Australien ist von den Folgen des Klimawandels besonders stark betroffen - unternahm bislang jedoch wenig. Das soll sich ändern: Das Repräsentantenhaus hat erstmals ein Klimagesetz auf den Weg gebracht.
Das Repräsentantenhaus in Australien hat zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ein Klimagesetz verabschiedet. Mit 89 gegen 55 Stimmen wurde der Gesetzentwurf nach mehreren Änderungen in der Hauptstadt Canberra angenommen. Die im Mai angetretene Labor-Regierung will damit ihre Vorhaben im Kampf gegen den Klimawandel - insbesondere eine Senkung der CO2-Emissionen um 43 Prozent bis 2030 - in einem nationalen Gesetz verankern. Das Gesetz wird Mitte September noch der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, vorgelegt.
Premierminister Anthony Albanese sprach nach der Abstimmung im Parlament von der "Erfüllung eines Kernversprechens", das seine Partei den Wählern gemacht hatte. "Dieses Gesetz zu verabschieden, sendet eine großartige Botschaft an die Menschen Australiens - nämlich, dass wir wirklich etwas gegen den Klimawandel unternehmen." Albanese will den CO2-Ausstoß Australiens bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu senken.
Kohleabbau im Sinne der Wirtschaft trotzdem nicht gestoppt
Die konservative Vorgängerregierung von Scott Morrison stand wegen ihrer zögerlichen Haltung in der Klimapolitik massiv in der Kritik. Allerdings sagte auch Albanese zuletzt in einem Interview mit dem Sender ABC, dass er den von Klimaexperten kritisierten Kohleabbau nicht stoppen wolle, um die Wirtschaft nicht zu belasten.
Australiens Grüne drängen auf mehr Klimaschutz
Bis zuletzt war unklar, ob auch die Grünen das Gesetz mittragen würden. In wochenlangen Verhandlungen hatte die Partei zunächst darauf gedrängt, den Ausstoß von Treibhausgasen sogar um 75 Prozent zu senken, was Labor allerdings ablehnte. Erst gestern Abend sicherte Grünen-Chef Adam Bandt die Unterstützung seiner Partei schließlich zu.
Der Grünen Chef Adam Bandt appelierte: "Wenn wir die 2-Grad-Marke (der Erderwärmung) erreichen, müssen wir dem Great Barrier Reef Lebewohl sagen und Teile Australiens könnten unbewohnbar werden, wenn wir darüber hinausgehen." Der Kampf gegen die Eröffnung neuer Kohle- und Gasminen durch Labor gehe jedoch weiter. Auch parteilose Politiker betonten, dass die Emissionsziele als Minimum mit viel Luft nach oben verstanden werden müssten.
Auswirkungen des Klimawandels in Australien
Australien hat die Auswirkungen des Klimawandels in den vergangenen Jahren stark gespürt: 2019 verwüsteten riesige Wald- und Buschbrände im Osten des Landes ein Gebiet der Größe Finnlands, im Februar 2022 richteten Überschwemmungen schwere Schäden an. Kürzlich wurde eine erneute massive Korallenbleiche am Great Barrier Reef bekannt, wobei rund 90 Prozent des australischen Great Barrier Reefs von Korallenbleiche betroffen sind. Eine für diese Jahreszeit ungewöhnliche Hitzewelle mit Temperaturen von fast 50 Grad Celsius stresst das Riff. Von den 719 untersuchten Riffen wiesen 654 - oder 91 Prozent - einen gewissen Grad an Korallenbleiche auf. Die Bleiche ist ein Phänomen, das auftritt, wenn die Korallen gestresst sind und die in ihnen lebenden bunten Algen abstoßen.
Korallenwuchs
Nach Angaben der Forscher wird der vom Menschen verursachte Klimawandel durch extreme Klimaphänomene wie Zyklone und Hitzewellen noch verschärft, die immer häufiger auftreten und intensiver werden. Die meisten Meeresorganismen und -lebensräume könnten sich nicht an die sich schnell verändernden Bedingungen anpassen. Die Forscher haben Methoden entwickelt, um Korallenlaich zu fangen, ihn in Aquakultur aufzuziehen und dann in zerstörte Riffe zu verteilen. Das könne kurzzeitig helfen. Aber langfristig müsse der Treibhausgasausstoß reduziert werden.
Die Zahlen, die das Australian Institute of Marine Science (AIMS) Anfang August veröffentlichte, waren auf den ersten Blick ermutigend: Im Norden und im Zentrum des Great Barrier Reef hat die Korallen-bedeckung zugenommen. Derzeit sind im Norden des Riffs beispiels-weise 36 Prozent mit Korallen bedeckt, ein Rekord, seitdem die Überwachung des Riffs vor über drei Jahrzehnten begann. Bisher waren es meist nur zwischen 20 und 30 Prozent.
Der Schein könnte auch trügen
Vor allem im Internet wurde die Nachricht gefeiert: Denn das Great Barrier Reef, das aus 3000 Einzelriffen besteht und die Heimat von 1500 Fischspezies und 400 Korallenarten bildet, ist nicht nur für Australiens Biodiversität von höchster Wichtigkeit – auch der wirtschaftliche Aspekt für die Menschen ist nicht zu unterschätzen: 60.000 Menschen in Australien arbeiten in einem Beruf, der mit dem Great Barrier Reef in Verbindung steht.
In den Tagen nach der Veröffentlichung reagierten mehrere Forschende jedoch mit Vorbehalt auf diese Auslegung. Ein Rekordhoch der Korallenbedeckung in Teilen des Great Barrier Reef bedeute nicht unbedingt, „dass unser geliebtes Riff bei guter Gesundheit ist“, schrieb Zoe Richards, eine Forscherin der Curtin University, im akademischen Fachmagazin „The Conversation“. Eine hohe Korallenbedeckung könne „trügerisch“ sein, da sie von nur wenigen dominanten Arten stammen könnte, die nach einer Störung wie beispielsweise einer Massenbleiche schnell wachsen würden. „Dieselben Korallen sind jedoch extrem störanfällig und werden wahrscheinlich innerhalb weniger Jahre aussterben“, so Richards.
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