Ex-Präsident konnte wegen schlechtem Wetter nicht in Gerichtssaal.
Der Prozess gegen den vom Militär abgesetzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi kommt nicht voran. Nach dem unter Tumulten abgebrochenen Verhandlungsauftakt im November erschien Mursi am Mittwoch nicht vor dem Kairoer Gericht. Den Behörden zufolge konnte er wegen schlechten Wetters nicht von seinem Gefängnis bei Alexandria in die Hauptstadt geflogen werden.
Mursi verweigert angeblich Prozess-Teilnahme
Ein Mitangeklagter sagte dagegen, Mursi habe die Teilnahme verweigert und das Gericht für verfassungswidrig erklärt. Das Verfahren gegen den aus der inzwischen als Terrorgruppe eingestuften Muslimbruderschaft hervorgegangenen Politiker wurde auf den 1. Februar vertagt. Zunächst hatten Polizeivertreter und das Staatsfernsehen berichtet, Mursi sei per Helikopter bereits in die Polizeiakademie bei Kairo gebracht worden, wo der Prozess stattfindet. Ein ranghoher Polizeivertreter in Alexandria erklärte, Mursi sei wegen des schlechten Wetters gar nicht gestartet. Einwohner in Alexandria und in Kairo sagten der Nachrichtenagentur AFP jedoch, der Himmel sei in beiden Städten wolkenlos.
Vorwurf der Anstiftung zur Gewalt
Mursi muss sich mit 14 weiteren Angeklagten der Muslimbruderschaft wegen Anstiftung zur Gewalt verantworten. Bei einem Schuldspruch droht ihnen die Todesstrafe. Den Angeklagten wird vorgeworfen, für den Tod von Demonstranten im Dezember 2012 mitverantwortlich sein. Damals hatten Gegner Mursis aus Protest gegen dessen Dekrete zur Machterweiterung protestiert. Bei Zusammenstößen wurde rund ein Dutzend Menschen getötet. Am 3. Juli wurde Mursi - der erste frei gewählte Präsident in der jüngeren Geschichte Ägyptens - vom Militär entmachtet.
Eklat beim ersten Verhandlungstag
Seit der erste Verhandlungstag
nach Protestrufen des 63-Jährigen im November im Eklat endete, haben die Behörden weitere Anklagepunkte gegen ihn vorgebracht. Mursi hatte erklärt, er sei immer noch der legitime Präsident Ägyptens. Ihm wird Verschwörung mit der Hamas, der Hisbollah und dem Iran gegen Ägypten vorgeworfen sowie Verwicklung in einen Massenausbruch aus einem Gefängnis während des Aufstands gegen den langjährigen Herrscher Hosni Mubarak im Jahr 2011.
Nach Informationen der Website "youm7" kam es im Kairoer Stadtteil Nasr-City am Mittwoch zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen demonstrierenden Anhängern der Muslimbruderschaft und der Polizei. Die Polizei setzte demnach Tränengas ein, die Demonstranten warfen Flaschen und Steine. Die Muslimbrüder fordern die Rückkehr von Mursi an die Macht.
Aufruf zum Boykott des Verfassungsreferendums
Unterdessen rief der einflussreiche muslimische Prediger Yusuf al-Qaradawi die Ägypter zum Boykott des Verfassungsreferendums auf. Die Teilnahme an der für kommende Woche geplanten Abstimmung ebenso wie alles, das die Macht der aus einem "Putsch" hervorgegangenen Regierung stärken könnte, sei ein Verstoß gegen den Islam, erklärte al-Qaradawi am Mittwoch in einer förmlichen Fatwa.
Der gebürtige Ägypter lebt seit Jahren im Exil in Katar und gilt als graue Eminenz der ägyptischen Muslimbruderschaft. Der Prediger erklärte in seinem Rechtsgutachten, die Teilnahme an dem für den 14. und 15. Jänner angesetzten Referendum käme "der Anerkennung der Legitimität des Militärputsches" gleich, mit dem "ein gewählter ziviler Präsident gestürzt wurde". Er bezog sich dabei auf den Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär Anfang Juli. Proteste seiner Anhänger wurden blutig niedergeschlagen und die Muslimbruderschaft im Dezember offiziell zur Terrororganisation erklärt.