Die Schwächung des Assad-Regimes ermutigt pro-westliche Kräfte.
Durch die Unruhen, die das Regime im großen Nachbarland Syrien zu erschüttern beginnen, wächst im Libanon die Angst vor den daraus resultierenden Auswirkungen. Durch die Aufstandsbewegung gegen die Baath-Diktatur in Damaskus kommt die sensible Machtbalance im multikonfessionellen Zedernland in Gefahr. Während die Schwächung von Staatschef Bashar al-Assad den pro-westlichen libanesischen Kräften um den zum Rücktritt gezwungenen Premier Saad Hariri Auftrieb gibt, sieht sich die schiitische Hisbollah zunehmend in der Defensive.
Neue Regierung schwierig
Für Syriens Bundesgenossen, die auf Initiative der Hisbollah Hariris Einheitsregierung zu Fall gebracht haben, wird es mit jedem Tag schwieriger, eine neue Regierung auf die Beine zu stellen. In politischen Kreisen Beiruts kursieren bereits Spekulationen, dass Damaskus den neuen libanesischen Premier Najib Mikati zum Amtsverzicht veranlassen könnte, um den Weg für Hariris Rückkehr freizumachen.
"Je mehr Syrien sich auf seine internen Probleme konzentrieren muss, desto mehr wird das seine libanesischen Alliierten destabilisieren", meint der Politologe Ziad Maged von der Amerikanischen Universität Beirut. Der Libanon ist seit Jänner ohne Regierung. Hariris Allparteienkabinett war auseinandergebrochen, weil die Hisbollah mit ihren Verbündeten das in den Niederlanden etablierte UNO-Sondertribunal zur Ahndung des Mordes an Hariris Vater Rafik ablehnt. Der Ex-Premier war 2005 bei einem Bombenanschlag im Zentrum von Beirut zusammen mit 22 weiteren Personen ums Leben gekommen. Die Ermordung des sunnitischen Politikers hatte die "Zedernrevolution" in Gang gesetzt, die nach 29 Jahren zum Ende der syrischen Militärpräsenz im Libanon führte.
Bündniswechsel
Durch einen Bündniswechsel der Sozialistischen Fortschrittspartei des Drusenführers Walid Joumblatt hat Hariri die Mehrheit im Parlament verloren. Beide großen Lager im Libanon, Hariris "Kräfte des 14. März" und die von der Hisbollah angeführten "Kräfte des 8. März", vermeiden es bisher, zu den Ereignisse beim großen Nachbarn Position zu beziehen, und die Beiruter Medien versuchen generell, die blutige Revolte von Daraa (Deraa) herunterzuspielen. Der Hisbollah-Sender "Al-Manar" ignorierte sie vollständig, um im Gegenzug den Massenprotesten in Bahrain und Jordanien breitesten Raum zu bieten.
In unzähligen Facebook-Beiträgen wird dagegen den syrischen Oppositionellen und "Helden von Daraa" und ihrem Aufbegehren gegen Assads brutalen Polizei- und Geheimdienst-Staat lebhaft Beifall gezollt. Die "Volkserhebung gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit" sei ein Sieg für beide Länder, heißt es. In Beirut und anderen Städten demonstrierten am Sonntag im Libanon lebende Syrer gegen das Assad-Regime. Zu Zwischenfällen kam es nicht.