Der Truppenabzug am Hindukusch soll schon im Juli beginnen.
Unter zunehmendem Druck zur Beendigung der Afghanistan-Kriegs gibt US-Präsident Barack Obama am Mittwoch seine Pläne für den Beginn des Truppenabzugs im Juli bekannt. Obama werde zunächst ein Konzept zum raschen Abzug einiger tausend Soldaten vorlegen, hieß es in Kreisen der US-Regierung. Außerdem werde er eine umfassende Planung präsentieren, wie die übrigen der 30.000 Soldaten heimgeholt werden sollen, die er 2009 als Verstärkung geschickt hatte, um eine Wende im Kampf gegen die immer mächtiger werdenden Taliban zu erzwingen. Die USA stellen mit etwa 100.000 Soldaten den Löwenanteil der internationalen Truppen in Afghanistan.
An Details wird noch gefeilt
Was die konkreten Zahlen und das Tempo des Abzugs angehe, lege der Präsident noch letzte Hand an, hieß es. Er wäge dabei die Argumente der Militärführung ab gegen die Empfehlungen seiner Berater: Während das Militär aus Furcht vor einem neuerlichen Erstarken der Taliban auf einen langsamen Abzug drängt, drücken die Ratgeber im Weißen Haus aufs Tempo. Obamas Ankündigung kommt zu einem kritischen Zeitpunkt: In eineinhalb Jahren steht die Wahl an, und unter Abgeordneten beider Parteien steigt der Widerstand gegen eine Fortsetzung des teuren und unbeliebten Krieges am Hindukusch. Hinzu kommt, dass die US-Regierung unter erheblichem finanziellen Druck steht.
Möglicherweise werde Obama auch einen Zeitplan für den Abzug aller 30.000 Soldaten der 2009 entsandten Verstärkung über zwölf oder 18 Monate festlegen, hieß es in Kreisen früherer Regierungsmitglieder. Bisher hatte Obama lediglich angekündigt, dass der Truppenabzug signifikant sein werde. In US-Regierungskreisen wurde dies so interpretiert, dass 3000 bis 5000 Soldaten sofort und noch einmal so viele zum Jahresende abgezogen werden könnten. Der scheidende Verteidigungsminister Robert Gates drängt indes auf einen moderateren Abzug, um die fragilen Fortschritte gegen die Taliban nicht aufs Spiel zu setzen.
De Maiziere plädierte für "Abzug light"
Der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maiziere hatte bei einem Besuch in Washington Ende April an die US-Regierung appelliert, nicht zu viele Soldaten heimzuholen. Er bat Gates, "die psychologischen Wirkungen eines zu ehrgeizig dimensionierten Abzugs der amerikanischen Seite auf die deutsche und europäische Öffentlichkeit zu beachten". Experten befürchten, dass ein massiver Abzug von US-Truppen auch von anderen Ländern als Signal gewertet werden könnte, ihre Soldaten heimzuholen - und zwar eher ungeordnet und noch vor dem von der NATO angepeilten Ende des Kampfeinsatzes 2014.
FPÖ-Europaabgeordneter Andreas Mölzer sagte, Obamas Abzugspläne bedeuten "nicht anderes als das die USA und die NATO gescheitert sind". In einer Aussendung teilte Mölzer am Dienstag mit, es sei Kritikern von vorneherein klar gewesen, "dass mit militärischen Mitteln das Land am Hindukusch nicht zu befrieden sein wird". Es handle sich um eine Warnung auch an Österreich, "dass man sich vor fragwürdigen militärischen Interventionen und Missionen hüten sollte", weil diese "die Dinge nur verschlechtern", erwartet Mölzer nun eine Rückkehr der Taliban.