Todesfalle Autobus

Ärzte kämpfen um das Leben der Kinder

15.03.2012

22 Schüler starben bei dem Busunglück in der Schweiz. 24 weitere sind im Spital.

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© EPA
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Es war eine Reise, auf die sie sich wochenlang gefreut hatten. Sie schrieben im Internet darüber, führten Blog , jubelten in Telefonaten mit ihren Eltern über die „Traumwoche“ – diese endete in einer Tragödie. 22 Kinder und sechs Erwachsene starben am Dienstagabend bei einem der schwersten Busunglücke der Schweizer Geschichte. 24 Kinder befinden sich im Spital. Zur Stunde wird ein Kind notoperiert. Ein weiteres liegt auf der Intensivstation.

Unfall-Hergang
Dienstagabend, 21.15 Uhr, A 9, Siders (Schweiz): Drei Schulbusse mit über 120 Kindern sind auf der Rückfahrt aus Val d’Anniviers nach Belgien. Im dritten Bus sitzen 46 Jugendliche mit ihren vier Begleitern, tippen fröhliche E-Mails und SMS heim. „Jeder kann jetzt Skifahren“, posten sie stolz im Internet.

Zwei Fahrer wechseln sich ab – wie bei der Hinfahrt.
Doch dann passiert das Unfassbare: Aus bisher ungeklärter Ursache kommt der Reisebus im Autobahntunnel von Siders (2,5 Kilometer lang) nach einem Kilometer von der Fahrbahn ab. Er touchiert erst den rechten Randstein, prallt dann an die linke Tunnelwand und knallt schließlich frontal gegen eine Pannenbucht. Die gesamte Vorderfront des Busses wird komplett zusammengefaltet, Fenster zerbersten, das halbe Dach wird wegrasiert. Durch die Wucht des Aufpralls sind auch die Sicherheitsgurte zerrissen.

Schülerin: „Es war dunkel, alle Sitze sind weggeflogen“
Ein Mädchen (12) sitzt im Bus. Es bricht sich beide Beine, einen Arm – aber es lebt. Aus dem Spital schreibt es seinen Eltern: „Es war dunkel. Alle Sitze sind weggeflogen. Ich wurde zwischen zweien eingeklemmt.“ – „Es waren schreckliche Bilder. Wie in einem Horrorfilm. Überall war Blut. Ich sehe noch all diese Gesichter, die mich anstarrten. Ich weiß nicht, ob sie lebendig waren oder tot“, erklärt eine Augenzeugin, die wenige Minuten nach dem Unfall zur Unglücksstelle kommt.

Für 22 Kinder und die Erwachsenen kommt jede Hilfe zu spät. Sie sterben. 24 Kinder werden verletzt, drei von ihnen lagen gestern noch im Koma.

Video
Unklar noch, weshalb es zu dem Unfall kam. Mittwochabend hielt die Walliser Kantonspolizei eine Pressekonferenz ab, bei der der belgische Premierminister Elio Di Rupo anwesend war. Die Polizei gab bekannt, dass der Bus nicht zu schnell unterwegs gewesen sei. Ein Überwachungs-Video aus dem Tunnel soll die Unfallursache aufklären.

Am Lac de Géronde in Siders versammelten sich 200 Menschen zu einem spontanen Trauermarsch. Viele legten Kerzen und Blumen nieder.

Die Welt weint mit den Eltern
Immer noch sind nicht alle Opfer des schrecklichen Bus-Unglücks identifiziert. Die immense Trauer der Eltern und die Worte des belgischen Königs.

Brüssel
Sie müssen derzeit unfassbares Leid ertragen: Völlig fassungslos trafen sich gestern Hunderte Angehörige, Freunde und Klassenkameraden an der Sint-Lambertus-Schule in Heverlee und an der t’Stekske-Grundschule in Lommel. Sie legten Blumen für die 28 Todesopfer nieder, zündeten Kerzen an, hielten sich in den Armen. Viele konnten ihre Tränen nicht verbergen. Ihre Trauer war überwältigend.

Chaos pur
Besonders schrecklich: Stundenlang war nicht klar, welches Kind bei dem Horrorunfall gestorben und welches „nur“ verletzt war. Hinzu kam: Die Schüler kamen aus zwei verschiedenen Grundschulen. Lange wusste niemand, wer genau in dem Todesbus gesessen ist.

Nicht identifiziert
Erst gestern Nachmittag konnten zumindest 22 der 24 verletzten Schulkinder identifiziert werden. Einige der Todesopfer sind allerdings auch 24 Stunden nach dem Horror-Crash noch immer ohne Namen. Mehrere Leichen waren nach dem Zusammenstoß bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Belgische Spezialisten sollen nun bei der Identifizierung der Opfer mittels DNA-Analyse helfen.

Staatstrauertag
Verständlich: 116 Angehörige der Kinder flogen gestern direkt in die Schweiz, der belgische Premierminister Elio Di Rupo kündigte einen nationalen Trauertag für die Opfer an. Belgiens König Albert II. zeigte sich „zutiefst schockiert“ über das Unglück und sprach den Angehörigen sein Mitgefühl aus. Sowohl im EU- als auch im belgischen Parlament gab es gestern eine Schweigeminute für die Opfer.

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