Tote Huskys von Dobel
Schlittenhundeführerin verurteilt
05.06.2023In der Nacht vom 23. auf den 24. Juli 2021 starben im baden-württembergischen Dobel zwölf von insgesamt 26 Hunden. Die zwölf Hundeleichen wurden von ihrer Halterin, einer Schlittenhundeführerin, in der Umgebung von Dobel vergraben.
This browser does not support the video element.
Nach einer Strafanzeige von PETA im August 2021 und Whistleblower-Hinweisen ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Hunde an Überhitzung und Ersticken gestorben sind. Wegen 26-fachen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz legte sie im vergangenen Jahr ein Strafmaß von 150 Tagessätzen fest. Weil die Beschuldigte Einspruch dagegen einlegte, wurde der Fall diese Woche vor dem Amtsgericht Calw verhandelt. Der Richter sah die Schuld der Angeklagten gemäß § 17 / 2b des Tierschutzgesetzes als erwiesen und legte ein Strafmaß von 90 Tagessätzen à 50 Euro fest. Den Ausgang der Verhandlung kommentiert Peter Höffken, Fachreferent bei PETA:
Qualvoller Tod
„Endlich herrscht nun Klarheit, dass die Schlittenhundeführerin ihre Huskys über Nacht in den engen Boxen im Transportfahrzeug abstellte und infolgedessen zwölf von ihnen qualvoll starben. Auch die überlebenden Tiere dürften erheblich gelitten haben. Über Monate behauptete die Angeklagte, dass die Hunde vergiftet wurden – heute vor Gericht war dies jedoch kein Thema mehr. Angesichts des immensen Leids der Hunde ist das ermäßigte Strafmaß in Höhe von 90 Tagessätzen enttäuschend. Auch weil die Halterin bereits 2013 vom Veterinäramt Calw eine anlassbezogene Ermahnung erhielt, die Hunde nicht im Transporter abzustellen. Dennoch will die in unseren Augen unverbesserliche Tierhalterin offenbar weiterhin an Hundeschlittenrennen teilnehmen. Deshalb wird sich PETA beim zuständigen Veterinäramt für ein Tierhalteverbot einsetzen. Der qualvolle Tod der Hunde in Dobel zeigt auch einen grundsätzlichen Missstand auf: Für Rennen mit sogenannten Schlittenhunden werden Tiere immer wieder in winzige Transportboxen gepfercht und unter tierschutzwidrigen und teils lebensbedrohlichen Bedingungen über Hunderte Kilometer umhergekarrt. Die Rennen, das Training und die Transporte haben nichts mit einer tiergerechten Hundehaltung zu tun. Wir fordern als Konsequenz dieser Tragödie, dass Hundeschlittenrennen in Deutschland untersagt werden.“
Viele Hunde, die für Schlittenfahrten und -rennen missbraucht werden, sind keine „reinrassigen“ Tiere. Besonders für Kurz- und Mittelstrecken werden die schnellsten und „leistungsstärksten“ Hunde eingesetzt, unabhängig von der Rasse. Bei Langstreckenrennen wie dem tierquälerischen Iditarod werden vermehrt nordische Schlittenhunderassen benutzt, die ausdauernder sind – wie beispielsweise der Alaskan Malamute, Husky, Grönlandhund oder der Samojede.
Iditarod-Rennen Alaska
Das eindeutigste Beispiel für Tierquälerei bei Schlittenhunderennen ist das Iditarod-Rennen in Alaska. Dort leidet eine Vielzahl der Hunde unter schmerzenden Verletzungen, die oft nicht behandelt werden. Die Tiere werden dauerhaft angekettet und haben keinen geschützten Unterschlupf in der eisigen Kälte. Die meisten rennen an der Kette ständig im Kreis und bekommen nur wenig Schlaf. Auch Hunde, die völlig dehydriert sind, müssen bei dem Rennen Hunderte Kilometer zurücklegen – durch eiskalte Winde und Schneestürme sowie über gefährliche Eisflächen. Die sensiblen Hundepfoten sind oft blutig vom scharfkantigen Eis, über das sie laufen müssen, die Tiere erleiden Muskelzerrungen, Stressfrakturen, erkranken an Darmviren oder blutigen Magengeschwüren, weisen gerissene Achillessehnen auf, erleiden Dehydrierung, Durchfall, Hypothermie, Gelenkentzündungen und wunde Stellen an den Schultern. Seit dem Start des Rennens in den 1970ern sind mindestens 150 Hunde beim Iditarod gestorben. Dass nicht alle Hunde bei diesem grausamen Rennen lebend im Ziel ankommen, wird sogar in den Leitlinien festgehalten.
Kranke, alte und zu langsame Hunde aussortiert
Hunde, die aus Sicht ihrer Halter für Schlittenfahrten oder -rennen zu langsam oder nicht mehr geeignet sind, werden meist gewissenlos aussortiert. Nur wenige Tiere werden verkauft oder verschenkt, die meisten werden eingeschläfert, erschlagen, erschossen, ertränkt, zu Tode geknüppelt, ausgesetzt oder in bereits überfüllte Tierheime abgegeben. So ergeht es allein beim Iditarod-Rennen jedes Jahr über 500 Hunden, weil sie krank, verletzt oder von dem grausamen Rennen erschöpft sind. Der Hund, der keine Leistung bringt, ist wertlos für seine Halter und kostet damit nur unnötig Geld.
Widerliche Praktiken
Tausende von Hunden werden extra gezüchtet, um in Schlittenrennen mitzulaufen, aber nicht jeder Welpe ist ein geborener Läufer. Die Welpen, die das Pensum nicht schaffen, werden ausgemustert. Frank Winkler, der zweimal bei Iditarod teilnahm, wurde wegen 14 Fällen der Tierquälerei angeklagt, nachdem ein Veterinär eine Box mit toten und sterbenden Welpen in einem Truck gefunden hatte. Winkler gab an, es sich nicht leisten zu können, die Tiere euthanasieren zu lassen, und erschlug die Tiere deshalb scheinbar mit dem stumpfen Ende einer Axt. Gerichtsdokumenten zufolge sagte Winkler, dass er Hunde erschoss und damit nur den Ratschlägen von anderen Schlittenführern gefolgt sei. Dabei handelt es sich nicht um eine Ausnahme, sondern um die grausame Realität im sogenannten Schlittenhundesport. Auch bei kleineren Rennen in Deutschland leiden die Tiere oft unter ihren profitorientierten Haltern, die sie vernachlässigen und zum Sieg quälen.
Wie bei so vielen touristischen Attraktionen stecken hinter Schlittenhunde-Rennen ebenso wie beim Hundesport allgemein reine Profitgedanken. Unzählige Züchter, Händler und Hundehalter bereichern sich an der Hundesportindustrie auf Kosten der Tiere. Während die Tierheime bereits überfüllt sind und hunderttausende Hunde auf ein neues Zuhause warten, werden immer weiter Tiere für die Industrie gezüchtet – ob diese unter den Folgen der Zucht leiden oder nicht.
Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 04. Juni 2023, hier in voller Länge sehen.
Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 11. Juni 2023, 18:30 Uhr.