Anis Amri saß am Todes-Lkw - jetzt wird europaweit nach ihm gefahndet.
Fieberhaft jagen deutsche Fahnder nach dem 24-jährigen Tunesier Anis Amri. Jetzt auch mit Haftbefehl – da Fingerabdrücke am Lkw ihm zuzuordnen sind.
Er ist 178 Zentimeter groß, wiegt rund 75 Kilo, hat schwarze Haare, braune Augen. Er ist bewaffnet, gilt als brandgefährlich. Schon vor dem Berliner Attentat hat er sich mehrmals dem IS und in einschlägigen Islamisten-Chats als Selbstmordattentäter angeboten. Die Äußerungen seien aber so verklausuliert gewesen, dass sie nicht für eine Festnahme gereicht hätten. Nun aber weiß man: Amri will den Märtyrertod sterben, die Behörden können auch nicht ausschließen, dass er vor Weihnachten noch irgendwo in Deutschland zuschlagen wird.
Fest steht nämlich, dass sich der Tunesier nicht widerstandslos verhaften lassen wird. 100.000 Euro Belohnung wurden inzwischen für Hinweise auf den Aufenthaltsort des Terror-Teufels ausgesetzt. Die Fahndungs-Aufrufe wurden auch auf Arabisch europaweit veröffentlicht. Die Polizei hofft, so Informanten in der Flüchtlingsszene zu finden.
Vier Festnahmen in der deutschen Islam-Szene
Hassprediger. Mehrere Razzien in Berlin und in Dortmund am Donnerstag verliefen vorerst erfolglos. In Dortmund wurden vier Personen festgenommen, der Gesuchte war nicht unter den Festgenommenen. Anis Amri hatte beste Kontakte zur Dortmunder Salafistenszene, traf mehrmals den Hassprediger Boban S. und den Top-Islamisten Ahmad Abdelazziz A., genannt „Abu Walaa“.
Zusätzlich erschwert wird die Fahndung dadurch, dass Amri in der deutschen Islamistenszene bestens vernetzt ist und ständig sechs verschiedene Identitäten verwendete. Einmal trat er als Ägypter Ahmed Zaghloul auf, dann wieder als Ahmad Zarzour, ein Libanese, seinen wahren Namen verwendete er selten.
Auch war Amri seit Jahren den Polizeibehörden bekannt. Man wusste, wie gefährlich er ist. Verdeckte Fahnder hatten längst Beweise dafür, dass er nach Waffen und „Mittätern für Anschläge“ sucht. Trotzdem wurde er nicht verhaftet, ein Behördenskandal (siehe Kasten rechts).
Tatsache ist auch: Der Tunesier saß definitiv im Todes-Lkw, der vergangenen Montag in den Weihnachtsmarkt bei der Berliner Gedächtniskirche raste und 12 Menschen tötete, 48 verletzte. An der Fahrertüre des polnischen Sattelschleppers fanden Kriminaltechniker seine Fingerabdrücke. Unter dem Fahrersitz wurde eine Brieftasche gefunden: Darin die sogenannten „Duldungspapiere“ unter seinem Namen. Was ursprünglich als „Dummheit des Täters“ gewertet wurde, war wohl perverses Kalkül: Auch die Paris-Attentäter hatten Ausweisepapiere liegen gelassen – damit die ganze Welt weiß, wer die Attentate durchgeführt hat: „Sie wollen weltbekannte Märtyrer sein“, sagt Anti-Terror-Experte Rolf Tophoven.
Verletzt. Anis Amri dürfte sich bei der Berlin-Attacke verletzt haben. Im Führerhaus des Todes-Lkw wurden auch seine Blutspuren gefunden. Alle Spitäler Berlins wurden inzwischen alarmiert. Die Fahnder vermuten, dass sich der Killer noch in Berlin versteckt hält.
Karl Wendl