Dem VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN (VGT) wurden Fotos und Videos aus Rindermastbetrieben in Österreich zugespielt. Die Aufnahmen zeigen, wie es bei der Mast von Stieren hinter den verschlossenen Stalltüren wirklich zugeht.
Viele Stiere, die in der Rindermast in Österreich gehalten werden, müssen ihr kurzes Leben von ein bis zwei Jahren in kleinen Boxen auf verschmutzten Vollspaltenböden leben. Sie können sich nicht ausreichend bewegen, sie können ihr Sozialverhalten nicht ausleben, sie haben keine ausreichende Beschäftigung. Diese Haltungsform ist aus Sicht des VGT tierquälerisch, weil den Tieren offensichtlich Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt werden. Trotzdem ist diese Haltungsform gesetzlich erlaubt.
Das Tierleid in der österreichischen Rindermast
Die vom VGT veröffentlichten Fotos und Videos aus einigen niederösterreichischen Rindermastställen zeigen Stiere, die in kleinen Gruppen in engen, sogenannten Buchten auf Vollspaltenböden aus Beton leben müssen. „Vollspaltenbodenlaufstall“ wird diese Haltung in der Branche genannt. Das ist die in Österreich am weitesten verbreitete Haltung für Mastrinder. Bei manchen Vollspaltenplatten sind Gummiauflagen zu sehen. Erich Schacherl, VGT-Experte für Rindermast: Der harte Vollspaltenboden ist vollkommen artwidrig. Veterinärmedizinische Studien1 zeigen, dass die Zahl an Gelenkserkrankungen, Klauen-und Schwanzspitzenverletzungen auf Beton-Vollspaltenboden deutlich erhöht ist. Die Körper der Tiere sind nicht auf ein Leben auf Beton-Spalten ausgelegt. Die Untersuchungen zeigten außerdem, dass Mastrinder auf Vollspaltenboden sich weniger häufig hinlegen und öfters Probleme beim Ablegen und Aufstehen haben. Das ist für die wiederkäuenden Rinder besonders dramatisch.
Vollspaltenbodenhaltung laut Expert:innen nicht tiergerecht
Auch Expert:innen der Wirtschaftskammer, der Agrarmarkt Austria, der Universität für Bodenkultur Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien beurteilen die Haltung von Rindern auf Vollspaltenböden als „nicht tiergerecht“. Ein paar Zitate von Wikimeat.at, eine Plattform für Expert:innen unterschiedlicher Fachrichtungen zum Thema Fleisch bestärken die Kritik des VGTs:
„Vollspaltenbodenhaltung ist kein tiergerechtes Haltungssystem.“ Und „Folgeerscheinungen (aus der Vollspaltenbodenhaltung) sind Verhaltensabweichungen, Verhaltensstörungen und haltungsbedingte Schwanzspitzenentzündungen.“ Und weiter: „Das Liegen und Stehen auf den harten Betonspalten ist nicht tiergerecht. Für Qualitätsfleischprogramme mit dem Augenmerk auf tiergerechte Haltungsumwelt sind vollperforierte Haltungssysteme auszuschließen.“
Anstelle von weichem Naturboden, gibt es mit Kot und Urin verschmutzten, harten Vollspaltenboden für die Tiere. Die gesetzlich vorgeschriebenen trockenen Liegeflächen fehlen oft. Statt genügend Bewegungsmöglichkeit gibt es enge Boxen, in denen den Rindern einige wenige Quadratmeter Bewegungsfläche zur Verfügung stehen. Das reicht nicht aus, um ihr artspezifisches Bewegungsbedürfnis ausleben zu können. Das reicht auch nicht aus, um das für Rinder als Herdentiere so wichtige Sozialverhalten ausleben zu können. Erich Schacherl sagt dazu: Für die jungen Rinder ist die Haltung in den engen Buchten äußerst belastend. Die Tiere können sich nicht aus dem Weg gehen, soziale Konflikte können nicht aufgelöst werden. Das führt zu Stress. Auch natürliches Spielverhalten ist in der Enge der Buchten kaum möglich.
Irreführende Werbeversprechen
Seit Jahren lautet die Werbebotschaft im Kampf um die Euros der Konsument:innen im Lebensmittelhandel wie in der Gastronomie: Das Fleisch der Rinder stammt zu 100 Prozent aus Österreich. Die Lockbotschaften der Werbung versprechen höchste Qualität, einzigartigen Genuss und besten Geschmack. Dazu sind dann auch die Bilder der Rinder auf Wiesen in der Natur zu sehen, wo sie viel Platz haben, grasen können, gemütlich im Gras liegen und wiederkäuen. Die Bilder der Aufdeckung zeigen, dass die Realität für den Großteil der Mastrinder anders ist.
Der Konsum von Rindfleisch liegt im Trend. Österreicher:innen essen im Durchschnitt 11 Kilogramm Rindfleisch pro Jahr. In Österreich gibt es 53.656 Betriebe, in denen 1.870.100 Rinder leben (Stichtag: 1. Dezember 2021). Dabei eingerechnet sind auch Betriebe und Rinder, die der Milchproduktion zuzurechnen sind. Die durchschnittliche Bestandsdichte der Betriebe liegt bei 35 Rindern. Die meisten Tiere leben in Oberösterreich (551.000), Niederösterreich (418.000) und der Steiermark (304.000). Mehr als 646.000 Rinder werden für die Fleischproduktion in Österreich jedes Jahr geschlachtet. Österreichische Rindermäster produzieren deutlich mehr Rindfleisch, als im Land verbraucht wird. Der Versorgungsgrad an Rindfleisch liegt bei 145 Prozent. Österreich exportiert mehr als doppelt so viel Rindfleisch (gekühlt und gefroren) wie es importiert.
Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 03. April 2022, hier in voller Länge sehen.
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