Wanderfische in Europa fast verschwunden

03.08.2020

Alarmierende Zahlen zum Artensterben in Flüssen: Wandernde Süßwasserfische gingen um 76 Prozent seit 1970 zurück.

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Der am 28. Juli 2020  veröffentlichte erste globale Zustandsbericht zu wandernden Süßwasser-Fischarten belegt die dramatische Entwicklung der Artenvielfalt in Fluss-Ökosystemen. Laut der gemeinsamen Studie der World Fish Migration Foundation, der Zoological Society of London, der Weltnaturschutzunion IUCN, The Nature Conservancy und dem World Wide Fund for Nature (WWF) sind die Bestände von Wanderfischen seit 1970 im globalen Schnitt um 76 Prozent zurückgegangen.

Besonders schockierend sind die Zahlen aus Europa, wo ein Minus von 93 Prozent verzeichnet wird. Hauptursachen sind das hohe Ausmaß der Flussverbauung sowie negative Effekte durch Übernutzung, Verschmutzung und Klimaerwärmung.

„Der drastische Rückgang der Wanderfische ist ein Alarmsignal für den Zustand unserer Flüsse. Wenn sich Fische aufgrund von Hindernissen nicht frei durch Flüsse bewegen können, gilt dasselbe auch für Wasser und Sediment. Gerade in Zeiten der Klimaerwärmung sind lebendige und klimafitte Flüsse unsere wichtigsten Helfer im Kampf gegen Hitze und Trockenheit“, sagt WWF-Gewässerschutzexperte Gerhard Egger und fordert ein Umdenken im Umgang mit der Ressource Wasser: „Flüsse müssen wieder stärker als Lebensraum wahrgenommen werden und nicht nur als Lieferanten von Kilowattstunden. Der künftige Ausbau der Wasserkraft muss daher strengen Kriterien für Naturverträglichkeit unterliegen. Gleichzeitig braucht es einen Abbauplan für veraltete Querbauwerke, um die Erholung der Artenvielfalt in unseren Flüssen zu ermöglichen.“

© Ratschan

Von den heimischen Fischarten zählen 14 Arten, wie der vom Aussterben bedrohte Huchen, zu den Mittelstreckenziehern mit Wanderrouten von 30 bis zu 300 Kilometern. Zu den betroffenen Langstreckenwanderern gehört der in Österreich bereits ausgestorbene Beluga-Stör oder der Aal. Der Rückgang der migrierenden Fischarten unterstreicht die bereits beobachtete allgemeine Negativentwicklung von Süßwasserlebensräumen. Auch in Österreich sind 60 Prozent der Flüsse in keinem guten ökologischen Zustand. Auf der anderen Seite gelten 60 Prozent aller Fischarten als gefährdet, stark gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht.

© Tim Watts

In Österreich ist laut WWF vor allem die anhaltende Wasserkraftexpansion problematisch. Der hierzulande erfolgte Ausbau ist mit mehr als 5.200 Anlagen bereits überdurchschnittlich hoch und wird trotz des besorgniserregenden Gewässerzustands weiter vorangetrieben.

„Entlang unserer Flüsse trifft man im Schnitt alle 900 Meter auf ein Hindernis. Dennoch sind hunderte weitere Wasserkraftwerke in Planung“, kritisiert WWF-Experte Egger. „Diese kurzsichtige Flussverbauung muss ein Ende haben. Die letzten intakten Gewässer müssen ebenso wie Schutzgebiete vom Kraftwerksbau ausgenommen werden.“ Aktuell besonders problematische Kraftwerkspläne finden sich etwa an der Oberen Mur in der Steiermark, einem der letzten intakten Laichplätze des Huchens, oder im Isel-Einzugsgebiet in Osttirol, wo der nicht-abgestimmte Wasserkraftausbau zur Gefahr für ein Natura 2000-Gebiet wird.

Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 2. August 2020, hier in voller Länge sehen.

Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 9. August, 18:30 Uhr.
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