Nach Angaben von Tierschutzorganisationen ist die Zahl der Berggorillas seit Jahrzehnten das erste Mal wieder auf über 1000 Tiere gestiegen. Die meisten von ihnen leben geschützt im tropischen Vulkan-Nationalpark im Dreiländereck von Ruanda, Uganda und Kongo.
Das Binnenland Ruanda ist in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Reiseziel geworden. 2018 kamen 1,7 Millionen Touristen aus der ganzen Welt, fast dreimal so viele wie 2010. In diesem Jahr war mit einem weiteren Anstieg gerechnet worden, doch die Corona-Pandemie brachte den Tourismus abrupt zum Stillstand. Ruanda ist jetzt aber immerhin das erste Land Ostafrikas, das die Grenzen wieder für internationale Besucher geöffnet hat, wobei strenge Einreise- und Hygieneregeln gelten.
Der Amahoro-Clan, eine von zehn Gorilla-Gruppen in Ruanda, die von Touristen besucht werden, kümmert sich kaum um seine menschlichen Besucher – selbst nach Monaten, in denen der Nationalpark geschlossen war. Auch während des landesweiten Lockdowns verfolgten Tracker und Ranger die Wanderungen der an Menschen gewöhnten Gruppen.
Wie Berggorillas zum Motor des Ruanda-Tourismus wurden
"Die Gorillas bedeuten uns alles", sagt Gorilla-Guide Munyaneza. Auf schlammigen Trampelpfaden führt er nach einer Stunde Ausflug die Touristen zurück durch das üppige Grün des Bergwalds. Die Menschenaffen sind in den letzten Jahren zum Motor des Ruanda-Tourismus geworden. 1500 US-Dollar zahlen ausländische Gäste heute wie schon vor der Pandemie für eine Begegnung mit ihnen.
Ruanda hatte in den letzten Jahren einen regelrechten Gorilla-Boom erlebt. Das kleine ostafrikanische Land setzte die Menschenaffen erfolgreich als weltweite Botschafter ein und zielte dabei vor allem auf vermögende Touristen. Berggorillas kommen neben Ruanda nur in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo und in Uganda vor. Die meisten leben an den Virunga-Vulkanen im Grenzgebiet, die mehr als 4500 Meter aufragen. Durch ihre wirtschaftliche Bedeutung und strenge Schutzmaßnahmen stieg die Zahl der Tiere zuletzt auf mehr als 1000. Damit sind die Berggorillas die einzigen Menschenaffen der Erde, deren Zahl zuletzt zugenommen hat. Wenn man die Zahl der Virunga-Gorillas und der Bwindi-Gorillas zusammenzählt, die beide zu den Berggorillas gehören, gibt es nun über 1000 Tiere - eine der seltenen Erfolgsgeschichten im Naturschutz, obwohl die Wildtiere in der Demokratischen Republik Kongo noch sehr gefährdet sind. Martha Robbins, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig: "Dieser Anstieg ist ein Beispiel für die engagierten Bemühungen der Regierungen von Ruanda, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo - und dabei insbesondere auch für die harte Arbeit des Parkpersonals vor Ort. Der Anstieg zeigt auch, dass aufwändige Schutzbemühungen, einschließlich Tourismus, Veterinärarbeit und Gemeinschaftsprojekten, tatsächlich einen positiven Einfluss auf das Überleben unserer nächsten lebenden Verwandten haben können."
Zehn Prozent aller Gorilla-Einnahmen durch Touristen gehen direkt an die umliegenden Dörfer. Machen sich Affen oder Büffel über die Felder der Bauern her, werden diese entschädigt. Der Rückhalt für den Naturschutz ist groß. Arbeitsstellen im Tourismus sind angesehen und ernähren nicht selten ganze Großfamilien.
Die Pandemie hat die über Jahre gewachsene Gorilla-Euphorie jäh beendet. Waren 2017 bis 2019 jedes Jahr zwischen 30.000 und 36.000 Touristen in den Vulkan-Nationalpark gekommen, so werden es in diesem Jahr nach bisherigen Zahlen wohl nicht viel mehr als 10.000 werden. Ruanda hatte am 21. März als erstes Land in Subsahara-Afrika einen strikten nationalen Lockdown verhängt. Seither hat das Land, das kleiner als Brandenburg, jedoch mit mehr als 12 Millionen Menschen der am dichtesten bevölkerte Staat Afrikas ist, die Pandemie mit rigoroser staatlicher Härte und augenscheinlichem Erfolg bekämpft. Strikte Hygienevorschriften und eine allgemeine Maskenpflicht sind bis heute in Kraft und werden weitgehend eingehalten. Ruanda war das einzige Land in Subsahara-Afrika, aus dem bereits seit Juli wieder eine Einreise in die EU möglich war. Es stand nie auf der Liste der Risikogebiete des Robert Koch-Instituts.
Wie Touristen werden auch Tracker und Nationalpark-Mitarbeiter regelmäßig getestet. Nziza ist Ruandas vorsitzender Veterinär der Tierschutzorganisation "Gorilla Doctors", die die Gesundheit der Menschenaffen überwacht. Er habe Angst, dass Covid-19 auf die Population übertragen werden könne, sagt er. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass das Virus für Gorillas ansteckend sein kann. "Eines der Dilemmata mit Infektionskrankheiten ist, dass wir die einzelnen Gruppen hier nicht einfach wie auf einer Insel isolieren können", sagt Nziza. Die Gorilla Doctors haben insgesamt etwa 250 Gorillas auch auf Coronaviren getestet, meist auf Basis von Kotproben, die in einem spezialisierten Labor ausgewertet werden. Positiv auf Covid-19 war bisher keiner.
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Zwischen dem Vier- und dem Dreitausender hatte Dian Fossey einst ihr Lager unter den Berggorillas aufgeschlagen. Bereits zu Lebzeiten der berühmten Primatologin, die 1985 ermordet wurde, war der Dschungel am Fuß der-Vulkane abgeholzt. Das Wiederaufforstungsprojekt wurde in den letzten Jahren rund um die luxuriöse Bisate-Lodge von Wilderness Safaris realisiert. Wie gigantische Webervogelnester kleben ihre Rundvillen an einem inzwischen wieder bewaldeten Hang mit einzigartiger Fernsicht. Für ihre extravagante Architektur und ihr Innendesign setzte der Südafrikaner Nicholas Plewman ganz auf Naturmaterialien. Vorbild war der einstige ruandische Königspalast in Nyanza.
Die royalen Übernachtungspreise für Gäste in Bisate fließen teils nicht nur in die Wiederaufforstung, sondern auch in die Förderung von Schulkindern und eine nachhaltige Dorfentwicklung. Die Betreiber der Lodge hoffen, dass Bisate irgendwann über einen Wildtierkorridor mit dem Nationalpark verbunden werden kann. Hoffentlich ensteht dann wieder ein Urwald, in dem dann auch Gorillas zu Hause sind.