Olympia-Sieger

Mayer: "Dachte nicht, dass es reicht"

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Matthias Mayer im Interview nach seinem sensationellen Olympia-Sieg.

Frage: Wie war das erste Gefühl nach Ihrer Fahrt?
Matthias Mayer: "Ich habe gewusst, dass es eine coole Fahrt war. Aber eine Fahrt mit Fehlern. Deshalb habe ich nicht damit gerechnet, dass ich das Rennen gewinne."

Frage: Wie sehr hat das Warten im Zielraum Ihr Nervenkostüm strapaziert?
Mayer: "Das hat mich mehr mitgenommen als meine Fahrt. Als Bode (Miller, Anm.) und Christof (Innerhofer, Anm.) gefahren sind, bin ich wie ein Verrückter auf und ab gesprungen. Als Bode im Ziel war, hab ich das erste Mal gecheckt, dass es für eine Medaille reichen könnte. An den Sieg hab ich erst nach der Fahrt von Didier (Defago, Anm.) geglaubt."

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Frage:
Wann hat es Ihnen zum ersten Mal die Tränen in die Augen getrieben?
Mayer:
"Bei der Flower Ceremony, als ich als Olympiasieger aufgerufen wurde. Das war unglaublich. Man denkt an die ganze Vergangenheit, an die guten und an die schlechten Sachen. An alles, was einen dahin gebracht hat, wo man jetzt ist. Da kommen sehr viele Gedanken zusammen."

Frage:
Haben Sie da auch an den schwierigen Sommer 2012 gedacht, als es Ihnen wegen einer reaktiven Arthritis (Gelenkerkrankung, Anm.) sehr schlecht gegangen ist?
Mayer:
"Diese Zeit war eine sehr, sehr große Lernphase in meinem Leben. Ich habe gelernt, dass Gesundheit immer über allem anderen steht. Wenn du keine Chance hast, deinen Körper mehr zu steuern, dann lernt man, das Leben anders zu sehen. Das Wichtigste, das ich gelernt habe, war: Ruhe bewahren und geduldig bleiben. Es kommt eh alles so, wie es sein soll. Diese Phase hat mit Sicherheit sehr viel dazu beigetragen, dass ich da heute oben stehen darf."

Frage: Sie haben sich von Anfang an hier auf der Olympia-Abfahrt sehr wohlgefühlt, warum genau?
Mayer: "Ich hab gleich im ersten Training gemerkt, dass hier alles zusammenpasst: die Abstimmung, die Kurven, das Gelände. Dadurch hatte ich von Anfang an ein sehr gutes Selbstvertrauen. Ich habe gewusst, dass ich hier der Schnellste sein kann. Dieses Gefühl hatte ich auch heute Früh beim Aufstehen."

Frage: Sie sind heute Früh gemeinsam mit Bode Miller in der Gondel gefahren, haben Sie mit ihm gesprochen?
Mayer: "Bode hat zu mir gesagt, dass er sehr nervös ist. Das hat mir gezeigt, dass sogar so einer wie der Bode nervös sein kann. Deshalb hab ich mir gedacht: 'Ich bleib cool und zeig, was ich kann.' Ich hab zu ihm gesagt: 'Ich freu mich aufs Runterfahren.' Und das war auch die Wahrheit. Ich wollte einfach nur raus aus dem Starthaus und am schnellsten unten sein."

Frage: Seit Ihrer Ankunft in Russland laufen Sie mit einem Dauergrinser durch die Winterspiele, hat Sie das Olympia-Fieber erwischt?
Mayer: "Wenn ich gut gelaunt und locker bin, dann tu ich mir einfach leichter beim Skifahren. Dann geht's einfach leicht von der Hand."

Frage: Sie wurden nach den Trainings zu einem der Topfavoriten gestempelt, hat Sie das auch nicht belastet?
Mayer: "Von allen Seiten hab ich gehört, dass der Sieg nur über den Bode und mich führt. Aber das hab ich locker weggesteckt."

Frage: Wie kann man sich diese Lockerheit auch an so einem wichtigen Tag wie dem Sonntag bewahren?
Mayer: "Im Endeffekt ist es für mich nicht um viel gegangen. Klar wollte ich eine Medaille machen, aber ich hab mir einfach leichter getan als sonst. Vor zwei Wochen in Kitzbühel hab ich mir sehr viel vorgenommen und war übermotiviert - dieser Schuss ist nach hinten losgegangen. Daraus habe ich gelernt. Ich war heute nicht nervös, bin brutal locker ins Rennen gegangen und hab mich nur auf die Sache konzentriert, die ich zu tun hatte."

So raste Mayer zu Abfahrtsgold



Frage: Vor vier Jahren in Vancouver sind Österreichs Alpin-Herren ohne Medaille geblieben. Wie war die Stimmung diesmal vor den Spielen innerhalb der Mannschaft?
Mayer: "Vor vier Jahren bin ich noch FIS-Rennen gefahren und hab geschaut, dass ich bei der Junioren-WM mithalten kann. In den letzten zwei Jahren hab ich dann wirklich ein gewaltiges Schäuferl zugelegt. Der Sieg heute ist aber nicht nur für mich, sondern für die ganze Mannschaft wichtig. Das nimmt sehr viel Druck. Vor allem von uns Abfahrern, wir sind sehr viel kritisiert worden. Jetzt hat der Hannes (Reichelt, Anm.) Kitzbühel gewonnen, und Olympia-Gold ist auch unser. Jetzt dürfte sich die Kritik erledigt haben."

Frage: Wie wichtig war Ihr Vater Helmut in Ihrer bisherigen Karriere?
Mayer: "Natürlich sehr wichtig, vor allem in der Kindheit und im Jugendalter. Er hat mich zum Skifahren gebracht und mir gezeigt, wie es geht. Aber in den letzten Jahren war mir wichtig, dass ich mein eigenes Ding mache."

Frage: Ihr Vater war nicht beim Rennen, Ihr Bruder Lucas und Ihre Mutter Margret hingegen schon. Wie war die erste Reaktion Ihrer Mutter?
Mayer: "Sie hat mir vor lauter Tränen in den Augen nicht einmal gratuliert."

Frage: Ihr Leben dürfte sich mit dem heutigen Tag doch recht deutlich verändern.
Mayer: "Das weiß ich noch nicht, das kann ich jetzt noch nicht einschätzen. Ich hoffe, dass sich nicht viel in meinem Leben ändert."

Frage: Aber ist Ihnen schon bewusst, dass Sie jetzt in einem Atemzug mit Kärntner Landsleuten wie Franz Klammer oder Fritz Strobl genannt werden?
Mayer: "Nein, auf keinen Fall, aber klingen tut's nett. Aber natürlich ist mir schon bewusst, welche Bedeutung so ein Erfolg in einem Land wie Österreich hat. Dieser Druck hemmt auch immer wieder viele junge Läufer, ich hab ihn aber heute zum Glück nicht verspürt."

Frage: Ihre eigentliche Spezialdisziplin, der Super-G, kommt noch. Auch da können Sie der Schnellste sein.
Mayer:
"Ja, das kann sein. Aber das ist jetzt nicht mehr unbedingt notwendig. Aber klar, ich werde mich auch im Super-G reinhauen und probieren, eine Medaille zu holen."
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