Schießerei vor Kaserne

Ägypten: Mursi-Anhänger getötet

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Angeblich festgenommener Muslimbruder auf Demo in Kairo.

In Ägypten sind nach der Absetzung von Präsident Mohammed Mursi amtlichen Angaben zufolge am Freitag insgesamt mindestens 17 Menschen getötet worden. Dies berichtete das staatliche Fernsehen unter Berufung auf Daten des Gesundheitsministeriums. Details wurden nicht genannt. Anhänger Mursis hatten für Freitag zu Massenprotesten gegen den Sturz des Präsidenten aufgerufen. Dabei war es auch zu Zusammenstößen mit Gegnern des Islamisten gekommen. Das Militär hatte Mursi Mitte der Woche entmachtet.

Im Zentrum von Kairo lieferten einander am Freitagabend Anhänger und Gegner des abgesetzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi Straßenschlachten. Dabei wurden Medien zufolge drei Menschen getötet. Die Armee kündigte einen Einsatz ein, um die Gruppen zu trennen. Eine weitere Eskalation am Rande des Tahrirplatzes wurde befürchtet.

Per Haftbefehl gesuchter führender Muslimbruder Badie auf Demo
Der führende Muslimbruder Mohammed Badie (Badia) ist am Freitag bei einer Kundgebung der Islamisten in Kairo aufgetreten. In Sicherheitskreisen hatte es geheißen, Badie sei am Donnerstag in Gewahrsam genommen worden.

Zuvor hatte bereits ein Anwalt der Muslimbruderschaft dementiert, dass Badie am Vortag festgenommen worden sei. Gegen Badie liege zwar ein Haftbefehl vor, doch sei der Top-Kader noch auf freiem Fuß, erklärte Mustafa al-Demeiri gegenüber "Al-Ahram". Badie wolle sich zwar stellen, wisse aber nicht, welche Behörde dafür zuständig sei, fügte er hinzu.

Der Anwalt bestätigte, dass zwei Führungsmitglieder der Bruderschaft, Saad al-Katatni und Monim Abdel Maksud, sowie Badies Vorgänger Mohammed Mehdi Akif verhaftet wurden.

Islamisten riefen zu "Freitag des Zorns" auf
In Ismailiya trieben Soldaten mit Warnschüssen eine Menschenmenge auseinander, die den Palast des Gouverneurs stürmen wollte. Auch in anderen Städten folgten Tausende Islamisten dem Aufruf zu einem "Freitag des Zorns". Die Gegner Mursis gingen ebenfalls auf die Straße. Übergangspräsident Adli Mansour löst laut Staatsfernsehen das Oberhaus des Parlaments auf. Zu Zusammenstößen zwischen Mursi-Anhängern und -Gegnern kam es in der Nildelta-Provinz Baheira und in Al-Arish auf dem Sinai.

Schüsse in der Nähe einer Kaserne: 3 Tote
Zu den Todesschüssen kam es in der Nähe einer Kairoer Kaserne, in der Mursi unter Arrest steht. Hunderte Demonstranten versuchten nach Berichten von Zeugen, zu dem Gelände vorzudringen. Dann seien Schüsse gefallen und er habe mehrere von Kugeln getroffene Menschen zusammenbrechen gesehen, sagte ein Augenzeuge. In Sicherheitskreisen war von drei Toten die Rede, die von Militärs erschossen worden seien. Dem widersprach die Armee. Die Soldaten hätten lediglich Platzpatronen und Tränengasgranaten abgefeuert, sagte ein Armeesprecher. Zunächst war unklar, ob außer der Armee dort auch andere Sicherheitskräfte im Einsatz waren.

Beim Schusswaffeneinsatz in Ismailiya gab es dagegen keine Toten und Verletzten. Die Islamisten seien durch die Warnschüsse vertrieben worden, hieß es in Sicherheitskreisen. In Damanhur im Nildelta kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis. Dabei erlitten Sicherheits- und Krankenhauskreisen zufolge 21 Menschen Verletzungen. Drei seien mit Schusswunden ins Krankenhaus gebracht worden.

Mursis Gegners gingen auch auf Straße
Auch die Gegner Mursis, die sich der Nationalen Heilsfront zusammengeschlossen haben, gingen auf die Straße. Sie beschuldigten die Islamisten der Konterrevolution und riefen zur Verteidigung der Revolution auf. Mursi war am Mittwoch nach gut einem Jahr im Amt gestürzt worden. Seine Gegner wehren sich gegen Pläne zur Islamisierung des Landes und machen ihn für die Wirtschaftsmisere verantwortlich.

Vor der Rabaa-Adaweya-Moschee in einem Kairoer Vorort strömten um die Mittagszeit Tausende Mursi-Anhänger zu ihrem traditionellen Versammlungsort. "Nieder mit der Militärherrschaft", riefen etwa 50 Männer, die in Sprechchören auch den Heiligen Krieg für Ägypten forderten. Später ging die Zahl in die Zehntausende. Etliche Demonstranten erklärten sich bereit, notfalls den Märtyrer-Tod zu sterben.

Armee will nur bei Gewalttaten einschreiten
Die Armee hatte angekündigt, die Demonstranten gewähren zu lassen. Sie werde nur bei Gewalttaten einschreiten. Außerdem werde sie eine direkte Konfrontation der verfeindeten Lager verhindern. Mehrere Hundert Meter von Barrikaden an der Rabaa-Adaweya-Moschee fuhr die Armee mit gepanzerten Fahrzeugen vor. Über den Platz flogen Kampfjets, deren Kondensstreifen in den ägyptischen Nationalfarben eingefärbt waren.

AU schloss Ägypten aus

Die Afrikanische Union (AU) schloss Ägypten wegen des Umsturzes aus ihren Reihen aus. Der Machtwechsel in Kairo "entspreche nicht der Verfassung Ägyptens", lautete die Begründung des AU-Sicherheitsrates am Freitag in Addis Abeba.

Ein Anwalt der Muslimbruderschaft dementierte am Freitag, dass deren Führer Mohammed Badie (Badia) am Vortag festgenommen worden sei. Gegen Badie liege zwar ein Haftbefehl vor, doch sei der Top-Kader noch auf freiem Fuß, erklärte Mustafa al-Demeiri gegenüber "Al-Ahram". Badie wolle sich zwar stellen, wisse aber nicht, welche Behörde dafür zuständig sei, fügte er hinzu. Der Anwalt bestätigte, dass zwei Führungsmitglieder der Bruderschaft, Saad al-Katatni und Monim Abdel Maksud, sowie Badies Vorgänger Mohammed Mehdi Akif verhaftet wurden.

Außenministerium gibt partielle Reisewarnung heraus
Das österreichische Außenministerium rät aufgrund der aktuellen politischen Ereignisse von "nicht dringend notwendigen Reise" nach Ägypten ab. Ausgenommen davon werden nur bestimmte Tourismusresorts. Auch eine sofortige Ausreiseempfehlung wird nicht ausgesprochen. Ein hohes Sicherheitsrisiko wird für Kairo und andere Großstädte gesehen. Eine partielle Reisewarnung gibt es für Saharagebiete und für den Sinai.

Hohes Sicherheitsrisiko sieht das Außenministerium für Kairo und andere Großstädte, insbesondere in der Deltaregion, wo an mehreren Orten teils gewaltsame Kundgebungen stattfinden.

Ausgenommen von dieser partiellen Reisewarnung sind Tourismusresorts am Golf von Akaba zwischen Sharm el-Sheikh und Nuwaiba, sowie an der Westküste des Golfs von Suez, wie Ain Sukhna, Hurghada und Marsa Alam, wobei der direkte Weg in die Hotelanlagen gewählt werden sollte, so das Ministerium.

Vertraute von Mohammed Mursi haben Details über seine letzten Stunden als Präsident Ägyptens berichtet. Es ergibt sich das Bild eines isolierten Mannes, der verbohrt an der Macht festhielt und so zur Eskalation beitrug, schreibt "Spiegel Online" am Freitag.

Augenzeugenbericht über Mursis letzte Stunden als Präsident
Der Präsident leistete keinen Widerstand. Still ließ Mohammed Mursi sich festnehmen und abführen, still stieg er in das wartende Armeefahrzeug, das ihn an einen unbekannten Ort brachte. Seine letzten Stunden als Staatsoberhaupt Ägyptens hatte er zuvor im Kreise seiner Familie und einiger enger Freunde verbracht: Sie hatten sich in der Kaserne der Präsidentengarde verschanzt, wollten dort dem sich abzeichnenden Militärputsch trotzen. Spätestens als seine Garde am Mittwochnachmittag desertierte und den Präsidenten ungeschützt zurückließ, war den Anwesenden klar, dass ihre Zeit abgelaufen war.

Allein Mursi soll sich bis zum Schluss ungebrochen, gar trotzig gegeben haben, erfuhr die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) aus Quellen innerhalb der Muslimbrüder und des Militärs. Ob das stimmt, oder ob die Brüder nun eifrig versuchen, eine ihnen nützliche Version der Ereignisse in Umlauf zu bringen, ist nicht zu überprüfen. Es ist durchaus denkbar, dass sie bewusst an einer Märtyrerlegende stricken.

Mursi-Anhänger marschieren zu TV-Zentrale in Kairo
Hunderte islamistische Anhänger des vom Militär abgesetzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi sind am Freitag abend zur nationalen Fernsehzentrale am Ufer des Nils im Zentrum Kairos marschiert. Sie überquerten eine Brücke und näherten sich dem Tahrir-Platz, wo sich die Gegner Mursis versammelt haben. Die Armee kündigte an, die gegnerischen Demonstranten voneinander fern zu halten.

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