Die einstigen Herren des Waldes
WWF kämpft für Braunbären
17.04.2023
Der Braunbär zählt zu den größten an Land lebenden Raubtieren der Welt und ist von allen Bärenarten die am weitesten verbreitete.
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Der Europäische Braunbär kam einmal, mit Ausnahme von ein paar wenigen Inseln, in ganz Europa vor. Auch hierzulande waren die ehemaligen Herren des Waldes weit verbreitet – Österreich galt einst sogar als „Bärenland“. Doch der Bär wurde als Nahrungskonkurrent und potenzielle Gefahr für Menschen, immer mehr demonisiert und gnadenlos gejagt. Bis ins 19. Jahrhundert waren Braunbären in Europa beinahe ausgerottet – auch in Österreich. Zwischen 1989 und 1993 startete der WWF Österreich den Versuch einer Wiederansiedlung in den nördlichen Kalkalpen. Trotz der Geburt von insgesamt 31 Jungtieren, war das Projekt leider kein Erfolg. Der letzte in Österreich geborene Braunbär „Moritz“ verschwand im Jahr 2011. Mit seinem Verschwinden starben die Braunbären hierzulande ein zweites Mal aus.
Habitat und Lebensweise des Braunbären
Braunbären leben vor allem in großräumigen Waldgebieten und Gebirgswäldern. Sie zählen zwar zu den großen Carnivoren (Fleischfressern), sind aber keine besonders guten Jäger und ernähren sich überwiegend vegetarisch etwa von Knospen, Wurzeln, Beeren oder Früchten. Jene Tiere, die Braunbären erbeuten, sind oft krank, alt oder bereits tot. Als Allesfresser steht auch Aas auf ihrem Speiseplan. Bären erfüllen eine wichtige ökologische Funktion im Lebensraum Wald, indem sie zur Samenverbreitung beitragen und kranke Tiere erbeuten bzw. Aas beseitigen.
Verbreitung
In Europa kommen Braunbären heute in größerer Zahl nur noch auf dem Balkan und in den Karpaten vor. In Österreich gibt es keine Bären mehr – maximal Bärenbesuch – und auch das nur im Süden und Westen, an der Grenze zu Italien, Slowenien und der Schweiz. Es handelt sich um 2 bis maximal 3 ausgewachsene Braunbär-Männchen, die aus den Bären-Populationen in Slowenien oder im Trentino stammen und sich nur eine Weile hier aufhalten. Obwohl die ehemaligen Herren des Waldes unter strengem Schutz stehen, ist ihr Überleben in Europa weiterhin stark gefährdet. Zu den Hauptbedrohungen zählen die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung, die illegale Verfolgung, der Flächenfraß durch Entwaldung und Straßenbau und damit der Verlust und die Zerschneidung von Lebensräumen.
Scheue Tiere
Die fehlende Akzeptanz der Menschen stellt in manchen Teilen Europas immer noch eine Bedrohung für die neugierigen Bären dar. Wie andere große Beutegreifer auch, polarisieren Braunbären und ihre Anwesenheit stößt mitunter auf Angst und Ablehnung. Wo der Bär in Konkurrenz zu menschlichen Nutzungsinteressen steht, entstehen Konflikte. Auch die Sorge um die öffentliche Sicherheit führt zu geringer Toleranz und Freude, über die Rückkehr der braunen Riesen. Die Dämonisierung tut den Tieren allerdings Unrecht. Sie sind von Natur aus scheu und meiden in der Regel den Menschenkontakt. Auffällige Bären („Problembären“) werden nicht als solche geboren, sondern oftmals vom Menschen gemacht – zum Beispiel, wenn aus falsch verstandener Tierliebe Bären gefüttert oder achtlos Abfälle liegen gelassen werden. Bären lernen schnell, verlieren so ihre Scheu vor Menschen und kehren immer wieder an den Ort der Futterquelle zurück. Nicht selten endet dieses Verhalten mit dem Abschuss der Allesfresser.
Eine Begegnung mit einem Braunbären in freier Wildbahn ist für viele Menschen eine furchteinflößende Vorstellung. Die beruhigende Nachricht: Die Wahrscheinlichkeit tatsächlich auf einen Braunbären zu treffen ist sehr gering. Denn Braunbären sind grundsätzlich sehr scheue Tiere. Sie gehen dem Menschen aus dem Weg, da ihr ausgezeichneter Geruchs- und Gehörsinn sie – meistens – rechtzeitig warnt.
Sollte es trotzdem zu einem Zusammentreffen mit einem Bären kommen, gibt der WWF praktische Tipps, damit das Treffen für alle glimpflich ausgeht. Wenn Sie in Österreich tatsächlich auf einen Bären treffen gilt: Melden Sie alle Sichtungen den Bärenanwälten!
Bedrohung durch Wilderei
Zu einer der größten Bedrohungen für „Meister Petz“ zählt die Wilderei. Obwohl Braunbären vielerorts unter strengem Schutz stehen, werden sie immer wieder illegal getötet. Allzu oft fehlt es leider an Beweisen und Täter können nicht belangt werden. Wilderer haben es mitunter auf bestimmte Körperteile der Bären abgesehen, die sich auf dem Schwarzmarkt verkaufen lassen. Besonders schlimm ist die Situation in Rumänien, wo heute die größte Braunbär-Populationen Europas lebt. Wilderer stellen den Elterntieren nach, zurückgebliebene Bärenjunge werden gefangen und an Zirkusse oder Zoos verkauft – so sie nicht vorher sterben oder das Glück haben, gerettet zu werden. Hinzu kommt die legale, direkte Jagd auf die Tiere.
Zum (Über-)Leben brauchen Braunbären zusammenhängende Waldgebiete und viel Platz. Männliche Braunbären beanspruchen zwischen 120 bis 1.600 km2, Weibchen zwischen 60 bis 300 km2. Doch durch die großräumige Entwaldung und Nutzbarmachung der Wälder für menschliche Interessen, verlieren Braunbären immer mehr Lebensraum. Straßen und landwirtschaftliche Flächen zerschneiden die Wälder sowie die letzten Rückzugsorte der Bären. Die Folge: Die mitunter sehr kleinen Braunbär-Populationen werden voneinander getrennt, isoliert und erreichen sich nicht mehr. Langfristig sind die zum Teil sehr kleinen Bären-Populationen aber nur überlebensfähig, wenn sie miteinander verbunden sind und genetischer Austausch stattfindet. Zudem sterben durch die wachsende Infrastruktur immer mehr Braunbären im Straßenverkehr.
LIFE-Projekt EuroLargeCarnivores
Mit dem LIFE-Projekt EuroLargeCarnivores soll das Zusammenleben mit großen Beutegreifern in Europa verbessert werden. Dafür haben sich 16 WWF-Organisationen in Europa sowie vier Partnerorganisationen zusammengeschlossen. Zusammen arbeiten sie daran eine europäische Plattform zu schaffen, auf der sich Praktiker und Experten aus unterschiedlichen Branchen über Grenzen hinweg austauschen können. Das Projekt fördert den Dialog zu Praxisbeispielen und möglichen Lösungsansätzen für die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die Wolf, Luchs, Bär und Vielfraß mit sich bringen. Dabei stehen die Vermeidung und der Umgang mit Konflikten zwischen Menschen und den Wildtieren im Mittelpunkt. Ein Schwerpunkt liegt auch der Förderung von Herdenschutzmaßnahmen durch Erfahrungsaustausch.
Bären sind von Natur aus scheu und flüchten, wenn sie Menschen hören oder riechen. Wenn Sie beim Wandern unsicher sind, reden Sie lauter, singen Sie und meiden Sie dichtes Gebüsch. Bären lernen schnell, sich an Futterquellen zu gewöhnen. Lassen Sie daher keine Essensreste zurück! Locken Sie keine Bären zum Fotografieren oder Beobachten an!
Nirgendwo in Europa leben heute so viele wilde Bären wie in Rumänien. Doch die Wilderei, Abholzung und der Lebensraumverlust bedrohen die braunen Riesen – insbesondere den Bärennachwuchs. Jedes Jahr bleiben in den Wäldern Rumäniens verwaiste Braunbär-Jungtiere zurück. Auf sich alleine gestellt sind die kleinen Bären absolut hilflos. Der WWF unterstützt darum die einzige wilde Auffangstation für Bärenwaisen in ganz Europa. Mit moderner Technik und so wenig Menschenkontakt wie möglich, werden die Bären hier auf ein Leben in der Wildnis vorbereitet und nach maximal zwei Jahren wieder ausgewildert.
Österreichischer Bären-Managementplan
Der österreichische Bären-Managementplan weist das Manko auf, in erster Linie auf die Behandlung von Problemen mit Bären ausgerichtet zu sein, ohne ein klares Ziel der Schutzbemühungen auf Populationsebene zu definieren. Aus WWF-Sicht braucht es ein kluges Bären-Management, das auf ein nachhaltiges, langfristiges Miteinander ausgerichtet ist, Sicherheit vermittelt und stärker auf Prävention setzt. Denn für viele Konflikte zwischen Bär und Mensch gibt es einfache Lösungen wie z.B. Elektrozäune rund um Bienenstöcke, richtiges Abfallmanagement sowie bärensichere Abfallcontainer.
„Selbst in Zeiten, als in Österreich gleichzeitig mehrere Bären gelebt haben, ist es in keinem einzigen Fall zu einem gefährlichen Bärenangriff mit Verletzungen eines Menschen gekommen. Wenn allerdings Bären bewusst oder unbewusst gefüttert werden, verlieren sie ihre natürliche Scheu vor dem Menschen und können dadurch regelrecht zu „Problembären“ gemacht werden.“ So Christian Pichler, Experte für Artenschutz WWF Österreich.
Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 16. April 2023, hier in voller Länge sehen.
Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 24. April 2023, 18:30 Uhr.