Doping-Fahnder Werner Franke meldet aber Zweifel an den "sauberen Spielen" an.
Die olympischen Fahnder wähnen sich den Doping-Betrügern so dicht auf der Spur wie nie - der deutsche Experte und Mahner Werner Franke meldet jedoch Zweifel an. "Wir waren noch nie so nahe an ihnen dran", sagte Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), am Ende der Olympischen Winterspiele in Vancouver, bei denen bisher kein Doping-Fall gemeldet wurde.
Abschreckung
Ob deshalb bei Olympia überhaupt nicht gedopt wird?
Franke behauptet in einem Interview mit "Bild am Sonntag": "Diese Frage
meinen Sie doch nicht im Ernst, oder? Viele Ausdauer-Athleten sind
vollgepumpt bis oben hin." Dagegen sieht Bach die Erhöhung der
Doping-Kontrollen im Vergleich zu Turin 2006 um 70 Prozent auf rund 2.000
Tests bei den Vancouver-Spielen als wirkungsvolle Abschreckung. "Für die
Spiele kann man sagen, dass das Netz so eng war wie nie zuvor", sagte der
deutsche Spitzenfunktionär.
Außerdem würden die seit dem Blutdoping-Fall des Ski-Langläufers Johann Mühlegg bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake City verfeinerten Zielkontrollen von Athleten bei Verdächtigungen immer erfolgreicher. "Ich bin ein Anhänger der Qualitäts-Theorie", meinte Bach. Zielkontrollen im Training seien "die Zukunft".
Kritik von Franke
Der Molekularbiologe und streitbare
Doping-Bekämpfer Franke hält die Kontrollen dagegen für wenig wirkungsvoll.
"Die Tests können Sie den Hasen geben. Sie werden immer noch nicht
intelligent genug gemacht", kritisierte er. Man müsse testen und drei, vier
Stunden später wiederkommen. "Denn bisher ist es so, dass sich ein Athlet
nach einem Doping-Test sicher sein kann, dass er die nächsten 24 Stunden
nicht mehr getestet wird." Dies müssten die Herren der
Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) eigentlich wissen - gemacht würde trotzdem
nichts.
"Es will keiner, dass der ganz große Sport hochfliegt", so Franke. So könne man heute auch auf CERA, die dritte Generation des Blutdopingmittels Erythropoetin (EPO), kontrollieren. "Es gibt mehr als Anzeichen, dass das 2006 in Turin benutzt wurde. Aber die Herren Funktionäre haben gemerkt: 'Ach Gott, ach Gott, da könnte eine Lawine auf uns zukommen'", sagte der Heidelberger. "Also wird es nicht nachgetestet." Dass die WADA als unabhängige Instanz etwas ausrichten werde, glaubt Franke nicht: "Hören Sie mit denen auf. Die WADA ist zurzeit entweder total unfähig oder total korrupt."
Wie bereits die Doping-Proben der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking werden auch die in Vancouver genommenen Urin-und Bluttests für acht Jahre eingefroren, um sie nachträglich mit neuen Nachweisverfahren untersuchen zu können.
Verbotener Nasenspray
In Vancouver wurde allein die russische
Eishockey-Spielerin Swetlana Terentewa eines minderen Doping-Verstoßes
überführt. Sie hatte einen Nasenspray mit einer darin enthaltenden
verbotenen Substanz genommen. Das IOC verwarnte sie aber nur und genehmigte
ihre Turnier-Teilnahme. Bei den Turin-Spielen 2006 gab es einen Doping-Fall:
Damals war die Biathletin Olga Pylewa (RUS) positiv getestet worden,
allerdings fassten mehrere österreichische Langläufer, Biathleten und
Betreuer in Folge der Dopingrazzien, bei denen Dopingutensilien gefunden
worden waren, später Sperren aus.