Gesetzeswidrig
Wolfspärchen trotz Welpen zum Abschuss freigegeben
16.08.2022Der Abschuss von Elterntieren widerspricht dem Tierschutzgesetz und Jagdethos – der WWF fordert die Rücknahme des Tiroler Abschussbescheids und drängt auf Herdenschutzoffensive.
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In Tirol wurden die Wölfe mit der Bezeichnung 108 MATK und 121 FATK zum Abschuss freigegeben. Nun verdichten sich die Hinweise, dass es sich dabei um ein Pärchen handeln könnte, das derzeit Welpen führt. Die Naturschutzorganisation WWF Österreich kritisiert den Abschussbescheid als „kurzsichtigen Schnellschuss“, fordert dessen umgehende Rücknahme und stattdessen eine Herdenschutzoffensive:
„Das Wolfspärchen ist seit einem Jahr und auch während der Paarungszeit gemeinsam im Grenzgebiet Osttirol-Kärnten unterwegs. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass beide derzeit ihre Jungtiere aufziehen. Ein Abschuss würde den grausamen Hungertod der Jungwölfe bedeuten. Das ist weder mit dem Tierschutzgesetz noch mit dem Jagdethos zu vereinbaren. Es würde auch eine massive Verschlechterung des Erhaltungszustands nach europäischer Naturschutzrichtlinie bedeuten“, sagt WWF-Experte Christian Pichler.
Erstes Wolfsrudel in Österreichischen Alpen
Bestätigt sich der Jungtierverdacht, wäre es das erste Wolfsrudel im österreichischen Alpenraum. Die Naturschutzorganisation appelliert an das Land Tirol, “Sachverstand und Ruhe” walten zu lassen. Neben der ersatzlosen Rücknahme des Abschussbescheids soll das Wolfs-Monitoring intensiviert, Nutztierhalter*innen verstärkt informiert und im Aufbau von Schutzmaßnahmen unterstützt werden.
„Insbesondere Behirtung und Schutzhunde halten im alpinen Raum effektiv Wölfe ab. Zugleich ermöglicht eine konsequente Herdenführung ein besseres Weidemanagement und vermindert viel häufigere Todesursachen wie Krankheiten, Stein- oder Blitzschlag”, sagt Christian Pichler vom WWF.
Rolle im Ökosystem
Wölfe bereichern die Artenvielfalt und haben einen großen Mehrwert für die Natur. Als ‚Gesundheitspolizei des Waldes‘ halten sie den Wildbestand in guter Kondition und können die Ausbreitung von Krankheiten eindämmen oder sogar verhindern. Außerdem hinterlassen sie wichtige Nahrungsreste für andere Schlüsselarten wie Adler. Fehlen diese Interaktionen, wirkt sich das negativ auf natürliche Zusammenhänge in der Natur und damit auch auf den Menschen aus.
Verbreitung
Wölfe sind sehr anpassungsfähig und bewohnen die unterschiedlichsten Gegenden, von den arktischen Tundren bis zu den Wüsten Nordamerikas und Zentralasiens. Einst war der Wolf eines der am weitesten verbreiteten Säugetierarten der Welt. Heute ist er aus vielen Regionen, so auch aus weiten Teilen Europas völlig verschwunden. Erst seit etwa 30 Jahren erholt sich der Bestand dank strengem Schutz langsam wieder.
Alles was Wölfe brauchen, sind genügend Nahrung in Form von wildlebenden Huftieren und ruhige Rückzugsgebiete zur Aufzucht ihrer Welpen. Innerhalb der mitteleuropäischen Kulturlandschaft mit einem historisch hohen Wildbestand gibt es demnach ausreichend geeigneten Lebensraum für den Wolf. Bei der Wiederausbreitung der Wolfspopulationen zeigt sich auch, dass Wölfe für ihre Territorien Gebiete mit geringer Straßendichte bevorzugen. Wölfe haben kein Interesse am Menschen. Angriffe von Wölfen auf Menschen waren in der Vergangenheit sehr selten. Bei den dokumentierten Fällen handelte es sich entweder um tollwütige Wölfe, aus der Gefangenschaft entlaufene Tiere oder Wölfe, die gefüttert wurden und dadurch positiv auf den Menschen geprägt waren. Österreich wurde 2008 für frei von terrestrischer Tollwut erklärt.
Wölfe sind als heimische Wildtiere Bestandteil unserer natürlichen Ökosysteme und haben dort ihre Funktion. So hilft der Wolf, den Wildbestand gesund zu halten, da er vor allem kranke und schwache Tiere selektiert. Außerdem profitieren andere seltene Arten wie der Seeadler von den Nahrungsresten, die Wölfe übriglassen.
70 Prozent der österreichischen Wirbeltierarten sind in den letzten 30 Jahren verschwunden und dadurch sind unsere Ökosysteme zum Teil schwer beschädigt. Um den nächsten Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen, braucht es neue Denkmuster weg von Wachstum um jeden Preis, und hin zu zukunftsfähigem Wirtschaften.
Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 14. August 2022, hier in voller Länge sehen.
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