Super-GAU für ÖSV-Herren: Razzoli holt Gold, 'Blech' für Raich.
Für Österreichs alpines Herren-Team ist der schlimmste aller Fälle am Samstag Realität geworden. Auch im fünften und letzten Olympia-Bewerb in Whistler blieb die Mannschaft von ÖSV-Herren-Cheftrainer Toni Giger ohne Medaille und sorgte damit für ein Novum bei Winterspielen. Während die Österreicher nach den Plätzen vier und fünf durch Titelverteidiger Benjamin Raich und Marcel Hirscher schwer enttäuscht waren, durfte Giuliano Razzoli im Dauerregen und bei Nebel über Gold jubeln. Hinter dem 25-jährigen Razzoli landeten der Kroate Ivica Kostelic sowie der Schwede Andre Myhrer auf den weiteren Medaillenrängen.
Wieder nur "Blech"
Lediglich fünf Hundertstel fehlten
Raich am Ende auf Bronze, mit dem er das Schlimmste hätte verhindern können.
Denn das zuvor schlechteste Abschneiden für Österreichs Herren datierte aus
dem Jahr 1984 in Sarajevo, als Abfahrer Anton "Jimmy" Steiner mit
Bronze die Ehre des gesamten rot-weiß-roten Team gerettet hatte, indem er
die einzige ÖOC-Medaille bei den Spielen in Ex-Jugoslawien geholt hatte.
1936 in Garmisch-Partenkirchen hatte Österreich wie die Schweiz auf ein
Antreten verzichtet, weil Skilehrer als Berufssportler nicht zugelassen
waren.
"Es ist sehr bitter, ich habe alles gegeben, war gut drauf, es ist sich leider nicht ganz ausgegangen", erklärte Raich. "Das muss man akzeptieren, aber es ist sehr schwer, weil es sehr knapp ist. Die Hundertstel die ich da verloren habe, kommen irgendwann zurück und dann stehe ich da als Lachender. Über die Fehler braucht man nicht reden, wenn man sie macht, muss man solche Plätze akzeptieren."
Keine Ausreden
Ausreden wollte der Doppel-Olympiasieger von Turin
2006 nicht geltenlassen. "Mir liegt der Schnee hier eigentlich sehr
gut, man muss bei den Verhältnissen schnell sein, die man vorfindet. Es ist
bitter für mich und das ganze Team. Ich war voll auf das Rennen eingestellt,
es hat nicht sollen sein. Es war auch Pech dabei, aber es gleicht sich alles
aus im Leben. In den letzten Jahren haben wir immer wieder gut abgeschnitten
und auch Glück gehabt, das gleicht sich alles aus", betonte Raich.
Hirscher bitter enttäuscht
Auch Marcel Hirscher war nach
Platz fünf bitter enttäuscht. "Es hilft nichts, ich bin
wieder gut gefahren im zweiten Durchgang. Im Weltcup wäre es mit Platz vier
(Olympia-Riesentorlauf, Anm.) und fünf ein super Wochenende gewesen, so ist
es nichts wert. Es waren sehr schwere Bedingungen für mich, es hat sehr viel
gegen uns gesprochen, wenn es flach ist, sind wir nicht so stark, das haben
wir gewusst, deshalb bin ich nicht so unzufrieden", sagte der
Salzburger.
Herbst weit zurück
Slalom-Weltcup-Spitzenreiter Reinfried
Herbst musste sich mit Rang zehn begnügen. "Schade, dass es nicht
für eine Medaille gereicht hat. Ich wollte mit sehr viel Gefühl fahren, es
war aber ein bisschen zu viel sachte. Es war schwierig, ich habe bei den
Bedingungen nicht 100 Prozent meinen Druck angebracht, das ist für Sportler
sehr bitter, aber zu akzeptieren", lautete das Resümee des
Olympia-Zweiten von 2006 und vierfachen Saisonsiegers.
Pranger mit Bestzeit ausgeschieden
Weltmeister Manfred Pranger
war nach Zwischenbestzeit bereits im ersten Lauf ausgefallen und bei seinem
Abflug hart aufs Becken gefallen. "Ich habe an der falsche Stelle zu
viel riskiert. Olympia mag mich nicht, das zipft mich an, das muss ich aber
akzeptieren und fertig", meinte der Tiroler, der auch schon 2002 in
Turin im ersten Lauf ausgeschieden und 2006 in der ÖSV-internen
Qualifikation gegen Mario Matt auf der Strecke geblieben war.
Gold für Italien
Razzoli, der nach dem ersten Lauf klar in
Führung gelegen war, hatten viele Experten auf der Goldrechnung, hatte er
doch im Olympia-Winter bereits den Slalom in Zagreb im Jänner, der jenem auf
dem Whistler Mountain nicht unähnlich ist, gewonnen. Er stammt aus der
Region Razzolo (Emilia-Romagna), aus der auch Italiens Ski-Superstar
Alberto-Tomba stammt. Razzoli ist der dritte Slalom-Olympiasieger für
Italien nach Piero Gros (1976 Innsbruck) und Alberto Tomba (1988 Calgary).
Laut Herbst war Razzoli der vernünftigste Slalom-Artist für die unwirtlichen Wetterbedingungen - Regen und Nebel - in Whistler. "Er hat bestätigt, was er drauf hat bei den Bedingungen. Der reibt sich eh die Hände schon in der Früh, wenn es regnet, das wünscht er sich", sagte der Salzburger.
Endstand Herren-Slalom
1. Giuliano Razzoli ITA 1:39,32
2.
Ivica Kostelic CRO 1:39,48
3. Andre Myhrer SWE 1:39,76
4.
Benjamin Raich AUT 1:39,81
5. Marcel Hirscher AUT 1:40,20
6.
Mitja Valencic SLO 1:40,35
7. Manfred Mölgg ITA 1:40,45
8.
Julien Cousineau CAN 1:40,66
9. Julien Lizeroux FRA 1:40,72
10.
Reinfried Herbst AUT 1:40,78