Bei Baghlan wurde ein Panzerfahrzeug von Taliban beschossen.
Zwei Wochen nach dem tödlichen Angriff auf die deutsche Bundeswehr in Kunduz sind erneut deutsche Soldaten im Norden Afghanistans getötet worden. Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, kamen bei Gefechten mit Aufständischen nahe Baghlan am Donnerstag vier Soldaten ums Leben. Fünf weitere wurden zum Teil schwer verletzt.
Gegen 12.00 Uhr deutscher Zeit wurde sechs Kilometer nördlich der Stadt Baghlan ein gepanzertes Fahrzeug vom Typ "Eagle" vermutlich von einer Rakete getroffen, wie es in der Mitteilung an den Bundestag hieß. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die zu Besuch in den USA ist, wollte sich noch am Nachmittag (17.40 Uhr deutscher Zeit) zu dem Zwischenfall äußern.
Guttenberg "tief traurig"
Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg, der schon auf dem Rückweg von einem
Truppenbesuch nach Deutschland war, verlängerte wegen des tödlichen
Zwischenfalls seinen Aufenthalt in Afghanistan. Nach Auskunft seines
Ministeriums flog der CSU-Politiker ins Feldlager Mazar-i-Sharif, wohin die
Verletzten zur medizinischen Versorgung gebracht wurden. Er äußerte sich
"tief traurig" über die Nachricht.
Die radikal-islamischen Taliban haben sich zu dem Angriff bekannt. Taliban-Sprecher Sabiullah Mujahid sagte, bei den Gefechten seien ein Panzerfahrzeug von einer Rakete und drei weitere durch Sprengsätze zerstört worden.
Taliban setzen schwere Waffen ein
In der Provinz Baghlan, die
sich in den vergangenen Monaten zu einer Hochburg der Taliban entwickelt
hat, wurde nach Angaben der afghanischen Behörden heftig gekämpft.
Afghanische, deutsche und andere internationale Truppen lieferten sich nach
Auskunft des örtlichen Polizeisprechers Habib Rahman Gefechte mit rund 400
Taliban-Kämpfern. Sie setzen dabei schwere Waffen ein. Rahman sagte, drei
afghanische Polizisten seien ums Leben gekommen. Nach Auskunft des deutschen
Verteidigungsministeriums befanden sich die Bundeswehr-Truppen auch nach dem
tödlichen Zwischenfall weiter in dem umkämpften Einsatzraum.
Am Karfreitag waren bei Gefechten in der Nähe von Kunduz drei Soldaten ums Leben gekommen. Mit den Getöteten vom Donnerstag wären dann 43 Bundeswehr-Angehörige im Einsatz in Afghanistan ums Leben gekommen.
Linke fordern sofortigen Abzug
Guttenberg hatte erst am Vortag
angekündigt, nun schwere Waffen nach Afghanistan zu schicken. Bei dem
überraschenden Besuch in Kunduz kündigte der CSU-Politiker am Mittwoch an,
umgehend zwei Panzerhaubitzen, zusätzliche "Marder"-Schützenpanzer sowie
Panzerabwehrraketen in das Krisengebiet zu verlegen. Guttenberg wurde auf
seinem Kurzbesuch von Abgeordneten aller Fraktionen mit Ausnahme der Linken
begleitet. Auch der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker,
begleitet den Minister.
Zu Forderungen nach einem Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan erklärte Guttenberg am Mittwochabend: "Das Risiko für unsere Sicherheit wird genau dann größer, wenn wir Afghanistan zum jetzigen Zeitpunkt sich selbst überlassen würden." Die Lage in der Region sei sehr instabil, daher müsse die NATO Stabilität schaffen. An einen Abzug sei zu denken, "wenn die Ausbildungserfolge sichtbar sind, so dass auch die Afghanen einen Teil ihrer Sicherheit selbst übernehmen können".
Die Linken forderten dennoch den sofortigen Abzug der Truppe. "Ein weiterer Verbleib der Bundeswehr in Afghanistan ist absolut unverantwortlich", erklärte die Verteidigungsexpertin Inge Höger.