Brasilien

Psychologin für weinende WM-Stars

02.07.2014

Den Tränen von Thiago Silva, Neymar & Co. wird nun der Kampf angesagt.

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WM-Gastgeber Brasilien will die Debatten um heulende Spieler, nervliche Anspannung und psychologische Betreuung ein für alle Mal beenden. "Weniger Herz und mehr Fußball", das räumten Trainer Luiz Felipe Scolari und der Technische Direktor Carlos Alberto Parreira ein, müsse die Selecao im Viertelfinale gegen Kolumbien am Freitag (22.00 Uhr/MESZ) zeigen.

Teamleitung, Fans und Experten sind sich damit ausnahmsweise einmal einig: Wenn Neymars Kollegen nicht endlich den Druck des Favoriten ablegen und befreit aufspielen, wird es nichts mit dem angepeilten sechsten Titel für Brasilien.

Psychologin
In den vergangenen Tagen wurden Spieler wie Fernandinho und Ramires bei den Pressekonferenzen mehr nach Regina Brandao als nach "Felipao" Scolari gefragt. Brandao ist die Psychologin des Rekord-Weltmeisters und war auch vor dem Viertelfinale wieder im Trainingscamp "Granja Comary" in Teresopolis.

Der Brasilianische Fußball-Verband (CBF) sah sich angesichts des öffentlichen Interesses und der Kritik an der mentalen Verfassung des Teams am Dienstagabend sogar genötigt, auf seiner Verbandsseite eine Erklärung der Dame abzugeben: "In Wirklichkeit war mein heutiger Besuch Teil unserer anfänglichen Planung", hieß es darin. "Ich konnte hier nicht lange bleiben, weil ich meine Vorlesungen an der Universität habe und meine Praxis... Ich spreche immer mit den Spielern, übers Internet."

Feuchte Augen
Entzündet hatte sich die Debatte vor allem an Innenverteidiger Thiago Silva. Der Kapitän hat schon beim Betreten eines WM-Stadions feuchte Augen, singt die Nationalhymne mit einer Inbrunst, als hinge das Ergebnis davon ab - und brach nach dem erfolgreichen Elfmeterkrimi gegen Chile auf dem Rasen zusammen. Auch andere Spieler wie Neymar, Julio Cesar und David Luiz hielten danach ihre Tränen nicht zurück. Stürmerstar Neymar hatte schon einmal in der Gruppenphase die Rührung übermannt, als die Nationalhymne gespielt wurde.

"Die Mannschaft weint, wenn sie die Hymne singt, ... wenn sie sich verletzen, wenn sie Elfmeter schießen... Es reicht!", wetterte Carlos Alberto Torres, Kapitän der brasilianischen Weltmeistermannschaft von 1970, in der Zeitung "Extra". Die Profis, sagte Paulo Vinícius Coelho, Experte des TV-Sender ESPN Brasil, müssten mal den Ball flachhalten. Sowohl auf dem Platz, um endlich die Probleme im Mittelfeld zu bewältigen, als auch emotional.

Nach seiner Ansicht leidet das Team unter einem Art Barbosa-Effekt. Der Keeper war - sein Leben lang - der Sündenbock für den "Maracanazo", als Brasilien 1950 vor heimischem Publikum mit dem 1:2 gegen Uruguay den WM-Titel verspielte: "Alle haben Angst, der Sündenbock zu werden", sagte Coelho.

Und so suchen die Profis offenbar Hilfe, wo es nur geht. Ersatztormann Victor berichtete, dass er Stammkeeper Julio Cesar vor dem Elfmeterschießen gegen Chile einen Rosenkranz gegeben habe, woraufhin dieser mit zwei gehaltenen Strafstößen zum Helden wurde. "Der eine oder andere Spieler hat mehr Emotionen gezeigt", erklärte Chelsea-Mittelfeldspieler Ramires nüchtern. "Aber ich glaube, dass man im Fußball auf dem Platz dafür sorgen muss, dass die Dinge laufen - und nicht nur auf Glauben oder Glück hoffen."

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