Tragödie für 69 trächtige Rinder nach vier Wochen Qual

28.10.2024

69 trächtige Rinder nach vierwöchigem Martyrium im bulgarisch-türkischen Grenzgebiet getötet.

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© gettyimages - John P Kelly
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Ein grausames Schicksal ereilte 69 trächtige Jungrinder aus Deutschland, die nach einem vierwöchigen Martyrium im Grenzgebiet zwischen Bulgarien und der Türkei getötet werden mussten. Der Vorfall ereignete sich Mitte Oktober 2024 und hat für Empörung unter Tierschutzorganisationen gesorgt. Die Organisationen Animals Angels und die Animal Welfare Foundation berichten, dass die Tiere aufgrund eines bürokratischen Fehlers wochenlang unter katastrophalen Bedingungen auf zwei Transportern ausharren mussten. Ihr Tod ist das tragische Ende einer Tortur, die sowohl auf menschliches Versagen als auch auf das fehlerhafte System der Tiertransporte in Drittstaaten zurückzuführen ist.

Die Rinder stammten aus Brandenburg, einer Region, die unter Quarantäne wegen der Blauzungenkrankheit steht. Obwohl die Tiere negativ auf die Krankheit getestet wurden, durften sie die türkische Grenze nicht passieren – ein Datenbank-Formfehler bei den Transportpapieren hatte dies verhindert. Doch auch Bulgarien weigerte sich, die Tiere zurückzunehmen. In der Folge steckten die Rinder wochenlang in ihren eigenen Exkrementen fest, bei extremer Hitze und ohne ausreichende Versorgung mit Wasser oder Futter. Einige Kälber, die während des Transports geboren wurden, starben inmitten dieser grausamen Zustände.

Ein erschreckendes Beispiel für das Versagen des Systems

„Es ist eine schreckliche, vermeidbare Katastrophe“, sagt Veronika Weissenböck, Kampagnenleiterin von VIER PFOTEN. „Die Tiere, die sich das erste Mal in ihrem Leben in einem Zustand der Trächtigkeit befanden, standen vier Wochen lang zusammengepfercht in ihren eigenen Fäkalien. Sie litten nicht nur unter den extremen Bedingungen, sondern mussten auch den Verlust ihrer gerade geborenen Kälber ertragen. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr das System der Tiertransporte versagt.“

Tierschutzorganisationen wie VIER PFOTEN und PETA fordern seit Jahren ein Verbot von Lebendtiertransporten in Drittstaaten, da die Tiere während der langen Transportwege regelmäßig schwerem Leid ausgesetzt sind. Besonders problematisch ist, dass die Transportwege oft über mehrere Länder hinweg führen, wo unterschiedliche Vorschriften und bürokratische Hürden aufeinanderprallen – wie es in diesem Fall geschehen ist. Hinzu kommt, dass die Schlachtbedingungen in vielen Drittstaaten nicht den europäischen Tierschutzstandards entsprechen. Tiere, die den Transport überleben, werden oft unter grausamen Bedingungen ohne Betäubung geschlachtet.

Die Rolle Österreichs in dieser Krise

Österreich ist ebenfalls tief in das System der Lebendtierexporte verstrickt. Laut Rinderzucht Austria wurden allein im ersten Halbjahr 2024 rund 8.500 österreichische Zuchtrinder in die Türkei exportiert, was etwa die Hälfte der insgesamt exportierten Rinder ausmacht. Auch hier ist die Gefahr groß, dass die Tiere während des Transportes oder am Bestimmungsort unter extremen Bedingungen leiden. Während die direkte Verbringung von Schlacht- und Masttieren aus Österreich in EU-Drittländer mittlerweile verboten ist, betrifft dieses Verbot nicht Zuchttiere, die am Ende ihres Lebens trotzdem geschlachtet werden. Zwei Drittel aller österreichischen Zuchtrindertransporte gehen weiterhin in Drittstaaten, in denen die klimatischen Bedingungen und die Tierschutzstandards meist weit von den EU-Vorgaben entfernt sind.

Im September 2024 erließ der österreichische Bundesminister Johannes Rauch eine neue Transportverordnung, die jedoch nicht ausreicht, um den systematischen Missständen entgegenzuwirken. „Lebendtiertransporte sind nach wie vor ein großes Problem“, erklärt Weissenböck. „Die Transportwege sind oft zu lang, die Versorgung der Tiere unzureichend, und wie dieser Fall zeigt, können sogar Datenbankfehler dazu führen, dass Tiere tagelang oder wochenlang unter grausamen Bedingungen festgehalten werden.“

Blauzungenkrankheit verschärft die Lage

Zusätzlich zur Problematik der Tiertransporte kommt ein neuer Ausbruch der Blauzungenkrankheit, der die Lage weiter verschärft. Diese Krankheit, die vor allem Rinder und Schafe betrifft, wurde kürzlich auch in Österreich bestätigt. Dadurch werden die Bewegungen von Tieren aus betroffenen Regionen weiter eingeschränkt, was zu noch mehr bürokratischen Hürden und potenziellen Missständen bei Tiertransporten führt. Die Tatsache, dass dieser aktuelle Vorfall auf einem Datenbankfehler basierte, zeigt, wie fragil das System ist.

Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 27.10.2024, hier in voller Länge sehen.
Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 03.11.2024, 18:30 Uhr    

Forderungen nach einem Verbot von Langstreckentransporten

Die Tierschutzorganisationen fordern dringend ein Ende dieser qualvollen Transporte. „Es ist an der Zeit, dass die EU endlich ein Verbot von Lebendtierexporten in Drittstaaten erlässt. Tiere sind keine Waren, die wie Fracht behandelt werden können“, sagt Weissenböck. Der Fall der 69 getöteten Jungrinder ist nur ein tragisches Beispiel von vielen. Solange die EU keine strikteren Maßnahmen ergreift, werden weitere Tiere auf diesen qualvollen Transporten sterben.
Die Tiere, die in den vergangenen Wochen auf den Transportern litten, sind zu Opfern eines Systems geworden, das die Bedürfnisse und das Wohlergehen von Lebewesen hinter wirtschaftlichen Interessen zurückstellt. Ihr Tod ist eine Mahnung, dass sich im Umgang mit Tieren auf internationalen Transportwegen grundlegend etwas ändern muss.

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