Übergangspräsident Adli Mansur ordnet Neuwahlen binnen sechs Monate an.
Nach der Absetzung des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi in Ägypten, hat Übergangspräsident Adli Mansour Parlamentswahlen noch im heurigen Jahr angeordnet. Mansour habe einen Zeitplan für eine Verfassungsänderung und Parlamentswahlen noch vor 2014 vorgelegt, berichteten am Montagabend das Staatsfernsehen und andere Medien.
Spaltung Ägyptens verhindern
Eine rasche Parlamentswahl und ein Kompromisskandidat als Regierungschef sollen in Ägypten die Staatskrise beenden und einen Bürgerkrieg verhindern. Die Nur-Partei, die nach den Muslimbrüdern zweitgrößte islamistische Gruppe, zeigte sich am Dienstag bereit, den früheren Finanzminister Samir Radwan als Übergangsregierungschef zu akzeptieren. An ihrem Widerstand war vergangene Woche die Ernennung des liberalen Friedensnobelpreisträgers Mohamed ElBaradei zum Ministerpräsidenten gescheitert. Ihre Kooperation könnte nun den Weg für eine neue Übergangsregierung ebnen.
51 Tote am Montag
Nach Tagen vergleichsweiser Ruhe eskalierte die Lage in Ägypten am Montag. Bei Gefechten vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garden starben 51 Menschen und 435 weitere Menschen sind verletzt worden. Das bestätigte das Gesundheitsministerium in Kairo am Montag Nachmittag.
Nach Militärangaben kam es zu den Zusammenstößen, als Angreifer versuchten, den Offiziersclub der Republikanischen Garde zu stürmen. Zuvor hatte es in Kairo Gerüchte gegeben, dass sich der vom Militär gestürzte Präsident Mohammed Mursi dort aufhalten könnte. Ein Offizier wurde nach Armeeangaben dabei getötet, 40 Soldaten wurden verletzt. Das Militär nahm nach eigenen Angaben etwa 200 Bewaffnete fest. Sie hätten unter anderem Schusswaffen und Brandsätze bei sich gehabt, hieß es in der Stellungnahme der Armee.
Muslimbrüder: Armee schoss bei Morgengebet
Die Muslimbruderschaft hingegen erklärte, dass ihre Unterstützer bei einer Protestveranstaltung während des Morgengebets attackiert worden seien. Der Sprecher der Organisation, Gehad al-Haddad, schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, Polizei und Armee hätten versucht, einen Sitzstreik der Mursi-Anhänger mit Gewalt aufzulösen. Die islamistischen Muslimbrüder riefen die Ägypter zum Aufstand gegen die Militärmachthaber auf, die Mursi in der vergangenen Woche abgesetzt hatten. "Die Partei Freiheit und Gerechtigkeit ruft das große ägyptische Volk auf, sich gegen die zu erheben, die die Revolution mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen stehlen wollen und dabei auch über Leichen gehen," hieß es auf der Facebook-Seite der Bruderschaft.
Interimspräsident Mansur ordnet Untersuchung an
Der ägyptische Übergangspräsident Adli Mansur hat eine Untersuchung der tödlichen Zusammenstöße angeordnet. Mansur habe eine Kommission eingesetzt, welche die "Zwischenfälle" vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garde untersuchen solle, berichtete das Staatsfernsehen.
Durch Schüsse auf Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garde waren nach Medizinerangaben mindestens 42 Menschen getötet worden. Die islamistischen Muslimbrüder erklärten, Polizei und Armee hätten die Demonstranten während des Morgengebets "massakriert".
Augenzeugen berichteten dagegen, die Armee habe lediglich Tränengas eingesetzt und Warnschüsse abgegeben. Sie machten "Schläger" in Zivil für die Gewalt verantwortlich. Unter den Augenzeugen waren auch Unterstützer der Muslimbruderschaft. Die Armee machte ebenfalls "bewaffnete Terroristen" für die Gewalt verantwortlich.
Deutscher n-tv-Reporter stundenlang in Gewahrsam
Bei den Unruhen in Kairo ist ein deutscher Korrespondent des Nachrichtensenders n-tv gemeinsam mit seinem Team stundenlang von Sicherheitskräften festgesetzt worden. "Wir kommen frei", schrieb Reporter Dirk Emmerich am Montag über Twitter. "Nach sieben Stunden in Gewahrsam von Armee, dann Polizei. Keine Begründung wie schon bei Verhaftung nicht. Keine Auflagen."
Der Fernsehsender n-tv hatte berichtet, Emmerich und seinen Mitarbeitern seien Pässe und Kameras abgenommen worden. Dem Korrespondenten sei aber erlaubt worden, mit n-tv zu telefonieren. Aus dem Gewahrsam schrieb Emmerich per Twitter: "Polizei fragt, warum wir verhaftet wurden. Möchte ICH von denen wissen."
Salafisten ziehen sich aus Kabinettsgesprächen zurück
Die radikal-islamischen Salafisten zogen sich als Reaktion auf die blutigen Zusammenstöße am Montag aus den politischen Gesprächen zur Regierungsbildung zurück. Der Sprecher der Nour-Partei (Partei des Lichts), Nader al-Bakkar, erklärte über Twitter: "Wir haben als Reaktion auf das Massaker vor dem Club der Republikanischen Garde beschlossen, uns mit sofortiger Wirkung aus allen Verhandlungen zurückzuziehen." Die Salafisten hätten sich zur Teilnahme an den Beratungen bereit erklärt, um Blutvergießen zu verhindern. "Nun fließt das Blut in Strömen", fügte er hinzu.
Ablehnung von ElBaradei
Die ultra-konservative Nour-Partei hatte sich ursprünglich an der Suche nach einer neuen Führung in Ägypten beteiligt. Die Gespräche verliefen bisher jedoch erfolglos, weil sich die Salafisten laut Medienberichten gegen Favoriten wie den Friedensnobelpreisträger Mohammed El-Baradei und den Sozialdemokraten Siad Bahaa El-Din gestellt hatten und eine politisch neutrale Persönlichkeit verlangten.
El-Baradei forderte eine unabhängige Untersuchung der tödlichen Zusammenstöße. "Gewalt erzeugt Gegengewalt und sollte scharf verurteilt werden", warnte er über den Kurznachrichtendienst Twitter. Ein friedlicher Übergang sei der einzige Weg für Ägypten.
Zehntausende Anhänger und Gegner von Mursi demonstrieren
Am Sonntagabend hatten in Kairo erneut Zehntausende Anhänger wie auch Gegner des gestürzten Präsidenten Mursi demonstriert. Gegner der durch das Militär beendeten Herrschaft der Islamisten strömten in großer Zahl auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairos zusammen. Die Militärführung hatte den Präsidenten nach tagelangen Massenprotesten am vergangenen Mittwoch nach nur einem Jahr im Amt abgesetzt. Kritiker werfen Mursi vor, Ägypten zu islamisieren und machen ihn für die Wirtschaftsprobleme verantwortlich. Zum Übergangspräsidenten wurde der Chef des Verfassungsgerichtes, Adli Mansour, ernannt.
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