte (43.).
Spanien zu weiteren Umstellungen gezwungen
Del Bosque war deshalb gezwungen zu reagieren und löste in der Pause die Doppelsechs auf, indem er Offensivspieler Koke für Xabi Alonso brachte. Die Spanier machten auch gleich Druck und spielten ihre erste Chance heraus, doch der Schuss von Diego Costa wurde ins Toraus geblockt (49.). Ein Fallrückzieher von Costa landete wenig später bei Sergio Busquets, der diesen Sitzer jedoch ausließ (53./daneben).
Auf der Gegenseite hatte Isla das 3:0 auf dem Fuß (68.). Im Finish zeichnete sich dann Chiles Schlussmann Bravo gleich mehrmals aus, wehrte u.a. Schüsse von Iniesta (84.) und Cazorla (81., 89.) ab. Deshalb setzte es für den Titelanwärter am Ende nach einem 2:0-Erfolg 1950 und einem 2:1 zuletzt 2010 in der Gruppenphase die erste WM-Niederlage gegen die Chilenen, die nach dem dritten Platz bei der Heim-WM 1962 zum insgesamt vierten Mal die erste Turnierphase überstanden haben. 1998 und zuletzt 2010 (gegen Brasilien) war aber jeweils im Achtelfinale Endstation gewesen.
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Iker Casillas (Spanien-Torhüter und -Kapitän): "Es ist schwierig zu erklären. Ich möchte mich bei den Fans entschuldigen. Es hat nicht sollen sein. Wir sind dafür verantwortlich. Uns tut dies am meisten weh. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als in die Zukunft zu schauen. Man muss nun abwarten und analysieren."
Vicente del Bosque (Spanien-Teamchef): "Bei einer WM bereits in Gruppenphase auszuscheiden, das ist unglaublich hart. Aber unsere Gegner haben sehr gut gespielt. Das ist aber nicht das Ende einer Epoche. Es gibt sehr viele gute Spieler, die in der Nationalmannschaft weiterspielen werden. Wir dürfen jetzt nicht nur an die Gegenwart denken, sondern auch an unsere erfolgreiche Vergangenheit. Ich denke im Moment nicht ans Aufhören."
Alexis Sanchez (Chile-Stürmer): "Zuallererst haben wir einen Wahnsinns-Willen bewiesen, wir wollten unbedingt gewinnen. Wir sind alles junge Leute, die noch etwas erreichen wollen. Wir danken auch den Fans für die großartige Unterstützung heute. Wir Chilenen wollen einfach siegen, von klein auf werden wir so erzogen. Ich hatte schon immer den Traum, Weltmeister zu werden."
Arturo Vidal (Chile-Mittelfeldspieler): "Das ist der schönste Augenblick in der chilenischen Fußball-Geschichte. Wir hoffen, dass wir weiterkommen, Weltmeister werden. Das Duell mit den Niederlanden wird ein tolles Spiel, wir wollen auch da drei Punkte holen. Wenn wir Weltmeister werden wollen, müssen wir gegen alle gewinnen."