Vertrauensfrage

Ampel-Aus: Mögliche Szenarien nach Koalitionsende

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Die Ampel-Koalition ist gescheitert. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) will vorerst in einer Minderheitsregierung mit den Grünen weiterregieren.

Mitte Jänner beabsichtigt er dann, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Es sind aber auch andere Szenarien denkbar, und die deutsche Opposition verlangt Neuwahlen so schnell wie möglich. Wie es nun weitergehen könnte:

Was ist die Lage nach dem Ampel-Crash?

Das verbleibende Regierungsbündnis aus SPD und Grünen hat im deutschen Bundestag keine Mehrheit mehr. Mit der FDP fehlten 91 Abgeordnete. Zusammen kämen die SPD mit 207 Mandaten und die Grünen mit 117 noch auf 324 Stimmen. Nötig für Mehrheitsbeschlüsse wären aber 367. Eine rot-grüne Koalition wäre also eine Minderheitsregierung und könnte damit aus eigener Kraft keine Gesetze mehr durchs Parlament bringen.

Könnte Scholz abgewählt werden?

Grundsätzlich ja, praktisch kaum. Die Abwahl des Kanzlers ist über ein konstruktives Misstrauensvotum möglich: Der Bundestag müsste nach Artikel 67 Grundgesetz mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen neuen Regierungschef wählen. Dafür müsste aber etwa ein neues Bündnis aus CDU/CSU als stärkster Oppositionsfraktion und FDP rund 80 weitere Stimmen im Parlament finden. Wenn die Grünen nicht auch noch überlaufen, wäre das nur mit der AfD plus weiteren Abgeordneten entweder der Linken oder des BSW möglich - eine politisch undenkbare Konstellation.

Wann will Scholz die Vertrauensfrage stellen?

Der Kanzler will den Antrag auf die Vertrauensfrage in der ersten Bundestagswoche im neuen Jahr ab dem 13. Jänner stellen. Erst 48 Stunden später kann nach Artikel 68 Grundgesetz die Abstimmung im Parlament stattfinden - Scholz nannte deshalb den Termin 15. Jänner für das Votum.

Was sind die Folgen?

Verliert der Kanzler die Abstimmung, kann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier binnen 21 Tagen den Bundestag auflösen. Entscheidet er sich dafür, müssen gemäß Artikel 39 des Grundgesetzes innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden. Rechnerisch müssten nach dem Kanzler-Plan damit Neuwahlen spätestens am 6. April stattfinden, wenn alle Fristen ausgeschöpft würden. Scholz sprach aber von "spätestens bis Ende März".

Wie oft gab es die Vertrauensfrage bisher?

Dieser Weg wurde in der Geschichte Deutschlands fünf Mal beschritten: 1972 vom damaligen Bundeskanzler Willy Brandt (SPD), 1982 von Helmut Schmidt (SPD) und von Helmut Kohl (CDU) und 2001 und 2005 von Gerhard Schröder (SPD). Bei Kohl und in einem Fall bei Schröder war zwar das Vorgehen umstritten, weil beide eigentlich ausreichende Regierungsmehrheiten hatten. Beide Kanzler sahen aber durch Neuwahlen Chancen auf eine Stärkung ihrer Fraktionen.

Warum will Scholz erst im Jänner den Weg für Neuwahlen ebnen?

Scholz will bis Weihnachten noch Gesetzesvorlagen durch das Parlament bringen, "die keinerlei Aufschub dulden". Dazu zählen seinen Angaben zufolge der Ausgleich für die sogenannte kalte Progression, um inflationsbedingte höhere Steuerbelastungen zu vermeiden, die Stabilisierung der gesetzlichen Rente, die schnelle Umsetzung der europäischen Asylreform und "Sofortmaßnahmen für unsere Industrie". Scholz nannte als Zielpunkt die letzte Sitzung des Bundesrats am 20. Dezember.

Ist eine Minderheitsregierung ein Novum?

Nein, auch wenn Minderheitsregierungen in Deutschland bisher selten waren. Der Fall war dies 1966 unter CDU-Kanzler Ludwig Erhard sowie 1982 unter Helmut Schmidt von der SPD. Beide Minderheitsregierungen hielten aber nur wenige Wochen. Im ersten Fall wurde Erhard durch seinen Parteifreund Kurt Georg Kiesinger ersetzt, der es schaffte, eine große Koalition mit der SPD zu schmieden; im zweiten Fall endete die Minderheitsregierung von Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum, durch das Helmut Kohl von der CDU Kanzler wurde.

Sind die Erfolgschancen für eine Minderheitsregierung heute besser?

Kaum. Rot-Grün bräuchte für jede Entscheidung von Fall zu Fall Partner. Die Union hat bereits ausgeschlossen, als Mehrheitsbeschafferin in eine Regierung unter Kanzler Scholz einzutreten. Sie würde einer Minderheitsregierung allenfalls in Einzelfällen im Bundestag zu einer Mehrheit verhelfen, hält aber etwa die gemeinsame Aufstellung eines Haushalts 2025 mit SPD und Grünen für unwahrscheinlich. Die Union drängt auf Neuwahlen so bald wie möglich.

Das tut auch die AfD - und eine Unterstützung durch die Rechtsaußen-Partei wäre für Rot-Grün aus prinzipiellen Gründen ausgeschlossen. Die Linke und das von den Linken abgespaltenen Bündnis Sahra Wagenknecht haben zu wenige Abgeordnete im Bundestag, um als Mehrheitsbeschaffer in Frage zu kommen.

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