Neue Gewalt
Ägypten versinkt im Chaos
16.08.2013
Todesopfer aus verschiedenen Städten gemeldet. Reisewarnung für das ganze Land.
Am "Freitag der Wut" sind bei neuen Zusammenstößen zwischen ägyptischen Sicherheitskräften und Islamisten dutzende Menschen getötet worden. In der Hauptstadt Kairo war nach den Freitagsgebeten an mehreren Stellen Maschinengewehrfeuer zu hören. Reporter und Augenzeugen zählten an verschiedenen Stellen zahlreiche Leichen. Mehrere Stadtviertel von Kairo erinnerten an Schlachtfelder. Österreichs Außenministerium sprach eine Reisewarnung für das ganze Land aus.
Mindestens 70 Tote
Nach vorläufigen Zählungen wurden mindestens 70 Menschen getötet. Die meisten Opfer gab es am Rande der zentralen Kundgebung am Ramses-Platz in der Innenstadt von Kairo. Der Muslimbruderschaft zufolge erschoss die Polizei hier 45 Demonstranten. Beamte des Innenministeriums erklärten hingegen, Dutzende Demonstranten hätten die nahe gelegene Ezbekiya-Polizeistation attackiert. Daraufhin sei ein Gefecht mit Feuerwaffen auf beiden Seiten entbrannt, bei dem mehrere unbeteiligte Zivilisten getötet worden seien. Insgesamt seien bei den Ausschreitungen in den vergangenen 24 Stunden 24 Polizisten getötet worden.
Nach Angaben von Augenzeugen beteiligten sich an einigen der gewalttätigen Zusammenstöße nicht nur Islamisten und Angehörige der Sicherheitskräfte, sondern auch Anwohner, die Demonstranten attackierten. Zehn Menschen starben, als sich die Polizei in der Provinz Kafr al-Sheikh Islamisten entgegenstellte, die das Gouverneursgebäude und eine Polizeistation stürmten.
Vier Demonstranten wurden in der Stadt Ismailia von der Polizei erschossen. Fünf Tote und 15 Verletzte zählte die Polizei in der Stadt Damietta, wo Anhänger von Ex-Präsident Mursi ebenfalls eine Polizeistation angriffen. Ein Polizist wurde in Neu-Kairo an einer Straßensperre erschossen. Ein junger Mann starb bei einem Schusswechsel zwischen Polizisten und Demonstranten neben einer Moschee in Al-Arish auf der Sinai-Halbinsel. Im Fayoum wurden nach Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei fünf Leichen und 20 Verletzte in ein Krankenhaus gebracht.
Reisewarnung für ganz Ägypten
Das österreichische Außenministerium gab am Freitag eine Reisewarnung für ganz Ägypten heraus. Dies erfolge "aufgrund der Eskalation der letzten Tage mit so vielen Toten", erklärte Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP). "Die Sicherheit ist einfach nicht mehr gegeben." Urlauber, die sich bereits im Land befänden, könnten ihre Reise fortsetzten, so Spindelegger. >> Alle Infos zur Reisewarnung
Aufgrund der "Unvorhersehbarkeit der Entwicklungen" werde von Reisen in das ganze Land "derzeit abgeraten", erklärte auch das Auswärtige Amt in Berlin . Die USA forderten ihre Bürger auf, Ägypten zu verlassen.
Große Teile der deutschen und österreichischen Tourismusbranche sagten sämtliche Reisen nach Ägypten bis Mitte September ab. Kunden von Reisebüros und -veranstaltern könnten ihre Urlaube umbuchen oder stornieren. Auch Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien und Russland gaben Reisehinweise für Urlauber aus.
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20.22 Uhr: AUA: Storno und Umbuchen kostenlos
Auch nach der umfassenden Reisewarnung des Außenministeriums fliegt die AUA weiter nach Kairo. Eine Umbuchungs-bzw. Stornomöglichkeit gibt es unter www.austrian.com. Tickets für Austrian-Linienflüge, die am oder vor dem 16. August bis einschließlich 30. September für Flüge nach Ägypten ausgestellt wurden, "können einmalig kostenlos umgebucht oder storniert werden.
20.10 Uhr: Ende der Proteste am Freitag
Ein Zusammenschluss ägyptischer Islamisten rief zum Ende der Proteste am Freitag auf. Die Kundgebungen sollten mit dem Abendgebet gegen 20.00 Uhr MESZ enden, teilten die Islamisten mit.
19.59 Uhr: Muslimbrüder rufen zu Woche der Proteste auf
Die Muslimbruderschaft rief zu neuen Demonstrationen auf - diese sollen eine ganze Woche lang anhalten.
19.24 Uhr: Seite des Innenministeriums gehackt
Die Facebook-Seite des Innenministeriums wurde gehackt. Islamisten riefen die Polizeioffiziere auf der Seite dazu auf, die Arbeit niederzulegen. Die Polizisten sollten die Befehle ihrer Vorgesetzten nicht mehr befolgen.
19.11 Uhr: Ausgangssperre
Vor wenigen Minuten - um 19 Uhr - trat die Ausgangssperre in Kairo und anderen ägyptischen Städten in Kraft.
18.12 Uhr: Brennende Barrikaden, Rauch - dazwischen Bewaffnete. Die Situation am Ramses-Platz in Kairo ist außer Kontrolle.
Foto: EPA
17.49 Uhr: Sicherheitskreise berichten von 50 Toten in Kairo
Nach Angaben von Augenzeugen waren an den Zusammenstößen nicht nur demonstrierende Islamisten und Angehörige der Sicherheitskräfte beteiligt, sondern auch Anwohner, die Demonstranten mit Steinen und Messern attackierten.
17.42 Uhr: Ashton macht Militärführung für Gewalt verantwortlich
EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sieht die Hauptverantwortung bei der Übergangsregierung. Sie habe die Mitgliedstaaten gebeten, über Reaktionen zu beraten, erklärte Ashton.
17.28 Uhr: Saudi-König solidarisch mit Ägyptens Militärführung
König Abdullah ünterstützte in einer Erklärung die Militärführung in Kairo. Er unterstütze den Kampf der Ägypter gegen Terrorismus und gegen Versuche aus dem Ausland, Ägypten zu destabilisieren. Er rufe alle "ehrbaren Männer" Ägyptens sowie der arabischen und muslimischen Länder auf, "wie ein Mann und mit einem Herz" Versuchen entgegenzutreten, ein Land zu destabilieren, das eines der wichtigsten in der Geschichte der Araber und der Muslime sei, sagte der 89-jährige König.
17.10 Uhr: Außenministerium: Reisewarnung für Ägypten
Das österreichische Außenministerium rät nun auch von Reisen nach Ägypten ab
. Das teilte Außenminister Michael Spindelegger am Nachmittag mit. Die Situation sei "nicht mehr beherrschbar", sagte Spindelegger in Ö1. Eine Reisewarnung erlaubt die kostenlose Stornierung von gebuchten Urlaubsreisen.
17.03 Uhr: Aus dem Four Seasons Hotel am Nilufer in Kairo dringen Rauchschwaden. Es sind Explosionen und Schüsse zu hören, berichtet ein BBC-Korrespondent.
Rauch vor dem Four Seasons Hotel in Kairo; Foto: R.Coleburn / Twitter
16.42 Uhr: Die AUA sieht die Sicherheit der Flughäfen in Ägypten weiter gegeben und hält an ihren Flügen daher vorerst fest. Man verfolge aber die Entwicklung sehr genau, hieß es.
16.40 Uhr: Die Zahl der Toten bei den Unruhen steigt weiter an. Insgesamt sollen heute bisher 17 Menschen ums Leben gekommen sein. Der Großteil der Todesopfer hatte Schusswunden.
16:17 Uhr: Wegen der politischen Unruhen in Ägypten sagt der österreichische Reiseveranstalter Thomas Cook Austria bis einschließlich 15. September sämtliche Reisen in das Land ab. "Wir werden vorerst keine neuen Gäste nach Ägypten bringen und bereits gebuchte Reisen absagen", so eine Sprecherin.
Die Unruhen haben die Touristenorte erreicht
16:05 Uhr: Tränengas in Kairo
Sicherheitskräfte gehen mit Tränengas gegen die Demonstranten vor. Immer wieder fallen Schüsse:
(c) Reuters
16:01 Uhr: Info-Grafik zu Ägypten:
15:32 Uhr: Die Lage in Kairo spitzt sich zu
Sicherheitskräfte setzen jetzt Tränengas gegen die Demonstranten ein. Anrainer werfen aus ihren Wohnungen Steine auf demonstrierende Islamisten. Ein dpa-Reporter berichtet, einzelne Demonstranten, die über die 15. Mai-Brücke im Zentrum der ägyptischen Hauptstadt liefen, hätten daraufhin auf die Häuser geschossen, aus denen die Steine geflogen waren.
14:58 Uhr: Krisenstab im Wiener Außenamt
Seit 14:00 wird hinter verschlossenen Türen die Situation in Ägypten analysiert. Experten zufolge wird am Ende der Sitzung eine Reisewarnung auch für die Urlaubsgebiete in Ägypten ausgegeben werden. +++ Wir berichten hier LIVE +++
14:37 Uhr: Wieder Tote
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen starben in Ismailiya vier Menschen. Dutzende Verletzte gibt es in der Provinzstadt Tanta. In einem Vorort von Kairo griffen vier bewaffnete Männer eine Straßensperre an und erschossen einen Angehörigen der Sicherheitskräfte.
14:08: TUI sagt alle Reisen nach Ägypten ab
Der Reiseveranstalter TUI hat alle Reisen nach Ägypten abgesagt. Dies gelte für alle Buchungen bis einschließlich 15. September, sagte eine Konzernsprecherin am Freitag. Die Absage gilt für die Marken TUI, 1-2-Fly, Airtours und Discount Travel.
Das Unternehmen reagierte damit auf einen am Vormittag aktualisierten Reisehinweis des deutschen Auswärtigen Amtes, in dem das Ministerium von Reisen in alle Teile Ägyptens abrät. Bisher war lediglich dringend von Reisen nach Kairo, Oberägypten und von Nilkreuzfahrten abgeraten worden. Nun gilt die Reisewarnung für alle Teile des Landes. Wien hat noch keine Reisewarnung für die Urlaubsregionen Ägyptens ausgegeben.
14:00 Uhr: Marsch beginnt
In Kairo marschieren Tausende Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi auf die Innenstadt zu. Die aus den nordöstlichen Stadtteilen kommenden Muslimbrüder skandieren "Nieder mit der Militärherrschaft". Die Armee ist mit starken Einheiten in der Metropole präsent.
13:36 Uhr: Armee auch in Alexandria präsent
Panzer fahren an der Küste auf. Auch in Alexandria wappnet man sich für die bevorstehenden Proteste:
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(c) afp
13:05 Uhr: Marsch der Millionen
Jetzt enden die Freitagsgebete. Nun sollen die "Märsche der Millionen" beginnen, die von den Muslimbrüdern angekündigt waren. Die Armee hat weite Teile Kairos abgeriegelt. Erste Protest-Gruppen formieren sich am Ramsis Square.
(c) Reuters, Die Armee bezieht Stellung
13:02 Uhr: Sprengstoffattacke auf Bahngleise
Im Norden des Landes haben Saboteuere Sprengsätze auf der Bahnstrecke Alexandria-Kairo gezündet. Verletzt wurde niemand. Unklar ist, wer hinter der Attacke steckt.
12:21 Uhr: Internet-Seite des deutschen Außenministeriums offline
Nach der Reisewarnung Berlins für ganz Ägypten ist die Homepage unter der Last der Anfragen zusammengebrochen. Viele Urlauber wollen nun wissen, wie sie reagieren sollen. Das Wiener Außenamt übrigens prüft derzeit noch, ob eine Warnung auch für die Urlaubsorte ausgegeben werden soll.
Offline. Die Seite des deutschen Außenministeriums.
11:50 Uhr: EU-Sondertreffen
Angesichts der blutigen Eskalation wollen die Regierungen der 28 EU-Staaten möglichst rasch eine gemeinsame politische Haltung zur Krise in Ägypten finden. Über ein mögliches Sondertreffen der EU-Außenminister wird laut EU-Diplomaten voraussichtlich Anfang der kommenden Woche entschieden.
11:16 Uhr: Berlin gibt Reisewarnung für ganz Ägypten aus
Deutschland reagiert auf die unsichere Lage am Nil. Jetzt sind die Urlaubsorte gefährdet. Das deutsche Außenministerium gibt eine Reiswarnung aus, berichtet Spiegel online. In Wien zögert man noch mit der Entscheidung. Außenminister Spindelegger entsendet zwei Beamte, die vorort in Hurghada die Lage prüfen sollen.
+++ Wir berichten hier LIVE über die aktuelle Lage in Ägypten +++
11:14 Uhr: Gewalt nach dem Freitagsgebet?
Ungeachtet der hunderten Toten wollen die Islamisten in Ägypten ihre Proteste nach dem Freitagsgebet heute fortsetzen, neue gewaltsame Zusammenstöße werden befürchtet. Ursprünglich eine rein religiöse Zeremonie, bekam das Freitagsgebet vor allem seit der islamischen Revolution im Iran von 1979 auch politischen Charakter.
Hintergrund-Info: Der Freitag ist Versammlungstag aller islamischen Gemeinden. Der Besuch des Freitagsgebetes in einer Moschee ist Pflicht für jeden männlichen, gesunden Muslim im Erwachsenenalter. Der Koran verlangt in Sure 62, Vers 9: "Oh Gläubige, wenn am Freitag zum Gebet gerufen wird, dann eilt zum Gedächtnis Allahs und lasst das Kaufgeschäft ruhen." Der Freitag soll als Versammlungstag gewählt worden sein, weil er auch Markttag war.
10:45 Uhr: Obama meldet sich aus seinem Urlaubsort
Der US-Präsident urlaubt derzeit auf der Promi-Insel Martha's Vineyard. Von dort meldet er sich in einem Statement zur Lage in Ägypten: Er forderte eine Ende der Gewalt. Zudem sprach er sich gegen den Notstand im Land aus. Ein gemeinsames Manöver mit Ägyptens Streitkräften sagte er ab.
(c) pps, www.photopress.at
10:30 Uhr: Österreicher in Ägypten
5.000 Österreicher sind derzeit am Roten Meer. Viele, die gebucht haben, sind verunsichert. Das Außenministerium prüft die Situation laufend. Derzeit gilt eine partielle Reisewarnung für Ägypten. Heute wird entschieden, ob die Warnung auf das ganze Land, also auch die Touristenorte wie Hurghada, ausgedehnt wird.
10:00 Uhr: Auch die Protestbewegung "Tamarud", die Ende Juni die Massenproteste gegen Präsident Mohammed Mursi organisiert hatte, rief die Bürger auf, am Freitag in ihren Wohnvierteln Bürgerwehren zu bilden, um ihre Häuser sowie die lokalen Moscheen und Kirchen vor möglichen Attacken der Islamisten zu schützen. Das ägyptische Staatsfernsehen strahlte am Abend den Aufruf von Mahmud Badr, dem Koordinator der "Tamarud"-Bewegung, aus. Er sagte, auch einfache Bürger seien sehr wohl in der Lage, zwischen friedlichen und bewaffneten Protesten zu unterscheiden.