Nach der Pleite von Vancouver wird bei den Alpin-Herren kräftig umgerührt.
Stinksauer stapfte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel (68) am Samstag aus dem verregneten Zielraum in Whistler Creekside. Soeben ist seine letzte Hoffnung auf Herren-Medaillen geplatzt: Die Slalomläufer Benjamin Raich und Marcel Hirscher erreichen nur die Plätze vier und fünf – für Herrenchef Toni Giger „die Höchststrafe“. Nie waren unsere Alpinen bei Olympia schlechter – nur 1936, als die Österreicher die Rennen boykottiert hatten war ebenfalls eine 0 im rot-weiß-roten Herren-Medaillenspiegel gestanden. Jetzt sind Raich & Co. auf Augenhöhe mit den ebenfalls medaillenlosen Bulgaren, Mexikanern oder Marokkanern. Selbst im Gesamtmedaillen-Spiegel der Alpinen belegt Österreich – die einstige Skination Nummer 1 – nur den fünften Platz (siehe Tabelle rechts).
Dabei ist es der mächtige ÖSV-Boss gewohnt, nach Winterspielen eine Erfolgsbilanz zu ziehen. Und mit 14 Medaillen (3 Gold 5 Silber/6 Bronze) war die ÖSV-Ausbeute auch bei den 21. Olympischen Winterspielen in Vancouver nicht. Mit Insgesamt 16 Medaillen blickt Österreich auf das drittbeste Ergebnis der Geschichte zurück – erfolgreicher war man nur in Turin 2006 und Albertville mit 23 bzw. 21 Medaillen.
Nun spricht Schröcksnadel endlich Klartext
Doch die Pleite
unserer Alpin-Herren vermiest Schröcksnadels Bilanz. Vor seiner Abreise aus
Kanada sprach er Klartext:
- „Ja, es gab Fehler in der Vorbereitung.“
- „Man darf die Trainer nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.“
- „Die Saison muss fertiggefahren werden. Dann wird es eine Neustrukturierung im gesamten Verband geben.“
Bedingungen falsch eingeschätzt
TV-Kommentator Thomas Sykora
und Franz Klammer sind davon überzeugt, dass die feucht-nassen Bedingungen
fahrlässig unterschätzt wurden. Statt früh genug auf dem weichen
Olympiaschnee zu trainieren, hingen unsere Technik-Spezialisten in der Sonne
ab (Florida bzw. Kalifornien), ehe sie auf eisige Vorbereitungshänge nach
Sun Peaks übersiedelten. Klammer: „Sogar einem Ahnungslosen leuchtet ein,
dass das nicht g’scheit war.“
Peter Schröcksnadel lässt seinen Stab bis zum Weltcup-Finale (Mitte März) weitermachen. Erst dann werden die Personalrochaden einsetzen. Im Gespräch ist eine Rückholaktion von im Ausland erfolgreichen Ex-ÖSV-Trainern. Dass der Vorarlberger Matthias Berthold mit Deutschland drei Damen-Goldmedaillen holte, schmerzt nicht nur Schröcksnadel.
Schröcksnadels revolutionäre Pläne
Der
ÖSV-Präsident ist unter Zugzwang. Zu Hause kocht die Volksseele. Was ist
bloß aus der Skination geworden? Schröcksnadel weiß, dass er Konsequenzen
ziehen muss. „Ich hab alles in meinem Kopf. Nur das Präsidium muss es noch
absegnen.“ ÖSTERREICH hat alle Details.
1. Abschied von Cheftrainer Toni Giger
Beschlossen ist, dass Toni
Giger nach elf Jahren den Cheftrainer-Sessel räumen wird. Der 46-jährige
Salzburger soll aber beim ÖSV bleiben. Sofern Giger („Es gibt immer
Anfragen.“) kein Offert aus dem Ausland lockt, soll er eine andere
Führungsrolle im österreichischen Skiverband übernehmen.
2. Herren bekommen neuen Cheftrainer
Somit ist sein Job vakant.
Für den Posten des Herren-Cheftrainers gibt zwei heiße Kandidaten: Mathias
Berthold, der österreichische Goldtrainer der deutschen Olympiasiegerinnen
Maria Riesch (Super-Kombi, Slalom) und Viktoria Rebensburg (Riesentorlauf).
Der zweite heißt Christian Höflehner, ehemaliger Fitmacher von Ex-Tennis-Ass
Thomas Muster und aktueller ÖSV-Slalomtrainer.
3. Konkurrenz schwächen, Abwanderung stoppen
Ein Kernpunkt
von Schröcksnadels Plänen: Er will stoppen, dass noch mehr heimisches
Know-how ins Ausland abwandert. „Hinter jedem ausländischen Erfolg steht
mittlerweile ein österreichischer Trainer“, ärgert sich Schröcksnadel.
4. Bündelung der Ressourcen nötig
Der letzte Punkt
zielt auf strukturelle Veränderungen im Verband ab. Schröcksnadel: „Wir
haben so viel Potenzial, das nicht genützt wird. In der Wissenschaft zum
Beispiel, beim Training, aber auch bei der Materialentwicklung. Das wird
mehr Geld kosten, aber ich bin bereit, das aufzutreiben.“ Viel Zeit bleibt
Schröcksnadel für die Ski-Revolution nicht mehr: Bereits 2013 findet die
Heim-WM in Schladming statt.