Mit dem Pandemievirus stecken sich immer mehr Arten an.
Theoretisch könnten mehr als 500 Spezies als Reservoir für den Erreger dienen. Welche Rolle spielen sie in der Entwicklung von Omikron?
Omikron gibt, so die deutsche F.A.Z., den Forschern Rätsel auf. Das Erbgut der neuen Virusvariante hat sich so stark verändert, dass sich im Stammbaum des Erregers eine große Lücke zeigt: Trotz der mittlerweile knapp sechs Millionen vorhandenen SARS-CoV-2-Genome kennt man keine Zwischenstufen.
Mehr als fünfzig Mutationen hat Omikron im Vergleich zum ursprünglichen SARS-CoV-2 angesammelt. Über den Ursprung der neuen Variante gibt es derzeit drei Hypothesen:
Das Virus könnte sich ein Jahr lang unbemerkt entwickelt haben. Es könnte in einer immungeschwächten Person entstanden sein oder aber in Tieren. Das hieße, SARS-CoV-2, das ursprünglich wahrscheinlich aus Fledermäusen über einen Zwischenwirt in den Menschen sprang, wäre in ein weiteres Tier gesprungen, hätte sich an den neuen Wirt angepasst, um von dort zurück in den Menschen zu gelangen.
Omikron-Risiko sehr hoch
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das globale Risiko durch die neue Corona-Variante Omikron als „sehr hoch“ eingeschätzt. Dabei wissen wir derzeit noch wenig darüber, wie sich die Variante auf den Verlauf der Pandemie auswirken wird, ob sie zum Beispiel wirklich sehr ansteckend ist oder sie dem Immunschutz durch die Impfung entkommt.
Dennoch hat die WHO einen Grund für diese Einschätzung: Die vielen Mutationen, die die Variante aufweist. Allein am Spike-Protein sind mehr als 30 Mutationen. Es sitzt auf der Oberfläche des Virus und ist für das Andocken an und Eindringen in körpereigene Zellen entscheidend.
Unter den Veränderungen am Spike-Protein von Omikron gibt es solche, von denen bekannt ist, dass sie mit einer stärkeren Übertragbarkeit und Immunescape in Verbindung stehen. Die Bedeutung anderer Mutationen von Omikron ist bisher unklar. Generell gibt es zu der Variante momentan mehr Fragen als Antworten.
Eines dieser bisher ungelöstes Rätsel, berichtet das Focus-Magazin, ist, wie es dazu kommen konnte, dass in der neuen Variante so viele Mutationen zu finden sind. Dazu gibt es derzeit zwei verschiedene Thesen.
These 1: Das Virus hat sich in einem immungeschwächten Patienten stark verändert
Eine der derzeit diskutierten These ist, dass sich Omikron in einem Patienten mit HIV oder einer anderen Form der Immunschwäche entwickelt habe. Das sei denkbar und wahrscheinlich, ähnliche Befunde seien in anderen Fällen bereits publiziert worden, sagte etwa Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI).
In Menschen mit geschwächtem Immunsystem könne sich das Virus über viele Wochen vermehren, so Watzl. „Dabei können immer wieder vereinzelt Mutationen auftreten, die dem Virus eventuell keinen Vorteil bringen, die sich aber aufgrund der fehlenden Kontrolle durch das Immunsystem dennoch weiter vermehren können.“ Damit könnten zusätzliche Mutationen entstehen, die dann in der Kombination eventuell einen Vorteil brächten.
"Immungeschwächte Patienten sind für Viren so etwas wie ein evolutionärer Fitnessraum", erklärt Sharon Peacock, wie der deutsche "Tagesspiegel" dazu berichtete. Auch die Professorin an der Universität Cambridge hält die These der Entstehung Omikrons in immungeschwächten Menschen daher für plausibel. Belegen lasse sie sich jedoch nicht.
Der Virenevolutionsspezialist Richard Neher erklärt im Interview mit dem Magazin „Spiegel“ ebenfalls: „Eine Hypothese ist, dass sich das Virus in einer Person entwickelt haben könnte, die über ein geschwächtes Immunsystem verfügt. Solche Personen können unter einer chronischen Infektion leiden, dann kann sich das Virus ungestört vervielfältigen und mutieren." Allerdings weist der Virenevolutionsexperte auch auf eine zweite Möglichkeit hin, nämlich dass das Virus in einem Tier entstanden sein könnte.
These 2: Omikron hat sich in Tieren entwickelt
"Auch ein Überspringen auf ein Tier, in dem das Virus mutierte und später zurück auf den Menschen überging, ist nicht ausgeschlossen", sagt Neher dem "Spiegel".
Dass das Coronavirus vom Menschen auf Tiere übertragen kann, hat sich bereits gezeigt. So gab es zum Beispiel einen größeren Ausbruch in einer Nerzfarm in Dänemark. Experten halten es für möglich, dass das Virus in Tieren zirkulierte und dabei verschiedene Mutationen entstanden, bevor es wieder auf den Menschen übersprang.
Allerdings gibt Virenevolutionsexperte Neher zu Bedenken, dass es zum jetzigen Zeitpunkt keinen Hinweis darauf gebe, dass die Immunschwäche- oder die Tier-Hypothese zutreffe. "Man bewegt sich da schnell im Bereich der Spekulation."
Es könnte auch sein, dass Vorläufer von Omikron bereits länger kursieren und so die vielen Mutationen anhäufen konnten - ohne, dass es jemand festgestellt hat. Schließlich wird meist nur ein geringer Teil der Proben sequenziert. Diese Hypothese ist jedoch unwahrscheinlich, da dennoch zumindest ein Vorläufer von Omikron sonst bereits bekannt geworden sein müsste.
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