22-Jähriger stirbt nach Streit mit Afghanen an Herzinfarkt
09.09.2018
Ermittlungen wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung mit Todesfolge in Ostdeutschland.
Der in Köthen im ostdeutschen Bundesland Sachsen-Anhalt ums Leben gekommene 22-Jährige ist nach Angaben der Ermittler an akutem Herzversagen gestorben. Nach dem vorläufigen Obduktionsergebnis stehe dieses Herzversagen nicht im direkten Zusammenhang mit den erlittenen Verletzungen des jungen Mannes, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Dessau-Roßlau am Sonntagabend mit.
Gegen einen 18-jährigen Tatverdächtigen werde wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ermittelt, gegen einen 20-jährigen Tatverdächtigen wegen des Anfangsverdachts der Körperverletzung mit Todesfolge.
Haftanträge gestellt
Entsprechende Haftanträge werden demnach durch die Staatsanwaltschaft am zuständigen Amtsgericht in Dessau-Roßlau gestellt. Der 22-jährige Deutsche war in der Nacht zum Sonntag in Köthen gestorben. Zwei Afghanen wurden vorläufig festgenommen. Über die Umstände des Todesfalls gaben die Ermittlungsbehörden zunächst keine Auskunft. Es werde "in alle Richtungen" ermittelt, hieß es.
Nach Informationen der Zeitung "Die Welt" soll es zuvor offenbar eine Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen von Männern gegeben haben. In deren Folge sei einer der beiden beteiligten Deutschen gestorben. Während rechte Gruppen zu Kundgebungen und antirassistische Initiativen zu Gegenprotesten aufriefen, mahnten Politiker und Kirchenvertreter angesichts der jüngsten Ereignisse in Chemnitz zur Besonnenheit.
Im sächsischen Chemnitz war es nach dem Tötungsdelikt an einem 35-Jährigen, das zwei jungen Männern aus Syrien und dem Irak angelastet wird, zu Demonstrationen unter anderem von rechten Gruppierungen gekommen, die teilweise auch in Ausschreitungen mündeten.
Köthen trauert um 22-Jährigen
In der Kreisstadt Köthen im ostdeutschen Bundesland Sachsen-Anhalt kommt ein junger Mann gewaltsam ums Leben. Das Opfer ist ein Deutscher. Tatverdächtig sind zwei Afghanen. In Köthen fürchtet man Parallelen zu Chemnitz.
Der Spielplatz ist jetzt Ort der Trauer und des Entsetzens. Das rote Klettergerüst ist verwaist. Unter den hohen Linden wächst die Ansammlung von Blumen und Kerzen. Anrainer der anhaltischen Kreisstadt Köthen stehen auf dem Bürgersteig vor den bunt gestrichenen, zweigeschossigen Wohnhäusern. Sie haben gehört, dass am Vorabend ein 22-Jähriger brutal zu Tode gekommen ist und dass zwei Afghanen wegen des Anfangsverdachts eines Tötungsdelikts festgenommen wurden. In die Trauer mischen sich Gedanken an Chemnitz.
"Es ist uns wichtig, dass das Ereignis nicht instrumentalisiert wird", betont der Köthener Pfarrer Horst Kuschner. Auch er denkt dabei an die ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Sachsens drittgrößter Stadt. Und spricht von einem Alptraum. Auch der CDU-Landrat und der SPD-Oberbürgermeister finden sich am Tatort ein. "Er war ein unschuldiger kleiner Junge", sagt eine Frau auf dem Spielplatz, die den 22 Jahre alten Deutschen kannte. Auf einer Straße am Spielplatz sind mit gelber Kreide Umrisse eines Körpers gezeichnet.
Pfarrer mahnt zur Besonnenheit
Kreisoberpfarrer Lothar Scholz mahnt wie auch gleich Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) zur Besonnenheit. "Ich kann nur hoffen und appellieren, dass nicht Gewalt mit Gewalt quittiert wird", sagte Scholz. "Wir sind betroffen, was hier geschehen ist." Der Rechtsstaat werde alle Mittel konsequent einsetzen, Justiz und Polizei ermittelten in enger Abstimmung, sagte Stahlknecht.
In der Jakobskirche kommen am Nachmittag rund 300 Menschen zu einem Friedensgebet zusammen. Der Kirchenpräsident der Anhaltischen Landeskirche, Joachim Liebig, sagt: "Die genauen Umstände sind noch nicht deutlich. Aber schon jetzt wird deutlich, dass der Tod benutzt wird für etwas, was darüber hinaus geht." Der Tod eines Menschen sei der schlechteste Anlass für eine Eskalation. Es gelte nun, zusammenzustehen, sagt Liebig.
Auch ganz praktisch geschieht das nun: Laut Liebig kann die Familie die Beerdigungskosten nicht allein aufbringen. Deshalb solle gesammelt werden. "Es betrifft die gesamte Gemeinschaft, wenn jemand aus ihrer Mitte so zu Tode kommt." Die Sammelaktion hatte ihren Auftakt am Sonntag nach dem Gebet in der Kirche.
Spontanes Gedenken auf Spielplatz
Schon beim spontanen Gedenken auf dem Spielplatz sagt Landrat Uwe Schulze (CDU), die Bundesregierung müsse sich Gedanken machen, wie sie die Migration gestalten will. Die Aufeinanderfolge von Chemnitz und Köthen sei "für uns nicht gut". Migranten sollten das Gastrecht, das man ihnen einräume, nicht missbrauchen und sich an die hiesigen Regeln halten. "Es ist unüblich, dass wir Auseinandersetzungen auf diese Weise regeln", sagte der Landrat.
In Köthen, das bekannt ist für sein Schloss, herrschte trotz all der Debatten zunächst sonntägliche Ruhe, es gab einen Flohmarkt und ein Volksfest. Doch immer wieder war auch die Polizei zu sehen, sie verteilte sich an verschiedenen Orten in den kleinen Straßen der Stadt. Für den Abend hatten verschiedene Gruppierungen in den sozialen Netzwerken zu Protesten aufgerufen. Die Staatsanwaltschaft gab unterdessen bekannt, dass der 22-Jährige an Herzversagen gestorben sei, das nicht im direkten Zusammenhang mit den erlittenen Verletzungen des jungen Mannes stehe.