Österreicher bleiben ohne Medaille: Task-Force soll jetzt aufräumen.
„Ich bin zwar zwei Jahre vom Spitzensport weg, aber vorstellen kann ich mir viel. Es muss nur in mein Lebenskonzept passen.“ Springer-Legende Toni Innauer, sowohl als Sportler, als auch als Trainer und Funktionär Weltklasse, dementiert auf ÖSTERREICH-Anfrage gar nicht, dass er für den heikelsten Job, den es nach dem beispiellosen Debakel der österreichischen Olympioniken im österreichischen Sport gibt, im Gespräch ist: Chef einer von der Regierung ernannten Task-Force, die das Land bis zu den nächsten Spielen, 2016 in Rio, wieder fit machen soll. Derzeit genießt er seinen Urlaub beim Fischen in Tirol. Ende August will er sich offiziell äußern.
Mega-Blamage
Am Sonntag hat zumindest die diesjährige Schmach für Österreich
endlich ein Ende: Nicht eine einzige Medaille gewannen unsere Sportler bei Olympia. Es war die Blamage des Jahrhunderts: 16 Tage lang haben österreichische Athleten in London um olympisches Edelmetall gekämpft. Vergeblich. Rogan, Jukic & Co. brachten es auf keinen einzigen Stockerlplatz. So schlecht waren die Österreicher seit 48 Jahren bei Olympia nicht! Freilich: Die Niederlage wiegt noch schwerer als Tokio 1964 – damals gab es weniger Bewerbe und weniger Teilnehmer.
Polit-Nachspiel
Die Pleite von London wird ein Nachspiel haben. Die Suche nach den Verantwortlichen hat begonnen. Sportminister Norbert Darabos (SPÖ) beschimpfte die heimischen Sportler als „Olympia-Touristen“, für BZÖ-Sportsprecher Peter Westenthaler ist dagegen der Minister selbst hauptverantwortlich für das Debakel: „Über vier Jahre ist er jetzt im Amt und hat für den Sport nichts getan. Das ist ein Fiasko.“
Fischer mischt sich ein
Selbst Bundespräsident Heinz Fischer schaltete sich nun ein. „Was wir jetzt brauchen, sind nicht gegenseitige Schuldzuweisungen, sondern eine präzise Analyse von Stärken und Schwächen, kluge Reformen, harte Arbeit und Zuversicht.“
Die neue Task-Force soll mit dem Wildwuchs der vielen Sportverbände aufräumen. Darabos ist bereits im Gespräch mit Innauer. Damit könnte er auch bei seinem Kritiker Westenthaler punkten. Der hält Innauer für den besten Kandidaten.
Westenthaler: "Innauer wäre beste Entscheidung"
ÖSTERREICH: Wer ist Ihrer Meinung nach für das Olympia-Debakel verantwortlich?
Peter WESTENTHALER: Die Hauptverantwortung trägt Norbert Darabos, der nur ein Nebenerwerbs-Sportminister ist, vier Jahre die Hände in den Schoß gelegt und nun auch noch Sportler beschimpft hat. Er ist rücktrittsreif.
ÖSTERREICH: Was kann man aus dieser Pleite lernen?
WESTENTHALER: Man müsste neue Sportstätten schaffen, sich auf bestimmte Sportarten fokussieren, Amateur-Funktionäre abschaffen. Dann hätte man auch in Rio eine Chance.
ÖSTERREICH: Könnte Toni Innauer die Lösung sein?
WESTENTHALER: Es wäre die beste und klügste Entscheidung. Er ist der bestgeeignete Kandidat.
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Wie kommentieren Sie das Abschneiden Österreichs bei den Olympischen Spielen in London, was sind ihrer Meinung nach die Gründe dafür?
Innauer: "Ich habe zu wenig mitgekriegt, weil ich es zu wenig intensiv verfolgt habe. Ich finde, dass man sich in vielen Bereichen so verkauft hat, dass man sich auf keinen Fall genieren muss. Man sieht halt, in welcher Sportart auch immer, für die ersten drei Plätze brauchst du herausragende Leistungen. Das Potenzial, dass wir mit durchschnittlichen Leistungen eine Medaille machen, haben wir halt im Sommersport nicht."
Ist die österreichische Sportförderung zeitgemäß und effizient und fließen genügend Mittel in den Sport?
Innauer: "Das ist sehr differenziert zu sehen, denn die österreichische Sportförderung allein wird einen Staat wie Österreich nicht ganz 'derreißen'. Das sieht man am Beispiel Skiverband. Es ist nicht die Förderung, die man staatlicherweise zugewendet kriegt, die ein ganzes, starkes Sportsystem ausmacht. Da sind schon sehr viele Überlegungen notwendig, wenn man das im Sommersport aufziehen will. Sprich, der Skiverband lukriert einen Haufen Mittel aus Fernsehrechten und aus Werbung und hat ganz andere Möglichkeiten. Das ist nicht allein vom österreichischen Sportsystem abhängig.
Beim österreichischen Sportsystem an sich sollte man sich auch nicht scheuen, es sich immer wieder einmal anzuschauen. Aber ich glaube man bemüht sich doch im Vergleich zu anderen kleinen Nationen sehr, eine vernünftige Sportförderung aufzustellen. Den Ausschlag geben oft andere Dinge, die nicht nur staatlicherseits gefördert werden."
Was muss sich ändern? Sind Zusammenlegung und Konzentration der Strukturen und der Förderung ein probates Mittel oder soll man alles eher so lassen wie es ist?
Innauer: "Einen Schnellschuss möchte ich nicht rauslassen. Ich habe einmal einen Vorschlag gemacht, der eine Idee skizziert, die angelehnt ist an das doch erfolgreichste Modell Skiverband. Der Skiverband ist ja nicht nur Ski alpin oder Skispringen, sondern sehr viele Sportarten unter einem Fachverbandsdach, wo irrsinnig viele Synergien zu lukrieren sind.
Und da habe ich gesagt, so etwas Ähnliches könnte ein Ballsportverband mit der Lokomotive Fußball auch darstellen. Da entsteht eine ganz andere Dynamik als wenn Volleyball, Beach-Volleyball, Handball, Feldhockey alle auf Eigeninitiativen versuchen, sich über Wasser zu halten. Was wir z.B. im Skispringen über Jahrzehnte gemacht haben, kann man nicht in einem Jahr verordnen und sagen, das machen jetzt alle so."