Besonderes Augenmerk gilt der Bürgermeisterwahl in Tirana.
Nach den Kommunalwahlen in Albanien vom Vortag waren die Helfer am Montag mit der Stimmenauszählung beschäftigt.
Die Hälfte ging wählen
Auf das gesamte Land hochgerechnet, lag die Beteiligung laut Zentraler Wahlkommission bei 50,9 Prozent. Mit Spannung wurde das Rennen um das Bürgermeisteramt in der Hauptstadt Tirana erwartet. Amtsinhaber Edi Rama ist zugleich Führer der sozialistischen Opposition, die in einem argen Konflikt mit der Regierung unter Premier Sali Berisha liegt.
Rama führt vor Basha
Laut dem privaten TV-Sender Top Channel und der Zeitung "Shekulli" führt Rama mit 53,9 Prozent vor seinem Herausforderer Ex-Minister Lulzim Basha von Berishas Demokraten mit 46,1 Prozent - allerdings bei einem Auszählungsgrad von nicht einmal fünf Prozent. Die Tageszeitung "Koha Jone" veröffentlichte demgegenüber eine Wählerumfrage auf ihrer Homepage, die Basha klar vor Rama sieht.
Die Wahl war vom Langzeit-Konflikt zwischen Regierung und Opposition über die Parlamentswahl 2009 überschattet, deren Ergebnis die Sozialisten nicht anerkennen. Der Konflikt war im Jänner bei einer Anti-Regierungsdemonstration in Tirana eskaliert, als Oppositionsanhänger versuchten, den Regierungssitz zu stürmen. Vier Demonstranten wurden offenbar durch Schüsse der Republikanischen Garde getötet, mehr als 100 wurden verletzt. Auch im Kommunalwahlkampf kam es zu Gewaltakten, darunter Explosionen von Sprengsätzen.
Ruhiger Wahltag
Der gestrige Wahltag verlief relativ ruhig. Nur vereinzelt wurde von Einschüchterungen von Wählern und tätlichen Angriffen auf Wahlhelfer und ein Fernsehteam berichtet. Premier Berisha erklärte, er werde das Wahlergebnis anerkennen, egal wie es ausfalle.
Die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen gelten auch als Gradmesser für die Polit-Lager, auf wessen Seite die Mehrheit der Bevölkerung im seit 2009 schwelenden Wahlstreit steht, der wichtige Reformbeschlüsse verhindert hat. Sollte Rama, der seit 2000 Bürgermeister von Tirana ist, abgewählt werden, dürften auch seine Tage an der Spitze der Sozialistischen Partei gezählt sein. Ramas Protest- und Boykottkurs ist parteiintern nicht unumstritten.
Mehr als 500 Beobachter verfolgten die Wahl an Ort und Stelle. Besonders aufmerksam wird der Wahlverlauf von der Europäischen Union beäugt. Ihre unzähligen Appelle haben zu keiner Lösung im Wahlstreit geführt. Das NATO-Mitglied Albanien hat die EU-Mitgliedschaft beantragt, die EU hat das Balkan-Land aber nicht zuletzt wegen der schweren Polit-Krise bisher für den Kandidaten-Status nicht geeignet befunden.
Sämtliche Wahlen in Albanien seit dem Ende der kommunistischen Diktatur konnten internationale Beobachter nicht restlos zufriedenstellen. Schon häufiger wollte der Verlierer die Niederlage nicht anerkennen. "Albanien darf die Gelegenheit, dass es Wahlen im Einklang mit europäischen und internationalen Standards, abhält, nicht verpassen", sagte EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle zu den Kommunalwahlen.