Syrien
Assad warnt Westen vor Eingreifen
22.08.2011
Die Rücktrittsforderungen des Westens sind "wertlos", so Assad.
Syriens Präsident Bashar al-Assad hat den Westen vor einem militärischen Eingreifen gewarnt. Jedes Vorgehen gegen sein Land hätte größere Auswirkungen, als die Angreifer schultern könnten, sagte der wegen der gewaltsamen Niederschlagung der Opposition international weitgehend isolierte Staatschef am Sonntag im Staatsfernsehen. Syrien habe größere Kapazitäten zur Abwehr als angenommen und liege zudem geopolitisch sensibel.
Nur einen Tag nach der Ankündigung von Reformen haben Mitglieder der regimefreundlichen Shabiha-Miliz in der zentralsyrischen Stadt Hama zwei Menschen erschossen. Nach Angaben syrischer Aktivisten vom Montag wurden auch Geschäfte von Regimegegnern angegriffen. Die Shabiha-Mitglieder feierten angeblich den Fernsehauftritt des Präsidenten, in dem Assad einen Rücktritt weiter entschieden ablehnte.
Angst vor dem Iran
Das Land grenzt an Israel, den Libanon, den Irak, die Türkei und Jordanien und ist zudem mit dem Iran verbündet, was Experten als einen der Gründe ausmachen, warum der Westen anders als in Libyen vor Militärschlägen zurückschreckt. Bisher hat kein Land ähnliche Militäraktionen wie in dem nordafrikanischen Land gefordert, wo die NATO mit Luftangriffen in den Bürgerkrieg eingreift. Die USA und die EU haben Assad zum Rücktritt aufgefordert und Sanktionen verschärft. Nach UN-Angaben haben seine Soldaten und Milizen während der seit fünf Monate anhaltenden Aufstände rund 2000 Zivilisten getötet.
Assad bezeichnete die Rücktrittsforderungen gegen ihn als "wertlos". "Indem wir auf eine Reaktion verzichten, sagen wir ihnen, dass ihre Äußerungen wertlos sind". Rücktrittsforderungen dürften sich "nicht an einen Präsidenten richten, der vom syrischen Volk gewählt wurde und der nicht vom Westen eingesetzt wurde, an einen Präsidenten, der nicht in den USA hergestellt wurde".
Wahlen im Februar?
Eine Parlamentswahl könnte nach den Worten Assads im Februar stattfinden, nach Reformen die auch andere als die herrschende Baath-Partei zum Votum zulassen würden. Oppositionelle hatten Reform-Ankündigungen und den Aufruf zu einem nationalen Dialog allerdings schon mehrfach zurückgewiesen. Es könne keine Diskussionen geben, solange Demonstranten getötet würden.
Assad sagte, das Ausland solle sich nicht in die inneren Angelegenheiten Syriens einmischen. Die Regierung macht Extremisten für die Unruhen verantwortlich. Assad räumte ein, diese seien kriegerischer geworden, aber unter Kontrolle.
Zu der geplanten Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Syrien sagte Assad, die "Belagerung Syriens besteht schon jetzt". Syriens Wirtschaft habe Alternativen zu Europa. "Wir haben uns nach Osten orientiert und das werden wir weiter tun", sagte er.
Neue EU-Sanktionen
Brüsseler Diplomaten zufolge will die Europäische Union am Dienstag Sanktionen gegen Syriens Ölsektor verkünden. Diese sollen erstmals auch Menschen und Firmen einschließen, die von Assads Regierung profitieren. Bisher hatte die EU nur Menschen und Firmen bestraft, welche die syrische Regierung aktiv unterstützen. Die EU will zudem ein Embargo auf Rohöl-Importe aus Syrien verhängen. Die Europäische Union ist Abnehmer von 95 Prozent des aus Syrien exportierten Öls, das macht ein Drittel der Einnahmen des Staates aus.
Am Wochenende traf nach monatelangem Widerstand der Führung in Damaskus eine Delegation der Vereinten Nationen ein. Sie soll sich nach dem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Protestbewegung ein Bild der Lage machen.
Verhandlungen
Unterdessen haben syrische Oppositionelle in Istanbul über die Bildung eines "Nationalrats" beraten. Die Diskussionen über die Schaffung eines solchen Gremiums zur Koordinierung der Proteste gegen Assad dauerten noch an, doch könne womöglich am Montag ein Ergebnis bekanntgegeben werden, sagte der Teilnehmer Obeida el Nahhas am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. Demnach solle der Rat sieben oder acht Sektionen etwa für Medien, Wirtschaft und Außenpolitik haben. In Istanbul sind seit Samstag rund 60 vorwiegend islamistische Oppositionelle aus Syrien und dem Ausland versammelt, um über das weitere Vorgehen gegen Assad zu beraten. Die Idee zur Bildung eines Nationalrats, in dem alle syrischen Oppositionsgruppen vertreten sein sollen, geht auf ein früheres Treffen im Juni zurück.
Neue "Generalkommission"
Am Freitag hatten sich in Syrien 44 Oppositionsgruppen zu einer "Generalkommission der Syrischen Revolution" zusammengeschlossen. Ziel der Kommission ist der Sturz Assads und die Errichtung eines demokratisches Staats. Am Sonntag erklärte das Bündnis offenbar mit Bezug auf die Bemühungen der in Istanbul versammelten Oppositionsgruppen zur Schaffung eines Nationalrats, die Bildung einer Vertretung des gesamten Volkes sollte aufgeschoben werden, bis die Differenzen zwischen den verschiedenen Gruppen beigelegt seien.