Syrien-Krieg

Assad am Ende: Damaskus kurz vor dem Fall

07.12.2024

Die syrische Armee zieht nach Angaben von Aktivisten aus Orten rund zehn Kilometer von der Hauptstadt Damaskus ab.  

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Die Regierungstruppen von Machthaber Bashar al-Assad hätten sich aus den rund zehn Kilometer südwestlich von Damaskus gelegenen Städten zurückgezogen, "die von lokalen Kämpfern eingenommen wurden", sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, am Samstag. Die Einkreisung der Hauptstadt habe begonnen

Zuvor hatten sowohl die Aktivisten als auch Vertreter der Aufständischen gemeldet, dass die regierungsfeindlichen Kämpfer inzwischen bis auf rund 20 Kilometer an die Hauptstadt Damaskus vorgerückt seien. Nach eigenen Angaben haben die islamistischen Aufständischen weitere Städte erobert und kontrollieren mittlerweile weite Teile des Südens des Landes. Dort gelangten die Städte Suweida und Daraa in die Hand der Rebellen, wie am Samstag aus deren Kreisen verlautete.

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Daraa und Suweida

Daraa hat große symbolische Bedeutung: Die Stadt war Ausgangspunkt des Aufstands gegen Präsident Bashar al-Assad, der 2011 den Bürgerkrieg in Syrien auslöste. Rebellenkreisen zufolge einigte man sich in Daraa auf einen geordneten Rückzug des Militärs. Ein Abkommen gewährt demnach Armeeangehörigen sicheren Durchzug in die etwa 100 Kilometer nördlich gelegene Hauptstadt Damaskus. Daraa ist die Hauptstadt einer Provinz mit rund einer Million Einwohnern, die an Jordanien grenzt.

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In der südsyrischen Provinz Suweida haben Drusen-Milizen Insidern zufolge die meisten Stützpunkte der Regierungstruppen unter ihre Kontrolle gebracht. Nur eine Luftwaffenbasis nördlich der Provinzhauptstadt Suweida sei noch in der Hand des syrischen Militärs, verlautet aus Kreisen der Drusen-Milizen. Im Hauptquartier der militärischen Spezialkräfte in der Stadt Suweida desertierten Soldaten in großer Zahl. Hunderte versteckten sich in Gemeindehäusern. Die Drusen sind eine der zahlreichen Bevölkerungsgruppen in Syrien, viele von ihnen leben im Gebiet um Suweida.

 

Blitzoffensive ungestoppt

Die von der seit rund einer Woche laufenden Blitzoffensive der Rebellen überraschte syrische Armee versuchte in der Nacht, mit intensiven Luftangriffen auf Stellungen der Aufständischen den Vormarsch zu stoppen. Aus Militärkreisen verlautete in der Früh zunächst, die Kämpfe hätten sich daraufhin etwas abgeschwächt. Doch binnen kürzester Zeit kamen neue Meldungen aus den Reihen der Aufständischen zur Einnahme weiterer Städte.

 

Dazu gehörte der Ort Quneitra, der nahe der Grenze zu Israel auf dem syrischen Teil der Golanhöhen im Südwesten des Landes liegt. Ein syrischer Offizier räumte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters ein, dass sich seine Soldaten zurückgezogen hätten. Das israelische Militär hatte zuvor eigenen Angaben zufolge seine Streitkräfte auf den von Israel besetzten Golanhöhen verstärkt. Das geschehe, um "die Verteidigung in dem Gebiet auszubauen und die Streitkräfte auf verschiedene Szenarien vorzubereiten". Die Golanhöhen liegen im Grenzgebiet des Libanon, Israels und Syriens.

Vor Daraa hatten Assads Soldaten bereits innerhalb einer Woche die Kontrolle über andere große Städte verloren: Aleppo im Norden, Hama in Zentralsyrien sowie die Regionalhauptstadt Deir al-Zor im Osten. Dort sollen Rebellen zudem den wichtigsten Grenzübergang zum Irak eingenommen und damit effektiv die Kontrolle über die weite Wüste im Osten des Landes übernommen haben, verlautete aus den Sicherheitskreisen. Mit dem Erreichen der Außenbezirke von Homs wackelt auch die wichtigste Stadt in Zentralsyrien und ein Verkehrsknotenpunkt, der für die Verbindung zur Hauptstadt und zur Küste entscheidend ist.

Hisbollah schickt Kämpfer

Die mit der syrischen Regierung verbündete pro-iranische Hisbollah hat nach eigenen Angaben zu deren Unterstützung 2.000 Kämpfer in eine ihrer Hochburgen im Süden Syriens entsandt. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Samstag aus Hisbollah-nahen Kreisen erfuhr, schickte die Miliz 2.000 ihrer Kämpfer in die Gegend von Qusair, um die Stadt im Falle eines Angriffs der Gegner von Machthaber Assad "zu verteidigen". Demnach war die vom Iran ausgerüstete Miliz "noch nicht an Kämpfen" gegen regierungsfeindliche Kämpfer beteiligt.

Die Bergregion Qusair und die strategisch wichtige gleichnamige Stadt im Süden Syriens liegen nahe der Grenze zum Libanon. Sie gilt als Hochburg der Hisbollah-Miliz. Die Gegend, die wie die wichtige Stadt Homs Damaskus mit der Küste verbindet, war bereits zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Frühjahr 2011 Schauplatz heftiger Gefechte zwischen Aufständischen und Regierungstruppen, die bereits damals von der Hisbollah unterstützt wurden.

Die aufständischen Gruppierungen in Syrien hatten mit Aleppo im Norden und Hama im Zentrum bereits zwei der wichtigsten syrischen Städte eingenommen. Am Samstag standen die Aufständischen vor den Toren der wichtigen zentralen Stadt Homs. Den Hisbollah-nahen Kreisen zufolge hat die Miliz 150 Militärberater entsandt, um die Regierungstruppen bei der Verteidigung von Homs zu unterstützen.

Iran dementiert Evakuierung von Diplomaten

Der Iran hat unterdessen Berichte als falsch zurückgewiesen, wonach Diplomaten bereits aus Syrien, wo islamistische Rebellen gegen die Regierungstruppen auf dem Vormarsch sind, abgezogen worden seien. Die Botschaft in Damaskus werde operativ bleiben und ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzen, sagte Außenamtssprecher Ismail Baqai laut Internetportal Iran Nuances am Samstag. Der Iran ist mit der syrischen Regierung verbündet.

Die "New York Times" hatte berichtet, dass iranische Diplomaten und Militärberater Syrien verlassen hätten. Einige seien nach Teheran geflogen, andere auf dem Landweg in den Libanon, in den Irak oder zum syrischen Hafen Latakia gebracht worden. Der Außenamtssprecher hatte letzte Woche gesagt, dass die iranischen Diplomaten und Militärs in Syrien blieben und Staatschef Bashar al-Assad bis zum Ende unterstützten.

Die Aussagen Baqais stießen in Teheran auf Skepsis. Demnach gehen Beobachter davon aus, dass eine Evakuierung der Diplomaten bereits abgeschlossen sei. Erinnert wird dabei an einen Vorfall 1998 in Mazar-i-Sharif in Afghanistan. Damals verblieben nach dem Vormarsch der Taliban die iranischen Diplomaten vor Ort. Zehn von ihnen sowie ein iranischer Reporter wurden nach einem Angriff der Taliban von den Islamisten ermordet.

Iran lässt Assad fallen

In Sozialen Medien wird spekuliert, dass der Iran den syrischen Staatschef Assad bereits aufgegeben habe. Der staatliche Nachrichtensender IRIB, das Sprachrohr des iranischen Systems, bezeichnet seit Freitagabend die islamistischen Aufständischen in Syrien nicht mehr als "Terroristen", sondern als "bewaffnete Widerstandsgruppen". Beobachter sehen darin ein erstes Anzeichen, dass der Iran den Sturz Assads bereits einkalkuliert habe und nun versuche, Kontakt zu den Aufständischen aufzunehmen.

Der iranische Außenminister Abbas Araqchi äußerte sich eher spirituell zu Assads Schicksal. "Es ist jetzt alles in Gottes Händen", so der iranische Chefdiplomat in einem Interview mit dem arabischen TV-Sender Al-Sharqiya.
 

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