Syriens Langzeit-Diktator Bashar al-Assad könnte Syrien noch am Wochenende verlassen.
In Syrien haben aufständische Islamisten nach eigenen Angaben die Stadt Quneitra nahe der Grenze zu Israel eingenommen. Das verlautete am Samstag aus Rebellenkreisen und wurde der Nachrichtenagentur Reuters von einem syrischen Offizier bestätigt. Der Offizier räumte ein, dass sich seine Soldaten zurückgezogen hätten. Quneitra liegt auf dem syrisch kontrollierten Teil der Golanhöhen im Südwesten des Landes. Zuvor hatte Israel seine Truppen auf dem besetzt Golan-Teil verstärkt.
Das geschehe, um "die Verteidigung in dem Gebiet zu verstärken und die Streitkräfte auf verschiedene Szenarien vorzubereiten", hatte es geheißen. Die Golanhöhen liegen im Grenzgebiet des Libanon, Israels und Syriens.
Weitere Städte in Rebellenhand
Die Aufständischen haben nach eigenen Angaben auch im syrischen Inland eine weitere Stadt eingenommen: Sanamayn. Der Rebellenkommandant Abdul Ghany sagte, die Kämpfer seien bis auf 20 Kilometer zum südlichen Stadtrand der Hauptstadt Damaskus vorgerückt.
Wiederum davor hatten die islamistischen Rebellen die Kontrolle über die südliche Stadt Daraa, den Ausgangspunkt des Aufstands gegen Präsident Bashar al-Assad im Jahr 2011, eingenommen. Es war die vierte große Stadt, die Assads Streitkräfte innerhalb einer Woche verloren haben. Rebellenkreisen zufolge einigte man sich auf einen geordneten Rückzug des Militärs aus Daraa.
Ein Abkommen gewährt Armeeangehörigen sicheren Durchzug in die etwa 100 Kilometer nördlich gelegene Hauptstadt Damaskus. Daraa, das vor Beginn des Bürgerkriegs vor 13 Jahren mehr als 100.000 Einwohner hatte, ist als Wiege des Aufstands von symbolischer Bedeutung. Es ist die Hauptstadt einer Provinz mit rund einer Million Einwohnern, die an Jordanien grenzt.
Teheran dementiert Abzug von Diplomaten
Der Iran wies indes Berichte als falsch zurück, wonach Diplomaten bereits aus Syrien, wo islamistische Rebellen gegen die Regierungstruppen auf dem Vormarsch sind, abgezogen worden seien. Die Botschaft in Damaskus werde operativ bleiben und ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzen, sagte Außenamtssprecher Ismail Baqai laut Internetportal Iran Nuances am Samstag. Der Iran ist mit der syrischen Regierung verbündet.
Die "New York Times" hatte berichtet, dass iranische Diplomaten und Militärberater Syrien verlassen hätten. Einige seien nach Teheran geflogen, andere auf dem Landweg in den Libanon, in den Irak oder zum syrischen Hafen Latakia gebracht worden. Der Außenamtssprecher hatte letzte Woche gesagt, dass die iranischen Diplomaten und Militärs in Syrien blieben und Staatschef Bashar al-Assad bis zum Ende unterstützten.
Die Aussagen Baqais stießen in Teheran auf Skepsis. Demnach gehen Beobachter davon aus, dass eine Evakuierung der Diplomaten bereits abgeschlossen sei. Erinnert wird dabei an einen Vorfall 1998 in Mazar-i-Sharif in Afghanistan. Damals verblieben nach dem Vormarsch der Taliban die iranischen Diplomaten vor Ort. Zehn von ihnen sowie ein iranischer Reporter wurden nach einem Angriff der Taliban von den Islamisten ermordet.
Spekulationen über weitere Unterstützung des Iran für Assad
In Sozialen Medien wird spekuliert, dass der Iran den syrischen Staatschef Assad bereits aufgegeben habe. Der staatliche Nachrichtensender IRIB, das Sprachrohr des iranischen Systems, bezeichnet seit Freitagabend die islamistischen Aufständischen in Syrien nicht mehr als "Terroristen", sondern als "bewaffnete Widerstandsgruppen". Beobachter sehen darin ein erstes Anzeichen, dass der Iran den Sturz Assads bereits einkalkuliert habe und nun versuche, Kontakt zu den Aufständischen aufzunehmen.
Irans Außenminister Abbas Araqchi äußerte sich eher spirituell zu Assads Schicksal. "Es ist jetzt alles in Gottes Händen", so der iranische Chefdiplomat in einem Interview mit dem arabischen TV-Sender Al-Sharqiya.