Weltweite Wildtier-Bestände sind, laut WWF-Report, um zwei Drittel eingebrochen.
Die Ampel steht auf Rot: Laut dem neuen Living Planet Report der Naturschutzorganisation WWF sind die weltweit untersuchten Populationen von Säugetieren, Vögeln, Amphibien, Reptilien und Fischen im Schnitt um über zwei Drittel eingebrochen. Der Living-Planet-Index beruht auf Daten von 4.392 Arten und 20.811 Wirbeltier-Populationen, deren Bestände seit 1970 durchschnittlich um 68 Prozent gesunken sind. In den am stärksten betroffenen Süßwasser-Lebensräumen haben die untersuchten Bestände sogar einen Verlust von im Schnitt 84 Prozent erlitten. Insgesamt fällt das Barometer des Living-Planet-Berichts in seiner 13. Auflage auf einen neuen Tiefstand.
"Unsere Natur wird rücksichtslos ausgebeutet und zerstört, obwohl sie absolut systemrelevant ist. Das schadet nicht nur unzähligen Tieren, sondern auch unseren eigenen Lebensgrundlagen. Denn die Ernährungssicherheit und Gesundheit von Milliarden Menschen hängt direkt von intakten Ökosystemen ab. Werden sie weiter vernichtet, steigt auch die Wahrscheinlichkeit künftiger Pandemien“, warnt Georg Scattolin, Leiter des internationalen Programms beim WWF Österreich.
Zu den wesentlichen Treibern des Negativ-Trends zählen laut dem WWF-Report die Zerstörung und Übernutzung von Lebensräumen, die Entwaldung, der illegale Wildtierhandel und die Wilderei. Dazu kommen die negativen Folgen der menschgemachten Erderhitzung. Der WWF fordert daher einen grundlegenden Systemwechsel, um den systematischen Raubbau zu stoppen und innerhalb der planetaren Grenzen zu wirtschaften.
„Einerseits gehören Arten und ihre Lebensräume überall besser geschützt, andererseits müssen wir an den Wurzeln der Probleme ansetzen und eine Ernährungswende einleiten. Das heißt: Lebensmittel sehr viel umweltfreundlicher erzeugen und konsumieren. Parallel dazu muss der extrem hohe Bodenverbrauch gestoppt werden“, fordert Georg Scattolin. Vor allem der Amazonas wird rücksichtslos abgeholzt, um neue Flächen für die Agrarindustrie und die Produktion von Futtermitteln zu gewinnen, die wiederum für die Tierhaltung nach Europa exportiert werden. „Auch deswegen sind die untersuchten Wildtier-Bestände in Süd- und Zentralamerika noch stärker geschrumpft als anderswo“, erläutert der Artenschutz-Experte.
Zu den besonders gefährdeten Tieren gehört beispielsweise der Östliche Flachlandgorilla, dessen Bestände im Kongo seit 1994 um 87 Prozent zurückgegangen sind - vor allem aufgrund illegaler Jagd. Durch Wilderei und Beifang sind Bestände der Lederschildkröten seit 1995 um 84 Prozent gesunken. Der Afrikanische Graupapagei ist im Südwesten Ghanas fast ausgerottet worden (minus 99 Prozent seit 1992), weil er häufig gehandelt wird und seine Lebensräume zerstört werden. Um 86 Prozent eingebrochen sind die Bestände des Afrikanischen Elefanten im Selous-Mikoumi-Gebiet in Tansania, vor allem aufgrund der Elfenbein-Wilderei.
Die Wildtierbestände gehen nicht nur in Regenwäldern und Meeren zurück, sondern auch in Österreich.
Hierzulande gibt es im Langzeit-Vergleich besonders massive Einbrüche. Neben der Übernutzung durch intensive Landwirtschaft ist vor allem der rasante Bodenverbrauch ein wachsendes Problem. Von fossilen Großprojekten im Straßenbau über Skigebietsverbauungen bis zu immer neuen Supermärkten am Ortsrand verliert Österreich tagtäglich im Schnitt 13 Hektar Boden.
„Österreich ist schon lange kein Umweltmusterland mehr. Der Flächenfraß zerschneidet und zerstört wertvolle Lebensräume für Wildtiere und beraubt sie damit ihrer Lebensgrundlage“, kritisiert WWF-Bodenschutz-Sprecherin Maria Schachinger. Ganz besonders schlecht ist es um die Flüsse bestellt, die durch den extremen Ausbau der Wasserkraft immer mehr verbaut werden. Nur noch 15 Prozent der Flüsse sind ökologisch intakt. Laut einer BOKU-Studie gelten rund 60 Prozent der heimischen Fischarten als gefährdet, stark gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. „Wir haben beim Bodenverbrauch längst jedes naturverträgliche Maß überschnitten. Daher braucht es auch hier einen Systemwechsel“, fordert WWF-Bodenschutz-Sprecherin Maria Schachinger.
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