Rodung treibt Klimakrise voran

Klima und Arten brauchen ein EU-Gesetz für weltweiten Waldschutz

02.05.2022

Ein starkes EU-Gesetz für weltweiten Waldschutz ist dringend nötig, um gegen die Wald- und Naturzerstörung sowie die Verletzung von Menschenrechten anzukämpfen.

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Für Produkte auf dem EU-Markt werden im Rekordtempo Wälder weltweit vernichtet. Das #Together4Forests Bündnis hat im Februar 2022 mit einer europaweiten Aktion darauf aufmerksam gemacht, dass alle zwei Sekunden eine Waldfläche so groß wie ein Fußballfeld verschwindet. Die Klima- und Artenkrise hat sich daher die letzten Jahre deutlich zugespitzt. Fast 90 Prozent der weltweiten Abholzung sind durch die Expansion von Rohstoffen und Produkten aus der Landwirtschaft zu verantworten. Die Produktion von Waren wie Palmöl, Kakao, Fleisch, Holz, Kautschuk oder Soja ist häufig mit der Zerstörung von Wäldern und anderen natürlichen Ökosystemen verbunden. In der EU wiederum werden diese Produkte viel konsumiert bzw. weiterverarbeitet.

Waldvernichtung beschleunigt Klimakrise

Einem WWF-Report zufolge ist die EU nach China der weltweit größte Importeur von Produkten, die aus Regenwaldzerstörung stammen. 2017 war die EU für 16% der Regenwaldabholzung verantwortlich. Die Waldvernichtung nimmt nicht nur vielen Tierarten ihren Lebensraum, sondern beschleunigt auch die Klimakrise und führt zu einem starken Verlust der Artenvielfalt. Zudem ist sie oft mit Menschenrechtsverletzungen gegenüber der lokalen oder indigenen Bevölkerung verbunden. Es braucht daher verbindliche, gesetzliche Richtlinien, die sicherstellen, dass zumindest die Produkte, die auf den EU-Binnenmarkt gelangen, nicht mit Naturvernichtung und Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen.

Die EU-Kommission hat ihren Vorschlag zum EU-Gesetz für weltweiten Waldschutz im November 2021 veröffentlicht. Das EU-Parlament und Vertreter:innen der EU-Mitgliedsstaaten werden in den kommenden Monaten verhandeln und beraten, Änderungen vornehmen und über das Gesetz abstimmen. 

Während die Umweltminister:innen der EU am 17. März über das Gesetz diskutierten, machten sie sechs Kletter:innen von Greenpeace darauf aufmerksam, dass die Uhr für die Wälder dramatisch tickt. Am EU Ratsgebäude installierten sie einen Live-Ticker der weltweiten Waldzerstörung: während des ca. anderthalbstündigen Meetings wurden etwa 1.750 Hektar Wald vernichtet - eine Fläche halb so groß wie Brüssel. Die Aktiven fordern die Umweltminister:innen auf, sich für ein starkes Gesetz ohne Schlupflöcher einzusetzen und nicht vor den Lobbyinteressen der Industrie einzuknicken. Erst kürzlich hatte Greenpeace aufgedeckt, wie große Agrarkonzerne und Sojahändler wie Cargill und Bunge das Gesetz abschwächen wollen.

Negativrekorde in der Abholzung

Mitte April wurde der nächste Negativ-Rekord bekannt: 941 Quadratkilometer seien im ersten Quartal dieses Jahres im brasilianischen Regenwald abgeholzt worden, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf INPE-Daten berichtet. Das sei der größte Waldverlust in der Region mindestens seit 2016.
Eine winzige positive Nachricht hat sich in der Statistik dennoch versteckt: Immerhin sei im März 2022 15 Prozent weniger Waldfläche verschwunden als im März des Vorjahres. Doch das hat offenbar nicht gereicht um die rücksichtslosen Rodungen der Monate Januar und Februar auszugleichen.

Palmöl verantwortlich für Waldrodungen

Das meistverwendete Pflanzenöl weltweit ist Palmöl. Es ist in großen Teilen für die Abholzung in Indonesien und Malaysia verantwortlich. Illegaler Anbau von Ölpalmen-Plantagen auf geschützten Waldgebieten ist die letzten Jahre mehr zur Regel als zur Ausnahme geworden. Sogar zertifiziertes Palmöl kann aus Regenwaldzerstörung stammen. Auch die Kautschuk-Industrie ist ein Antreiber für die Waldvernichtung.
Neben Palmöl und Kautschuk trägt auch der Anbau von Kakaoplantagen zur Rodung des Regenwaldes bei. Vor allem in Westafrika läuft die Waldzerstörung auf Rekordniveau – Konzerne schrecken auch hier vor illegalem Anbau in geschützten Wäldern oder Nationalparks nicht zurück.

Konsum bremsen

Dass der Anbau von Soja (genutzt vor allem als Tierfutter) mit Zerstörung von Regenwäldern und anderen natürlichen Ökosystemen wie den Savannenwäldern im brasilianischen Cerrado einhergeht und somit Tieren ihren Lebensraum nimmt und die Rechte Indigener verletzt, ist gut dokumentiert. Vor allem aber befeuern die Produktion und der Konsum von Fleisch und Leder die Vernichtung der Regenwälder im Amazonasbecken. Ein Drittel der 200 Millionen Rinder in Brasilien weiden heute dort, wo früher Regenwald war.
Leider tragen EU-Bürger:innen - meist unbewusst - durch ihren Konsum zur Waldzerstörung bei. Unternehmen haben trotz gegenteiliger Versprechen bislang kaum einen wirksamen Beitrag geleistet, um die Wälder zu schützen. Nun muss die Politik dringend handeln. Damit Verbraucher:innen künftig keine Produkte mehr kaufen, die in Zusammenhang mit Waldzerstörung stehen, benötigen wir ein starkes EU-Gesetz für weltweiten Waldschutz.

Der vorgelegte Entwurf enthält bereits positive Elemente, die auf besseren Waldschutz weltweit hoffen lassen. Gut ist, dass es einen klaren Bezug zu Waldzerstörung gibt, egal ob sie legal oder illegal erfolgt. Positiv ist darüber hinaus, dass Unternehmen ihre Lieferketten nachvollziehbar machen müssen und die Produkte bis zum Ort der Produktion - also beispielsweise einer Plantage - zurückverfolgen müssen. Gut ist auch, dass Unternehmen, die mit zertifizierten Produkten handeln, nicht von Sorgfaltspflichten ausgenommen werden. Denn Zertifizierungssysteme stellen überwiegend leider nicht sicher, dass die Produkte nicht mit Waldzerstörung und Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen.

Unterstützen auch sie die Petition zum Stopp der Waldzerstörung! 

Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 01. Mai 2022, hier in voller Länge sehen. Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 08. Mai 2022, 18:30 Uhr.  

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