Nach der historischen Olympia-Pleite brodelt es hinter den Kulissen.
Österreichs Schützen haben bei den Olympischen Spielen in London enttäuscht. Erstmals seit Sydney 2000 schaffte es kein heimischer Athlet in ein Finale, damals war der Oberösterreicher Mario Knögler aber zumindest dreimal Neunter geworden. Als beste Platzierung von London hat der Österreichische Schützenbund (ÖSB) einen zwölften Rang von Routinier Thomas Farnik im Kleinkaliber-Dreistellungsmatch zu Buche stehen.
Der erfahrenste Athlet in Österreichs gesamtem Olympia-Team ging nach seinen sechsten Spielen mit dem Verband hart ins Gericht. "Es gehört viel verbessert im Schützenbund. Dort setzen sie auf Dinge, bei denen von vorne herein klar ist, dass sie nicht funktionieren", betonte Ex-Weltmeister Farnik. "Sie wollen alles neu machen. Auf erfahrene Schützen wird nicht gehört."
Verband forciert Jugend
Seine Laufbahn will Farnik trotz der Differenzen auch mit 45 Jahren noch nicht beenden. Seine Zukunft macht er von seiner beruflichen Karriere abhängig. Der Wiener ist seit einiger Zeit als Mentaltrainer tätig. Auch seine einst erfolgreichen Kollegen Christian Planer und der nicht für London qualifizierte Knögler sind keine Profis mehr. "Die drei haben ein kleines Loch aufgerissen", erinnerte ÖSB-Generalsekretär Florian Neururer. "An ihnen ist jahrelang niemand vorbeigekommen."
Mittlerweile setze man auf die Jugend, erklärte Neururer. "Einige Junge sind richtig stark", versicherte der Tiroler. "Wir haben viel umstrukturiert, aber das dauert seine Zeit." Die 23-jährige Tirolerin Stefanie Obermoser holte bei ihrem Olympia-Debüt immerhin Rang 19 mit dem Luftgewehr. Dazu kommen ihre engere Landsfrau Lisa Ungerank (20) und der Niederösterreicher Alexander Schmirl (22), die die Qualifikation für London jeweils knapp verpasst hatten.
Schlechte Olympia-Bilanz
Farnik, der wie Planer einen Antritt 2016 in Rio nicht ausschließen wollte, beklagte sich auch über die wenigen Trainingszeiten, um die sich der ÖSB für seine Schützen in den Royal Artillery Barracks bemüht hatte. Das Resultat: erstmals in mehr als vier Dekaden kein Top-Ten-Platz bei Olympia. Mit Ausnahme von Sydney 2000 haben Österreichs Schützen in den vergangenen 40 Jahren immer zumindest einen Athleten ins Finale gebracht. Die bisher letzte Medaille holte Planer 2004 in Athen mit Bronze.
Scherhaufer zufrieden
Von Edelmetall war auch Trap-Schütze Andreas Scherhaufer weit entfernt. "Es ist schon eine Sensation, dass hier überhaupt ein Österreicher dabei war", meinte der 42-jährige Wiener nach Rang 17. "In Österreich betreiben Trap höchstens fünf, sechs Leute wirklich sportlich." Seit 1984 war Rot-Weiß-Rot im Wurfscheibenschießen nicht mehr bei Olympia vertreten. 2016 in Rio will es Scherhaufer vielleicht noch einmal versuchen.
"Ich schieße, solange es mir Spaß macht", erklärte der 1,97-Meter-Mann, der einen Handel für Sportwaffen und Munition betreibt. "Das Gute ist, dass ich nicht davon leben muss." Und er kennt auch keine Differenzen mit dem Schützenbund. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist Wurfscheibenschießen (früher Tontaubenschießen) in Österreich in einem eigenen Verband organisiert, dem Austria Sportschützen Fachverband (ASF).